c't 18/2021
S. 76
Test & Beratung
PC-Barebone

Ryzen-Flunder

Kompakter PC-Barebone Shuttle XPC slim DA320

Der Mini-PC nimmt Athlon- und Ryzen-Prozessoren auf und eignet sich für Multimonitorsysteme, Server und Steuerrechner. Unter Last lässt sich oft aber nur ein Teil der CPU-Leistung abrufen.

Von Christian Hirsch

Das robuste Metallgehäuse und die zwei seriellen Schnittstellen zeigen, dass das Metier des Shuttle XPC slim DA320 im Industrieeinsatz und bei Digital-Signage-Anwendungen liegt. Der kompakte PC-Barebone taugt aufgrund seiner drei 4K-tauglichen Display-Ausgänge und integriertem Kartenleser aber auch als Minirechner für den Schreibtisch. Im Unterschied zu den übrigen Geräten der Serie XPC slim, die Intel-CPUs verwenden, bietet Shuttle mit dem DA320 seit langem wieder ein System für AMD-Prozessoren an.

​Im Lieferumfang befinden sich der PC-Barebone, ein externes 120-Watt-Netzteil und eine VESA-Halterung, um den Rechner beispielsweise an einer Wand oder an der Rückseite eines Monitors zu montieren. Fürs komplette System fehlen dem DA320 noch eine AM4-CPU mit integrierter GPU, Arbeitsspeicher in Form zweier SO-DIMMs, eine SSD sowie das Betriebssystem. Zwei SSDs finden in einem 2,5-Zoll-Schacht und in einen M.2-Slot Unterschlupf, der sowohl SATA- als auch PCIe-Modelle aufnimmt. Einen Prozessorkühler mit zwei 6-cm-Lüftern und Wärmeleitpaste liefert der Hersteller mit.

Weil Shuttle im DA320 den betagten A320-Chipsatz verwendet, ist die Prozessorauswahl arg eingeschränkt. Von den möglichen AMD-Prozessorserien mit integrierter Grafik laufen deshalb nur die Athlon, Ryzen 2000G und 3000G mit veralteter Zen(+)-Architektur. Moderne Kombiprozessoren mit Zen-2- und Zen-3-Technik der Serien Ryzen 4000G und 5000G unterstützt der A320 nicht. Wir haben den Test deshalb mit 16 GByte DDR4-RAM, einer M.2-SSD sowie dem Quad-Core Ryzen 5 3400G unter Windows 10 durchgeführt. Mit einem probehalber eingebauten Ryzen 5 Pro 4650G bootete der Barebone nicht.

Der Shuttle XPC slim DA320 bietet Platz für ein WLAN-Kärtchen.

​​Ausgebremster Prozessor

Nach dem Einschalten benötigt der DA320 lediglich 14 Sekunden bis zum Windows-Desktop. An den zwei DisplayPort 1.4 und dem HDMI-2.0-Ausgang liefen drei 4K-Displays anstandslos mit 60 Hertz Wiederholrate gleichzeitig. Das kann kein anderer Mini-Barebone für AM4-Prozessoren.

​Bei ruhendem Desktop schluckt der DA320 16 Watt, was vergleichsweise viel und vermutlich dem Chipsatz geschuldet ist. Der Barebone Asrock DeskMini X300 ohne Chipsatz kommt mit der Hälfte der Energie aus [1]. Akustisch fällt der DA320 bei üblichen Büro-Anwendungen hingegen nicht auf (0,2 sone). Das ändert sich jedoch bei längerer Volllast auf allen vier Kernen des Ryzen 5 3400G, bei der die Lautstärke auf 2,7 sone klettert.

​Zudem fängt die CPU dabei nach kurzer Zeit an, heftig zu drosseln und rechnet im Rendering-Benchmark Cinebench R23 rund 20 Prozent langsamer als erwartet. Ursache ist das von Shuttle herabgesetzte Temperaturlimit für den Prozessor. Statt 95 °C, wie AMD es vorsieht, dürfen Ryzen-Prozessoren im DA320 nur 75 °C heiß werden, bevor sie anfangen zu drosseln. Der Hersteller erklärte auf Nachfrage, dies diene dazu, dass das System auch bei hohen Umgebungstemperaturen von bis zu 50 Grad Celsius stabil laufe. Aus unserer Sicht wäre ein Herabsetzen der konfigurierbaren Thermal Design Power (cTDP) wesentlich eleganter. Zudem besteht im BIOS-Setup keine Möglichkeit, das Limit zu erhöhen.

​Der DA320 besitzt acht USB-Buchsen, sechs davon arbeiten mit USB-3.0-Tempo (5 GBit/s). Die rückwärtigen Buchsen sind dabei etwas schneller als die an der Front. Letztere erreichen beim Schreiben auf eine externe SSD statt der erwarteten 450 MByte/s lediglich 380 MByte/s. Die beiden Gigabit-Ethernet-Buchsen liefern volle Geschwindigkeit. Erfreulich schnell ist der verwendete Kartenleser: Statt der bei Mini-PCs oft verwendeten langsamen USB-2.0-Anbindung hängt er per PCI Express am Chipsatz und liefert 88 MByte/s.

​Fazit

​Der Shuttle XPC slim DA320 ist wegen seiner kompakten Abmessungen und der vielfältigen Anschlüsse für diverse Anwendungen interessant. Der Preis von 220 Euro ist der gebotenen Ausstattung angemessen.

​Durch das niedrige Drossellimit büßt man aber CPU-Leistung ein und der alte A320-Chipsatz verhindert den Einsatz attraktiverer, neuer Ryzen-Prozessoren. Hier würden wir uns ein Modell mit dem A520-Nachfolger wünschen.

​Wer auf einige Funktionen wie den zweiten Netzwerkanschluss, den dritten Display-Ausgang und den Kartenleser verzichten kann, bekommt alternativ mit dem Asrock DeskMini X300 für 135 Euro einen kompakten Mini-Barebone, der auch für aktuelle Ryzen 4000G und 5000G taugt. (chh@ct.de)

Shuttle XPC slim DA320
kompakter PC-Barebone
Hersteller, URL Shuttle, shuttle.eu
Hardware-Ausstattung
CPU-Fassung / Lüfter (Regelung) AM4 / 2 × 6 cm (✓)
RAM (Typ / maximal) 2 × SO-DIMM (DDR4 / 32 GByte)
Grafik (-speicher) im Prozessor integriert (vom Hauptspeicher)
Mainboard (Format) / Chipsatz Shuttle DA320 (proprietär) / A320
Erweiterungs-Slots (Schnittstellen) 1 × M.2-2280 (SATA, PCIe 3.0 x4) , 1 × M.2-2230 (PCIe 3.0 x2, USB)
Kartenleser SD, SDHC, SDXC
Einbauschächte (frei) 1 × 2,5" (1)
Sound-Chip Realtek ALC662
LAN (Chip, Anbindung) / TPM 2 × 1 GBit/s (Realtek RTL8111H, PCIe) / fTPM 2.0
Abmessungen (B × H × T) / Kensington-Lock 16,5 cm × 4,4 cm × 19,5 cm / ✓
Netzteil (Leistung) AcBel ADC027, extern (120 Watt)
Anschlüsse hinten 1 × HDMI 2.0, 2 × DisplayPort 1.4, 2 × USB-A (5 GBit/s), 2 × USB 2.0 (480 MBit/s) , 2 × LAN, 2 × RS-232, Pfostenstecker für Reset & Power
Anschlüsse vorn 4 × USB-A (5 GBit/s), 2 × analog Audio
Reset-Taster / 230-V-Hauptschalter n. v. / n. v.
Lieferumfang​
Tastatur / Maus n. v. / n. v.
Treiber-DVD / Handbuch ✓ / Kurzanleitung
Zubehör VESA-Halterung, Wärmeleitpaste
Elektrische Leistungsaufnahme, Datentransfermessungen und Geräuschentwicklung1
Soft-off / Energie Sparen / Leistungsaufnahme 0,3 W / 0,8 W / 16,1 W
Volllast: CPU (Peak) / CPU und Grafik (Peak) 64 W (90 W)2 / 86 W (118 W)2
USB-A (5 GBit/s) hinten / vorne: Lesen (Schreiben) 456 (466) / 430 (382) MByte/s
LAN 1/2: Empfangen (Senden) 119 (119) / 119 (119) MByte/s
SDXC-Card: Lesen (Schreiben) 89,0 (88,0) MByte/s
Geräuschentwicklung: Leerlauf / Volllast (Note) 0,2 sone (plusplus) / 2,7 sone (minusminus)
CPU- / GPU-Last (Note) 2,3 sone (minusminus) / 2,1 sone (minusminus)
Funktionstests
Secure-Boot ab- / CSM einschaltbar ✓ / –
Wake on LAN: Standby / Soft-Off ✓ / ✓
USB: 5 V in Soft-Off / Wecken per USB-Tastatur aus: Standby (Soft-Off) ✓ / ✓ (–)
Bootdauer bis Login 14 s
Parallelbetrieb (digitale Monitore) DisplayPort + DisplayPort + HDMI
4K: HDMI / DisplayPort 60 Hz / 60 Hz
analog Mehrkanalton (Art) / 2. Audiostrom nur Stereo / n. v.
Systemleistung​1
Cinebench R23: 1T / MT 1024 / 40332
3DMark: Fire Strike 3263
Sysmark 25: Gesamtwertung / Productivity / Creativity / Repsonsivness 844 / 875 / 850 / 743
Bewertung
Systemleistung: Office / Rendering / Spiele plusplus / minusminus / minus
Audio: Wiedergabe / Aufnahme plusplus / minus
Geräuschentwicklung / Systemaufbau plus / neutral
Preis / Garantie 220 € / 24 Monate
✓ funktioniert – funktioniert nicht n. v. nicht vorhanden plusplus sehr gut plus gut neutral zufriedenstellend minus schlecht minusminus sehr schlecht​
1 getestet mit Ryzen 5 3400G, 16 GByte DDR4-2933, 1-TByte-NVMe-SSD​, Windows 10
2 CPU drosselt wegen Temperaturlimit​

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