c't 20/2021
S. 34
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Leid und Freud bei Intel, Supercomputer, starke RISC-V-Chips

Intel muss einen weiteren Rückschlag verdauen, doch der Core i-12000 gibt Anlass zu Optimismus. AMD liegt gut im Exaflops-Rennen und RISC-V-Dickschiffe zeigen sich am Horizont.

Von Christof Windeck

Wieder eine peinliche Schlappe für Intel: Weil sich der 500-Millionen-US-Dollar-Supercomputer Aurora weiter verzögert, bestellt das Argonne National Lab nun als Zwischenlösung den „Polaris“ mit Technik von AMD (Epyc) und Nvidia (A100). Damit wollen die Forscher schon mal ihren Code optimieren – anscheinend kann Intel keinen passenden Prototypen bereitstellen. Der als Renommierprojekt gedachte, aber schon zweimal verschobene Exaflops-Rechner Aurora führt damit bei Intel zu weiteren Frustrationen. Das Rennen um den ersten Exaflops-Rechner dürfte im November ohnehin AMD gewinnen, falls bis dahin kein chinesischer Superrechner aus den Kulissen springt. Auf der Konferenz Supercomputing SC 21 am 14. November könnte „Frontier“ mit AMD-Technik am Oak Ridge National Laboratory den ersten Rang der Top500-Liste ergattern.

Der chinesische x86-Prozessor Zhaoxin KaiXian KX-U6580 präsentiert im c’t-Labor seine acht Kerne. Er rechnet problemlos, aber gemütlich.

Wie wichtig Aurora für Intel ist, zeigte die Konferenz Hot Chips HC33 (siehe Seite 130). Dort berichtete Intel ausführlich über die beiden wichtigsten Aurora-Chips: den kommenden Xeon-SP „Sapphire Rapids“ und den Rechenbeschleuniger „Ponte Vecchio“. Bisher beeindrucken beide nur auf dem Papier, vor allem Ponte Vecchio: Er soll mehr als doppelt so schnell rechnen wie Nvidias A100 und ist ein regelrechtes Kunstwerk der Chipgehäusetechnik. Intel setzt Ponte Vecchio aus bis zu 47 einzelnen Silizium-Dies zusammen, die mindestens vier verschiedenen Fertigungsverfahren entstammen. Sowohl Ponte Vecchio als auch einige Versionen von Sapphire Rapids kommen mit superschnellem Stapelspeicher, also mit High Bandwidth Memory (HBM beziehungsweise eher wohl HBM2E).

Konter-Chance

Die Verzögerungen bei Intel laden AMD (und vielleicht auch Nvidia) geradezu ein, mit eigenen Gimmicks zu kontern. So wird AMD wohl den für Ryzens angekündigten Stapel-Cache namens „3D V-Cache“ auch bei den Epyc-Serverprozessoren einsetzen, die damit auf insgesamt bis zu 2,3 GByte L3-Cache kommen könnten. Falls sich die angeblich für Anfang 2022 geplanten Sapphire-Rapids-Xeons verzögern, könnte ihnen die nächste Epyc-Generation mit 96 oder gar 128 Zen-4-Kernen auf den Pelz rücken. Dann könnten weitere Server-Marktanteile auf die AMD-Seite rutschen.

Gute Nachrichten für Intel gibt es immerhin vom Core i-12000 alias Alder Lake: Der Hybridprozessor mit bis zu acht Starken „P“-Kernen und acht effizienten „E“-Kernen steht in den Startlöchern, vielleicht kommt er Ende Oktober. Erwartet wird ein Spitzenmodell Core i9-12900K mit bis zu 5,3 GHz, DDR5-RAM und PCIe 5.0, zumindest für die Grafikkarte. Kurzzeitig waren Messwerte in der Online-Datenbank des Geekbench zu finden; demnach zieht er am 16-Ender AMD Ryzen 9 5950X vorbei – zumindest an der Version ohne 3D-V-Cache. Intel verspricht für die P-Kerne jedenfalls im Schnitt 19 Prozent Leistungszuwachs pro Taktzyklus.

Chinesischer x86-Chip

In ganz anderen Leistungssphären tummelt sich der chinesische Prozessor Zhaoxin KaiXian, von dem wir ein Exemplar ergattern konnten (siehe S. 74). Der mit Zuarbeit von VIA Technologies in Shanghai entwickelte Chip hinkt der aktuellen x86-Konkurrenz aber meilenweit hinterher. Schade – Alternativen zu AMD und Intel wären erfrischend.

Eine Alternative zu x86 und ARM ist RISC-V und auch dazu war auf der erwähnten Hot Chips Neues zu hören: von Branchenveteran Dave Ditzel, der 1995 zu den Gründern der Firma Transmeta zählte, für die eine Zeitlang auch ein gewisser Linus Torvalds arbeitete. Ditzel kündigte den KI-Boliden ET-SoC-1 seiner Firma Esperanto Technologies (ET) an, der 1088 effiziente ET-Minion-Kerne mit 4 ET-Maxion-Kernen vereint. Die KI-Schwerarbeit leisten dabei die an den ET-Minions angeflanschten Vektor-/Tensor-Rechenwerke.

Im Silicon Valley, in derselben Straße wie Intel, eröffnete das bisher vertraulich operierende Start-up-Unternehmen Rivos, Inc. Es hat 32 Stellen für Entwickler ausgeschrieben, einige auch in Austin/Texas, ist bereits Mitglied der RISC-V-Foundation und hat sich die PCI-ID 7933 (0x1EFD) gesichert. Gerüchten zufolge entwickelt Rivos RISC-V-Serverprozessoren; zu den Gründern zählen CPU-Experten wie Puneet Kumar und Mark Hayter, die schon für PA Semi arbeiteten, der Keimzelle für Apples hauseigene ARM-Chips, sowie später für das von Google geschluckte Start-up Agnilux. Beim Thema RISC-V fällt auf, dass es um den Europaprozessor Rhea mit ARM- und RISC-V-Technik zuletzt recht ruhig war; die Entwicklerfirma SiPearl investiert aber kräftig und will bis 2025 rund 1000 Personen einstellen, außer in Frankreich und Deutschland nun auch in Barcelona. (ciw@ct.de)

Kommentieren