c't 2/2021
S. 180
Story
Smart Death
Bild: Rudolf A. Blaha

Smart Death

Die bequeme Kontrolle von Lebenserwartung und Sterbewahrscheinlichkeit ist zum Greifen nahe: KI-gestützt, mobil und so sicher, wie ein gigantisches Technikprojekt es nur sein kann.

Von Arne Kilian

Erschüttert starrte ich auf das Display meiner Smartwatch. Tippte auf das Glas. Schloss die Anwendung. Öffnete sie erneut. Die Anzeige blieb die gleiche wie zuvor: „Tod. Wahrscheinlichkeit: achtundneunzig Prozent. Empfehlung: Lüftungssteuerung neu starten.“

Gnadenlos. Die restlichen zwei Prozent waren nichts. Die App war aus rechtlichen Gründen so eingestellt, dass sie Wahrscheinlichkeiten niemals mit vollen einhundert Prozent bewertete. Sie zeigte den juristisch maximal möglichen Wert an. Ich wählte die Detaildarstellung aus und schaute mir die Prognose genauer an. Es gab zwei Kurven – eine grüne für die Lebenserwartung und eine rote für die Wahrscheinlichkeit zu sterben. Sie durften sich unter keinen Umständen kreuzen. Das Prinzip von „Smart Life“ war simpel. Kamen die Todeslinie und die Lebenslinie einander zu nahe, wurde der Alarm ausgelöst. Außerdem erhielt man einen Tipp, sein Verhalten zu ändern. Wer ihn befolgte, ging dem Sensenmann aus dem Weg. 

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