AV-Mythen
Die häufigsten Irrtümer und Fallen im Heimkino-Bereich
Wer vor einer Kaufentscheidung steht, bekommt meist den Rat, sich vorab gut zu informieren. Doch wenn es um TVs, AV-Receiver, Zuspieler und deren Zusammenspiel geht, ist dies schwierig: Das Thema ist komplex, einem stetigen Wandel unterworfen und mit den Jahren haben sich viele Fehlvorstellungen in der Breite festgesetzt. Höchste Zeit, einmal die größten AV-Mysterien zu ergründen.
Der Audio/Video-Bereich ist seit Jahren permanent im Fluss – wegen immer neuer Bildformate und Kompressionsverfahren, miteinander konkurrierender Systeme und Spezifikationen, die so häufig überarbeitet werden, dass Geräte schon beim Erscheinen veraltet sind. So wurde alleine die Mitte 2002 entwickelte digitale Audio/Video-Schnittstelle HDMI (High Definition Multimedia Interface) bislang zwölfmal ergänzt.
Wenn an so vielen Ecken und Enden ständig gleichzeitig geschraubt wird, führt das unweigerlich zu Missverständnissen. Wir haben für diesen Artikel eine Reihe falscher Aussagen zusammengetragen, auf die man in einschlägigen Foren immer wieder trifft oder – schlimmer – die man von einigen Händlern hört, die ihre Geschäfte ankurbeln wollen.
Irrtümer um einzelne Formate und deren Zusammenspiel führen jedoch nicht selten dazu, dass Nutzer Geräte kaufen, mit denen sie nicht das erhoffte Ergebnis erreichen – oder sich teure Ausrüstungen anschaffen, um an ein Ziel zu kommen, obwohl sie dieses auch mit ihrer vorhandenen Hardware oder einer preiswerteren Lösung erreicht hätten. Los gehts mit Mythos Nummer 1.
„Die HDMI-Version weist den Funktionsumfang eines Gerätes aus.“
Welche Funktionen mit welcher Fassung spezifiziert wurden, lässt sich zwar leicht aufzählen (siehe Tabelle „HDMI-Ausbaustufen“). Von der Version des HDMI-Ports auf den Funktionsumfang eines Gerätes schließen zu wollen, wäre aber ein großer Fehler. Tatsächlich sind fast alle Features optional. Unterstützt ein Gerät nur eine einzige Funktion einer HDMI-Version, darf der Hersteller laut federführendem HDMI-Forum angeben, dass das Gerät dieser Spezifikation entspricht.
Wie problematisch dies ist, zeigt die Ende 2017 veröffentlichte aktuelle Spezifikation 2.1. Sie brachte unter anderem die Unterstützung von 8K-Videos (mit 7680 × 4320 Pixeln), variable Bildwiederholraten (Variable Refresh Rate, VRR) für Spiele und den erweiterten HDMI-Audiorückkanal (enhanced Audio Return Channel, eARC). Über diesen lassen sich 3D-Tonformate wie Dolby Atmos vom TV zum Audio/Video-Receiver leiten.
Doch während VRR bereits bei TVs aus dem vergangenen Jahr zu finden ist, wird die 8K-Unterstützung bei vielen Geräten frühestens Ende dieses Jahres ein Thema sein. Die Integration von eARC war im Vergleich wiederum so simpel, dass der Hersteller Lattice damit bei HDMI-Chips für AV-Receiver schon vor Veröffentlichung der Spezifikation begann. Verstärker aus dem Modelljahr 2017 sind nach der Freischaltung von eARC (passierte mittels Firmware-Update) somit nun praktisch bereits HDMI-2.1-Geräte – unterstützen aber weder 8K noch VRR.
„3D-Ton gibt es nur mit erweitertem HDMI-Audiorückkanal.“
Mit dem Siegeszug der Videostreamingdienste gewinnen Streaming-Apps auf Smart-TVs immer mehr an Bedeutung – und damit auch die Frage, ob man den von einigen Diensten angebotenen 3D-Sound in Dolby Atmos vom TV an einen passenden AV-Receiver leiten kann. Viele Anwender stellen jedoch fest, dass ihr Fernseher zwar einen HDMI-Audiorückkanal (ARC) bietet, darüber aber kein Dolby Atmos kommt. Bei anderen klappt dies hingegen.
HDMI-Ausbaustufen | |||||||
Version | 1.0 | 1.1 | 1.2–1.2a | 1.3–1.3a | 1.4–1.4b | 2.0–2.0b | 2.1 |
SD-Video | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
720p / 1080i | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
1080p | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Dolby Digital | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
DTS | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
8-Kanal-PCM, 192 kHz / 24 Bit | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Consumer Electronics Control (CEC) | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
DVD-Audio | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
SACD (DSD) | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Deep Color | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
vergroßerter Farbraum | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Dolby TrueHD | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
DTS-HD Master Audio | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Auto Lip-Sync | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
Mini-Stecker (Typ C) | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ |
3D (Frame Packing) | – | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ |
4K mit 24/30 Hertz | – | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ |
Micro-Stecker (Typ D) | – | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ |
Ethernet-Kanal (100 Mbit/s) | – | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ |
Audio Return Channel (ARC) | – | – | – | – | ✓ | ✓ | ✓ |
statische HDR-Formate (HDR10/HLG) | – | – | – | – | – | ✓ | ✓ |
erweiterter CEC-Satz (CEC Extensions) | – | – | – | – | – | ✓ | ✓ |
1080p mit 120 Hertz | – | – | – | – | – | ✓ | ✓ |
4K mit 50/60 Hertz | – | – | – | – | – | ✓ | ✓ |
4K mit 120 Hertz | – | – | – | – | – | (✓) | ✓ |
8K | – | – | – | – | – | (✓) | ✓ |
dyn. HDR-Formate (wie Dolby Vision) | – | – | – | – | – | –1 | ✓ |
erweiterter Audio-Rückkanal (eARC) | – | – | – | – | – | – | ✓ |
variable Bildwiederholrate (VRR) | – | – | – | – | – | – | ✓ |
Quick Media Switching (QMS) | – | – | – | – | – | – | ✓ |
Quick Frame Transport (QFT) | – | – | – | – | – | – | ✓ |
autom. Low-Latency-Modus (ALLM) | – | – | – | – | – | – | ✓ |
Videokompression (etwa für 10K) | – | – | – | – | – | – | ✓ |
✓ unterstützt (✓) nur eingeschränkt unterstützt – nicht unterstützt 1 Workaround für Dolby Vision nutzbar |
Wie kann das sein? Tatsächlich wurde, wie in der Antwort zur ersten Frage angesprochen, die Übertragung von Dolby Atmos erst mit HDMI 2.1 über den sogenannten „erweiterten Audiorückkanal“ (eARC) spezifiziert. Im Umkehrschluss müsste eine Ausgabe von Dolby Atmos über den gewöhnlichen Audiorückkanal (ARC) nicht möglich sein.