c't 6/2020
S. 40
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Coronavirus, AMD-Geschäfte, OpenPower und Ice Lake

Wegen des Coronavirus meiden ­Aussteller Messen, aber es drohen auch Umsatzeinbußen. AMD verkauft zwar viele Prozessoren, kassiert aber erst später – und Intels übernächste Xeons blitzen in Benchmarks auf.

Von Christof Windeck

Um der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus Covid-19 aus dem Weg zu gehen, wurde die Mobilfunkmesse MWC in Barcelona komplett abgesagt. Gesundheitsbehörden halten das Infektionsrisiko auf deutschen Messen jedoch für gering. Die Fachmesse Embedded World in Nürnberg sollte beim Redak­tionsschluss noch stattfinden, aber mehr als 50 Aussteller verzichteten auf ihre Teilnahme, darunter auch AMD, ARM und Intel. Wenn die Messehallen nicht so voll sind, sinkt aber auch die Gefahr.

Covid-19 bedroht allmählich die Kassen der Hardware-Hersteller. Prominentestes Beispiel ist die Firma Apple, die ihre Umsatzprognose zurückzog (siehe Seite 53) Auch hierzulande sorgen sich Hardware-Hersteller darum, ob sie weiterhin genügend Bauteile aus China bekommen. Andererseits dürfte auch die Nachfrage in China selbst sinken. Vielleicht mildert das dann Intels bisher unlösbare CPU-Lieferschwierigkeiten.

Ein Mitarbeiter der Webseite wccftech.com hat sich die eigentlich guten AMD-Ergebnisse für das vierte Quartal 2019 genauer angeschaut und ist auf einen interessanten Punkt gestoßen: AMD meldete dabei ausstehende Forderungen (Accounts Receivable) von mehr als 1,8 Milliarden US-Dollar – bei einem Umsatz von „nur“ 2,1 Milliarden. Zum Vergleich: Bei Intel sind es 7,7 von 20 Milliarden. Das deutet darauf hin, dass AMD seinen Kunden großzügige Zahlungsziele einräumt. Vielleicht hängen die hohen Außenstände auch mit Vorauslieferungen an Notebookhersteller zusammen, die derzeit viele Geräte mit Ryzen 4000U und 4000H bestücken. Erste Vorab-Benchmarks lassen hier gute Performance erwarten, aber auch mit den bisherigen Ryzen-3000-­Mobilprozessoren sind immer mehr ­attraktive Notebooks lieferbar. Jetzt muss AMD hoffen, dass das Coronavirus die Laptop-Nachfrage nicht allzu sehr dämpft.

OpenPower als Open Source

Schon länger versucht IBM, die Verbreitung der hauseigenen Power-Prozessoren zu fördern: Die OpenPower Foundation hat fast sieben Jahre auf dem Buckel. Doch nach anfänglichem Enthusiasmus etwa bei Google wurde es relativ still darum, die Supercomputer Summit und Sierra sorgten als Top500-Spitzenreiter Mitte 2018 bloß für ein Zwischenhoch. Nun formuliert die OpenPower Foundation die Lizenzbedingungen klarer – es wäre ja spannend, wenn endlich auch mal ein starker Open­Power-Chip erschiene, der nicht von IBM selbst kommt wie der immer noch aktuelle Power9. Der Power10 wird erst 2021 erwartet, IBM lässt ihn bei Samsung mit 7-Nanometer-Strukturen produzieren. Die Open-Source-Szene hatte OpenPower wohlwollend begrüßt, auch weil die Server mit offener Firmware arbeiten. Mittlerweile ist die Begeisterung für RISC-V noch viel größer, obwohl die bisher lieferbaren Chips in viel niedrigeren Leistungsbereichen liegen. Und während Cloud-Giganten Intel immer stärker zu offener Firmware drängen – was sich etwa an mehreren Vorträgen auf dem kommenden Open Compute Summit zeigt –, bekommt nun auch der Raspberry Pi eine optionale UEFI-Firmware (siehe Seite 45) selbstverständlich als Open-Source-Version.

In der Benchmark-Datenbank der PC-Diagnosesoftware SiSoft Sandra tauchten erste Messungen von Intels für Ende 2020 versprochenen Ice-Lake-SP-Xeons aus der 10-Nanometer-Fertigung auf. Jeder CPU-Kern hat demnach je 1,25 MByte eigenen L2-Cache und bringt einen L3-Cache-Anteil von 3 MByte mit – deutlich mehr als 14-Nanometer-Xeons. Glaubt man den SiSoft-Benchmarks, liefert Ice Lake-SP ­wesentlich höhere Rechenleistung pro Taktschritt; fragt sich bloß, wie hoch die Taktfrequenz dann letztlich liegen wird und wie viele Kerne in den Chips stecken ­werden. Es sind auch Hinweise auf ein ­passendes Mainboard mit zwei LGA4189-­Fassungen und PCI Express 4.0 aufge­taucht, ansonsten ähnelt dieses Supermicro X12DPi-N seinem Vorgänger X11DPi-N.

Nvidia verkauft nicht mehr bloß Grafikkarten und Rechenbeschleuniger, sondern komplette Server-Infrastrukturen wie den RTX Server for Cloud Gaming
Bild: Nvidia

Während Intel noch immer keine PCIe-4.0-Plattformen liefern kann, steht man für 2021 mit PCIe 5.0 im Wort: Dann soll der nach dem Xeon-Phi-Ende bereits einmal komplett neu konzipierte, 200 Millionen US-Dollar teure Exaflops-Super­rechner Aurora am Argonne National Laboratory bei Chicago laufen. Kürzlich tauchten Präsentationen auf, laut denen Intels dafür vorgesehene Xe-Beschleuniger „Ponte ­Vecchio“ bis zu 500 Watt verheizen, die sich allerdings auf mehrere Chips verteilen.

Einen exotischen Intel-Prozessor namens CC150 setzt Nvidia in den Servern für den Game-Streaming-Dienst GeForce Now ein. Dahinter verbirgt sich wohl ein von Intel modifizierter Core i9-9900K ohne Turbo, der bis zu 3,5 GHz schafft. Im RTX Server for Cloud Gaming packt Nvidia 20 einzelne Serverknoten zusammen in einen Rack-­Einschub mit 8 Höheneinheiten. Jeder ­Server hat einen CC150-Prozessor und zwei Grafikchips, die sich bis zu vier Spieler teilen – aber bei GeForce Now teilt Nvidia die ­Ressourcen je nach Spiel dynamisch zu.

Zu guter Letzt gilt jetzt auch für die Fritzbox: „Intel inside“ – siehe Seite 79. (ciw@ct.de)

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