c't 16/2021
S. 14
Titel
Windows 11
Bild: Andreas Martini

Kurz vor elf

Was Microsofts neues Betriebssystem Windows 11 schon alles kann

Microsoft hat sein neues Betriebssystem vorgestellt, und ein Blick auf die erste öffentliche Vorabversion zeigt: Es steckt deutlich mehr Neues drin als ein neues Startmenü und ein überarbeiteter Store.

Von Jan Schüßler

Dass Microsoft zuletzt eine Windows-Version mit einem neuen Look & Feel veröffentlicht hat, ist inzwischen rund sechs Jahre her. Damals war es Windows 10, das gekommen sein sollte, um zu bleiben – was es letztlich auch tat, denn immerhin gab es seitdem bislang zwölf verschiedene Versionen von 1507 bis zur aktuellen 21H1. Doch offenbar sah Microsoft die Zeit für größere Renovierung des Systems gekommen und präsentierte am 24. Juni Windows 11 [1].

Da ist zunächst die gründlich überarbeitete Oberfläche, der sich dieser Artikel widmet: Windows 11 zeigt ein weicheres Aussehen als sein Vorgänger; Kanten, Schaltflächen und Checkboxen haben keine harten Ecken mehr, sondern sind konsequent abgerundet wie bei den Luna- und Aero-Oberflächen von Windows XP, Vista und 7. Speziell im hellen Farbmodus für Windows und Apps stellt sich ein angenehm milchglasartiger Eindruck ein.

Viel Beachtung fanden rasch nach Microsofts großer Ankündigung die neuen Systemvoraussetzungen. Denn die haben es in sich, vor allem für OEMs, also PC-Hersteller, die ihre Systeme mit werksseitig vorinstalliertem Windows 11 verkaufen wollen, offenbar aber auch für Privat- und Geschäftskunden. Welche Richtung Microsoft einschlägt und was in Sachen Updates, Upgrades und Supportdauer zu erwarten steht, lesen Sie ab Seite 20.

Im Beitrag auf Seite 24 gehts außerdem um Dinge, die sich aus Entwicklersicht ändern. Das ist vor allem der Store, der nicht nur eine überarbeitete Oberfläche bekommt, sondern auch deutlich gelockerte Entwicklerrichtlinien sowie Android-Apps aus Amazons App Store – um die auf Windows laufen zu lassen, hat Microsoft extra ein „Windows Subsystem für Android“ entwickelt. Doch auch an der Kommandozeile ändert sich ein bisschen was, denn das neue Windows Terminal steckt serienmäßig in Windows 11. Ab Seite 28 lesen Sie Tipps, wie Sie Windows 11 ausprobieren können – auf echter Hardware oder in einer virtuellen Maschine. Der Artikel ab Seite 32 zeigt, wie Windows 11 auch auf einem Raspberry Pi läuft.

Allgemeinbefinden

Für diesen und die folgenden Artikel haben wir uns die Windows-11-Vorabversion mit der Build-Nummer 22000.51 angeschaut. Sie steht für Teilnehmer von Microsofts Betatest-Community „Windows Insider“ im sogenannten „Dev Channel“ zur Verfügung – offizielle ISO-Installationsabbilder gab es bis Redaktionsschluss noch nicht.

Der Funktionsumfang dieser Ausgabe umfasst noch nicht alles, was das fertige Windows 11 können soll. Vor allem beim Store (siehe S. 24) ist bislang nur die neue Oberfläche zu sehen, und auch von den Android-Apps gibts noch keine Spur. Ebenso ist die von Microsoft herausgestellte Integration von Teams in die Taskleiste noch nicht enthalten. Build 22000.51 ist außerdem noch nicht ganz eingedeutscht; vor allem die umgestalteten Funktionen sprechen bislang noch Englisch.

Unabhängig von neuen oder veränderten Funktionen fiel uns im Betrieb dieser Betaversion auf, dass sie an einigen Ecken noch zäh und etwas instabil läuft. Auf einem Test-Notebook erscheinen Menüs oft mit einem Flackern, in einer virtuellen Maschine mit 6 GByte RAM und drei Ryzen-1800X-Kernen dauern triviale Aktionen wie die Auswahl eines Menüs in den Einstellungen oder das Umschalten des App-Farbmodus locker fünf bis zehn Sekunden. Ein großes Problem muss das nicht sein: Auch frühe Testversionen von Windows 10 liefen nicht nur zäh, sondern mitunter arg instabil.

Abgesehen von solchen Macken wirkt die Oberfläche dieser allerersten offiziellen Windows-11-Beta aber erstaunlich komplett. Das kommt nicht von ungefähr, denn einiges davon lag bei Microsoft schon seit mindestens anderthalb Jahren in der Schublade. Das nie veröffentlichte Windows 10X für Klappgeräte mit zwei Bildschirmen zeigte schon Ende 2019 etliche Bedienelemente so, wie man sie nun in Windows 11 vorfindet [2].

Zudem muss klar sein, dass sich die gezeigten Funktionen durchaus noch ändern können. Sollte sich ein neues Feature als zu unpraktisch oder instabil erweisen, könnte es bis zum Release von Windows 11 wieder hinausfliegen. Immerhin: Bislang ist uns keine Funktion aufgefallen, die derart schlecht läuft, dass ein paar Monate nicht ausreichen sollten, um sie zu reparieren. Noch nicht testen lässt sich das Thema Datenschutz: Insider-Vorabversionen verschicken stets ausgiebig Telemetriedaten an Microsoft. Ob und wie sich das fertige Windows 11 vom Vorgänger unterscheiden wird, bleibt daher vorläufig offen – nennenswerte Unterschiede erwarten wir nicht.

Startmenü

Na klar, das neue Startmenü – es ist auf den ersten Blick die auffälligste Änderung an Windows 11. Es schwebt mittig über der Taskleiste und kennt keine App-Kacheln mehr. Die Darstellung ist zweigeteilt: Im oberen Bereich heften Programm-Icons an; darunter befindet sich „Empfohlenes“, was in erster Linie zuletzt verwendete Dateien sind.

Im Startmenü von Windows 11 lassen sich werksseitig angeheftete App-Icons per Rechtsklick übers Kontextmenü entfernen.

Klickt man auf „Alle Apps“, öffnet sich eine alphabetische Liste, die der von Windows 10 bekannten Auflistung sehr ähnlich ist. Angepinnte Icons lassen sich per Drag & Drop sehr einfach umsortieren oder per Rechtsklick „Von Start lösen“; zusätzliche kann man per Rechtsklick auf einen Namen in der App-Liste und „An Start anheften“ dort befestigen. Was im Unterschied zu Windows 10 nicht mehr geht: angeheftete App-Icons in Gruppen oder in Ordnern zu sortieren.

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