c't 18/2020
S. 46
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

7-nm-Probleme bei Intel, gute Zahlen für AMD, Aufstand bei ARM

Intel kämpft mit Schwierigkeiten bei der 7-Nanometer-Fertigung, AMD vervierfacht seinen Gewinn, und vor einem möglichen ARM-Verkauf gibt es Turbulenzen in den chinesischen Niederlassungen.

Von Christian Hirsch

Zuerst hatte Intel kein Glück und jetzt kommt noch Pech hinzu. Zu den seit inzwischen fünf Jahre anhaltenden Problemen mit dem 10-Nanometer-Fertigungsprozess gesellen sich jetzt auch noch Verzögerungen bei der 7-Nano­meter-­Technik P1276 mit EUV-Litho­grafie. Während der Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2020 musste Intel-CEO Bob Swan eingestehen, dass der Chip-Riese zwölf Monate hinter dem ursprünglichen 7-Nanometer-Zeitplan hinterherhinkt. Ursache sei ein Fehler, der zu einer zu geringen Ausbeute führt.

Dennoch verspricht Bob Swan, durch verschiedene Maßnahmen den Zeit­verzug der ersten 7-Nanometer-Prozessoren auf sechs Monate verringern zu können. Dazu zählt unter anderem der Schwenk auf ein Chiplet-Design, bei dem die einzelnen Chips in unterschiedlicher Fer­tigungstechnik vom Band laufen können.

Wohl auch deshalb will Intel nicht mehr nur auf die hauseigenen Fabs setzen, sondern künftig auch externe Auftragsfertiger nutzen. Viele Auswahlmöglichkeiten gibt es nicht, denn außer Intel haben derzeit nur Samsung und die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) das Know-how, 7-Nano­meter- und künftig 5-Nanometer-­Chips in großen Stückzahlen zu liefern. Zu den Kunden von TSMC zählen unter anderem AMD, Apple, Qualcomm und Nvidia.

Verzögerungen bei der 7-Nanometer-­Chipfertigung kosteten Dr. Venkata „Murthy“ Renduchintala den Job bei Intel.
Bild: Intel

Intel-7-nm-Chips erst 2022

In der Praxis bedeutet dies, dass die High-­Performance-Computing-GPU „Ponte Vecchio“ für Rechenzentren aus der Xe-Produktserie erst in anderthalb Jahren zum Jahreswechsel 2021/2022 erscheinen wird. Die ersten 7-Nanometer-Prozessoren mit kolportierter Meteor-Lake-Architektur stehen frühestens für Anfang 2023 an – vermutlich handelt es sich dabei um Mobil-CPUs für Notebooks. Serverprozessoren in gleicher Strukturgröße folgen dann wenige Monate später.

Die erneuten Schwierigkeiten bei Intels Fertigungssparte haben auch personelle Konsequenzen: Der bisherige Chief Engineering Officer der Technology, Systems Architecture und Client Group (TSCG), Dr. Venkata „Murthy“ Renduchintala, musste Intel verlassen. Statt einer Neubesetzung teilt Intel die hauptsächlich für Entwicklung und Design zuständige Sparte in fünf einzelne Abteilungen auf, die direkt dem CEO Bob Swan unterstellt werden. Architektur, Software und Grafik übernimmt Raja Koduri.

Damit ist das Ungemach für Intel aber nicht ausgestanden, denn infolge der bekannt gewordenen 7-Nanometer-Probleme brach der Aktienkurs binnen eines Tages um 20 Prozent ein. Eine amerikanische Anwaltskanzlei ist deshalb bereits auf der Suche nach Intel-Aktionären, um eine Sammelklage anzustrengen: Es sei die Frage zu klären, ob Intel nicht bereits länger von den Schwierigkeiten wusste und Investoren durch falsche Versprechen getäuscht habe.

Zumindest aus finanzieller Sicht schnitt Intel in vergangenen Monate sehr gut ab, vor allem dank des hervorragend laufenden Servergeschäfts. So konnte der Hersteller im zweiten Quartal 19,7 Milliarden US-Dollar Umsatz verbuchen und den Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent auf 5,1 Milliarden US-Dollar steigern. Für den nächsten Dreimonatszeitraum erwartet Intel jedoch einen Umsatzrückgang von fünf Prozent, der sowohl die Server- als auch die PC-Sparte betrifft.

Hohe Ryzen-Nachfrage

AMD konnte der Covid-19-Pandemie ebenfalls trotzen und den Umsatz im zweiten Quartal 2020 zum Vorjahreszeitraum um 8 Prozent auf 1,9 Milliarden US-Dollar ausbauen. Besonders gut lief der Verkauf der Ryzen-Prozessoren für Desktop-PCs und Notebooks sowie der Server-CPUs Epyc. Der Gewinn wuchs von 35 Millionen auf 157 Millionen US-Dollar. Im Vergleich zum Jahresanfang sank jedoch der durchschnittliche Erlös pro CPU. Laut AMD lag das an einem gestiegenen Anteil der Mobilprozessoren, was darauf hindeutet, dass AMD den Notebook-Herstellern wohl ordentlich Rabatte einräumt, damit diese verstärkt Modelle mit Ryzen 4000U/H auf den Markt bringen.

Für die nächsten Monate erwartet der Chiphersteller einen kräftigen Umsatzzuwachs, für den unter anderem „next generation semi-custom products“ sorgen sollen. Dahinter verbergen sich die Kombiprozessoren der kommenden Spielekonsolen Xbox Series X und Playstation 5.

Die guten Aussichten freuen auch die Aktionäre. Der Kurs legte um 10 Prozent zu, was dazu führt, dass eine AMD-Aktie nun wertvoller ist als ein Intel-Anteil. Der Firmenwert von Intel ist aber immer noch mehr als doppelt so hoch.

In den chinesischen Niederlassungen von ARM will man die Abberufung des lokalen Geschäftsführers nicht hinnehmen.
Bild: ARM China

ARM dran

Beim Prozessordesigner ARM rumort es kräftig. So mehren sich Gerüchte, dass sowohl Nvidia als auch ein Konsortium um Samsung mit dem bisherigen Eigentümer, dem japanischen Telekommunikationskonzern Softbank, über eine Übernahme spricht. Da viele ARM-Lizenznehmer wie Qualcomm, AMD und Intel direkte Konkurrenten von Nvidia und Samsung sind, dürften diese wie auch die Kartellbehörden bei einem möglichen Verkauf ein Wörtchen mitreden wollen.

Zudem müsste vor dem Verkauf noch ein weiterer Stein aus dem Weg geräumt werden: Der Chef des chinesischen Joint Venture ARM China weigert sich, seinen Posten zu verlassen, nachdem ihn das britische ARM-Headquarter am 4. Juni entlassen hatte. Grund für die Kündigung sind laut ARM Vorwürfe, dass Allen Wu Interessenskonflikte verschwiegen hat.

Inzwischen ist der Streit so weit eskaliert, dass Wu laut Medienberichten sogar eigene Sicherheitskräfte angeheuert habe, die Vertretern von ARM den Zutritt zu den chinesischen Niederlassungen verwehren. 2018 hatte Softbank 51 Prozent der Anteile von ARM China an ein Konsortium mehrerer asiatischer Investoren verkauft, weshalb sich die chinesische Dependance nicht an die Anweisungen der Konzernmutter gebunden fühlt. (chh@ct.de)

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