c't 18/2021
S. 172
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Recht

Doppelte Staatsverantwortung

Polizei muss bei Quellen-TKÜ auf IT-Sicherheit achten

Viele Polizeibehörden können sogenannte Staatstrojaner einsetzen, um die Telekommunikation Verdächtiger unverschlüsselt abzugreifen. Über eine solche Regelung im baden-württembergischen Polizeigesetz hat im Juni das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine bemerkenswerte Entscheidung gefällt.

Von Harald Büring

Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) gehört zu den besonders heiß umstrittenen Befugnissen deutscher Sicherheitsbehörden. Es geht darum, verschlüsselte Sprach- oder Chat-Kommunikation Verdächtiger in Klartext am Endgerät abzugreifen. Zu diesem Zweck wird Infiltrationssoftware („Staatstrojaner“) heimlich auf Computer und Smartphones von Verdächtigen eingeschleust. Solche Maßnahmen dürfen weder serienweise noch verdachtsunabhängig erfolgen. Sie unterliegen in jedem Einzelfall einem Genehmigungsvorbehalt – die Polizei und das Zollkriminalamt brauchen richterliche Genehmigungen beziehungsweise Anordnungen, Geheimdienste müssen Erlaubnisse der G10-Kommission einholen [1].

Quellen-TKÜ darf sich nur auf laufende Kommunikation beziehen. Die sogenannte Plus-Variante der Geheimdienste bezieht gespeicherte Kommunikation mit ein, sofern diese sich auch in Echtzeit hätte abhören oder mitschneiden lassen. Ein Zugriff auf beliebige gespeicherte Inhalte, also eine sogenannte Online-Durchsuchung, ist davon nicht abgedeckt. Zu dieser sind wiederum nur bestimmte Polizeibehörden in besonders begründeten Fällen aufgrund richterlicher Anordnung befugt – Geheimdienste nicht. In jedem Fall bedeutet Quellen-TKÜ einen tiefen Eingriff in Persönlichkeitsrechte Betroffener.

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