c't 17/2021
S. 52
Aktuell

Wissen(schaft) nicht nur für Journalisten

www.sciencemediacenter.de

In der Coronapandemie hat die mediale Aufmerksamkeit für wissenschaftliche Themen stark zugenommen. Forscher wie der Virologe Prof. Christian Drosten kritisieren, dass Journalisten zugunsten von schnellen Schlagzeilen Themen nicht durchdringen und mitunter grob verzerrt berichten. Wirklich neu ist dieses Phänomen nicht. Bereits seit 2015 versucht das Science Media Center (SMC), mit schneller Expertise gegenzuhalten.

In der teils stiftungsfinanzierten, gemeinnützigen GmbH sind fast 1000 Wissenschaftler aktiv. Das SMC will nach eigener Aussage „als Intermediär zwischen Wissenschaft und Journalismus, zwischen Forschenden und Medienschaffenden“ fungieren. Und das geht so: Ein Ereignis, eine Studie oder einfach nur Politikeraussagen führen dazu, dass ein bestimmtes wissenschaftliches Thema plötzlich in die Schlagzeilen gerät. Die SMC-Redaktion recherchiert dazu und bittet akkreditierte Experten um Einschätzung und Erklärungen, die dann veröffentlicht werden.

Gerade in der Pandemie stützte das SMC Journalisten mit schnellen, profunden und vor allem zitierfähigen Statements. Da geht es mal um eine Einordnung der Delta-Variante des Coronavirus, dann wieder darum, die Änderungen von Empfehlungen der Ständigen Impfkommission zu erläutern. Nicht nur den Medien helfen die vielen Artikel, sondern jedem, der ein wenig hilflos vor der Nachrichtenflut steht und nicht mehr recht weiß, was er glauben soll. Ein wichtiger Baustein gegen die Desinformationsflut, auch in den traditionellen Medien. (hob@ct.de)

Google-Friedhof

https://killedbygoogle.com

Wenn Google einen Kurznachrichtendienst wie Twitter startet: Würden Sie ihn nutzen? Tja, Chance verpasst, den gabs nämlich tatsächlich unter dem Namen „Jaiku“ – mangels Erfolg 2012 eingestellt. Und falls Google Slack klont und auf den Desktop bringt? Auch das gabs bereits: „Pie“ wurde 2016 nach drei erfolglosen Lebensjahren von Google beerdigt.

Unter Killed by Google listet der Entwickler Cody Ogden all die gescheiterten Experimente auf, die Google seit 2003 gestartet hat – inklusive Grabsteinen und Kurzbeschreibungen. Bis Juni 2021 sind 203 Projekte zusammengekommen. Diese geballte Sammlung zeigt, wie viel Google probiert und wie wenige Dienste es tatsächlich schaffen, sich dauerhaft zu etablieren. Frappierend: Nahezu alle Versuche scheiterten, abseits vom zugekauften YouTube selbst ein soziales Medium ins Leben zu rufen.

Für Google ist die amüsante Sammlung wenig schmeichelhaft, zeigt sie doch, dass man immer wieder Early Adapters vor den Kopf stößt, wenn ein Dienst nicht rentabel ist. Im April 2020 hat Google Ogden dessen Aussage zufolge sogar angeboten, ihn einzustellen, wenn er dafür die Site aufgibt. Er habe dankend abgelehnt. (hob@ct.de)

Politikeranalyse in Echtzeit

https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/social-media-dashboard-bundestagswahl-2021/

Die Berliner Zeitung Tagesspiegel verwandelt zusammen mit der NGO Democracy Reporting International Daten zur Bundestagswahl 2021 in spannende, aufschlussreiche Grafiken: Das Social Media Dashboard zeigt nahezu in Echtzeit Aktivitäten der Politiker und Parteien in den sozialen Medien.

Zum Start am 12. Juli haben sich die Macher zunächst auf die Spitzenkandidaten fokussiert. So erfährt man beispielsweise, dass FDP-Chef Christian Lindner die mit Abstand größte Gefolgschaft auf Twitter hat, SPD-Kandidat Olaf Scholz aber in den letzten Wochen wesentlich aktiver war. Das Dashboard zeigt, welche Postings besonders viel geteilt wurden, und sogar, welche Emojis die Politiker am meisten nutzen.

Nach Angaben des Tagesspiegels werden die Daten zu Postings auf Instagram und Facebook über ein API von Facebooks Crowdtangle abgerufen. Zur Twitter-Analyse nutzt man das Twitter-API, und auch YouTube bietet ein API, das Echtzeit-Daten zu geposteten Videos bereitstellt. Gefördert wird das Projekt von der Stiftung Mercator. Das Dashboard soll in den Wochen vor dem 26. September immer mal wieder um weitere Themensegmente ergänzt werden. (hob@ct.de)

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