c't 20/2022
S. 116
Wissen
Lieferketten-Resilienz
Bild: Albert Hulm

Im Netz der Abhängigkeiten

Wie Hightech-Lieferketten widerstandsfähiger werden sollen

Krieg und Krisen stellen alte Gewissheiten in Frage. Lieferketten reißen, die globalisierte Hightech-Fertigung gerät an ihre Grenzen. Nun wollen die USA und Europa kräftig in die heimische Produktion investieren, um Chinas Vormachtstellung zu durchbrechen.

Von Falk Steiner

Gleich mehrere, teils parallel verlaufende Krisen legten in jüngster Zeit offen, wie unzureichend die Wirtschaft gegen Störungen gewappnet ist. Insbesondere die Hightech-Branchen hatten fragile, internationale Lieferketten geknüpft und voll auf die kostensparende Just-in-Time-Produktion gesetzt. Nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie waren Anfang 2020 plötzlich wichtige Produktionsstandorte vom Welthandel abgeschottet, weil Containerschiffe keine chinesischen Häfen mehr anfahren konnten. Dann legte Anfang 2021 der Schneesturm Uri Fertigungskapazitäten bei den Halbleiter-Produzenten Samsung, NXP und Infineon in Texas lahm.

Wenige Wochen später blockierte das querliegende Containerschiff Ever Given den Suez-Kanal. Nichts fuhr mehr auf einer der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Während Social-Media-Nutzer weltweit einem kleinen Bagger dabei zuschauten, wie er den havarierten Containerriesen befreite, gerieten Logistikketten weiter unter Druck. Es dauerte Monate, bis sich alles wieder einruckelte. Dann schlug Chinas No-Covid-Strategie zu.

Vom Elektronikbauteil-Mangel sei außer der Automobilindustrie der gesamte Maschinenbau betroffen, so Dieter Westerkamp, Bereichsleiter Wirtschaft und Gesellschaft beim VDI. „Vier von fünf Betrieben sagen, dass sie unter Einschränkungen in der Produktion leiden – verbunden mit entsprechenden Umsatzeinbußen.“ In der Elektroindustrie liege die Quote bei 90 Prozent. Hinzu komme, dass die Einkaufspreise durchschnittlich um mehr als 40 Prozent gestiegen sind [1].

„Wir haben unsere Wirtschaft von tadellos funktionierenden Just-in-Time-Lieferketten abhängig gemacht“, gibt Jens Drews vom Dresdner Chipfertiger Globalfoundries zu: „Die Jahrzehnte, die wir hatten, in denen alles auf Zuruf in einer einigermaßen friedlichen Welt funktionierte, scheinen vorbei.“ Das Ende der friedlichen Welt war in Europa mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 erreicht. Überflugverbote etwa ziehen nun längere Transportwege für die ohnehin teure Luftfracht nach sich.

Bild mit Symbolkraft: Ein kleiner Bagger schaufelt den havarierten Containerriesen Ever Given im Suez-Kanal frei., Bild: Suez Canal Authority
Bild mit Symbolkraft: Ein kleiner Bagger schaufelt den havarierten Containerriesen Ever Given im Suez-Kanal frei.
Bild: Suez Canal Authority

Risiken streuen

Wandel durch Handel wird zu Wandel im Handel: „Der Krieg Russlands gegen die Ukraine zeigt, dass enge wirtschaftliche Verflechtungen mit autokratisch regierten Ländern bei Konflikten besondere Risiken für die geopolitische Handlungsfähigkeit und das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands bergen können“, sagt Franziska Brantner (Grüne), parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium. Es sei wichtig, Handels- und Lieferbeziehungen sowie die Rohstoffbeschaffung zu diversifizieren, so Brantner gegenüber c’t.

Damit liegt sie auf einer Linie mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Man dürfe „nicht alle Eier in einen Korb legen“, forderte er Mitte August von der deutschen Wirtschaft. „Für viele Unternehmen wird es so sein, dass sie sagen müssen: Selbst wenn die Konzentration auf einen Zulieferer die Billigste ist, habe ich lieber zwei oder drei, an unterschiedlichen Stellen.“

International rücken Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen enger zusammen. Die Allianz rund um USA, EU, Vereinigtes Königreich, Japan, Südkorea, Australien und Taiwan zwingt sich zu mehr Zusammenarbeit. Freihandelsabkommen wie CETA (zwischen der EU und Kanada) will man trotz aller Bedenken forcieren. Die Gespräche im EU-US-Handels- und Technologierat TTC bekommen mehr Bedeutung. Und die atlantisch-pazifische Allianz befürchtet, dass sich das Ukraine-Szenario in noch größerem Maßstab wiederholen könnte – mit einem Angriff der Volksrepublik China auf das abtrünnige Taiwan oder zumindest einer Blockade der Seewege.

Sicherheitspolitik ist nun fester Bestandteil von Digitalpolitik: Bereits seit 2018 läuft die von den USA getriebene Debatte über zu starke Abhängigkeiten von chinesischen Anbietern wie Huawei. Jahrelang haben Politiker darüber gestritten, ob man Huawei komplett vom Aufbau der 5G-Netze ausschließen müsse. In Deutschland muss das Bundesinnenministerium seit einer Gesetzesänderung im April 2021 Komponenten in kritischen Infrastrukturen prüfen und kann intervenieren. Bislang hat das Ministerium keinen Antrag abgelehnt.

Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) fordert, die deutsche Hightech-Wirtschaft müsse ihre Rohstoffbeschaffung diversifizieren., Bild: Edith Forster
Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) fordert, die deutsche Hightech-Wirtschaft müsse ihre Rohstoffbeschaffung diversifizieren.
Bild: Edith Forster

Rivale China

„Deutlich an Komplexität zugenommen“ haben die Beziehungen zu China laut Wirtschaftsstaatssekretärin Brantner. In der Taiwan-Frage sei eine einseitige Eskalation zu beobachten. „Deutschland sollte auf alle Szenarien vorbereitet sein, um Fehler der früheren Russland-Politik zu vermeiden“, betont sie. Die Bundesregierung erarbeite derzeit eine China-Strategie, denn mittlerweile trete „in vielen wirtschaftlichen Bereichen die systemische Rivalität mit China in den Vordergrund“.

Allerdings ist die Volksrepublik ein auch für Deutschland lukrativer Rivale: Mit einem Volumen von über zwei Billionen Euro sei China der weltweit größte Absatzmarkt für Elektronik, erklärt Wolfgang Weber vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI gegenüber c’t: „Der Anteil an der globalen Elektro-Produktion beträgt über 50 Prozent, Tendenz weiter steigend. China ist auch insgesamt das größte Abnehmerland deutscher Exporte.“

Eine Entkoppelung von China könnte enorme volkswirtschaftliche Schäden verursachen. Lisandra Flach, Ökonomin am ifo-Institut in München, hat verschiedene Szenarien berechnet: Würde die EU ihre Wirtschaftsbeziehungen zu China weitgehend kappen, entstünde ihr etwa der vierfache wirtschaftliche Schaden des Brexits. Würde ein Handelskrieg entstehen, China also ebenfalls die Handelsbeziehungen weitgehend einstellen, würde knapp ein Prozent der Wirtschaftsleistung der EU wegfallen – über 100 Milliarden Euro.

„Vor allem sollten die geografischen Diversifizierungsbestrebungen intensiviert werden“, sagt auch Flach. Die Ökonomin erläutert: „Da die Beschaffungsländer mit verschiedenen Arten von Schocks und Risiken konfrontiert sind, etwa geopolitischen Schocks, Umweltrisiken und Cyber-Risiken, ist eine breitere Streuung der Lieferketten wichtig, um ihre Resilienz zu erhöhen.“

Auch in der EU-Kommission schließt man sich diesen Forderungen an. Es gehe darum, realistisch zu sein, sagte EU-Kommissar Thierry Breton Ende August: „China ist Wettbewerber und Partner zugleich.“ Das Ziel sei eine Machtbalance – eine Geopolitik der Lieferketten. Er habe in seiner Zeit in der Privatwirtschaft immer darauf geachtet, nicht alle Eier in einen Korb zu legen, betonte Breton – und wählte damit genau dieselbe Formulierung wie Bundeskanzler Scholz.

Große Pläne für kleine Bauteile

Halbleiter sind in den Augen der politisch Verantwortlichen eine besonders relevante Produktkategorie. Seit Jahren versucht China mit viel Geld, in der Chipindustrie aufzuholen und zur Spitzentechnologie-Nation zu werden. Anfang August verkündete US-Präsident Joe Biden stolz, er habe dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping einst erklärt, was für ihn Amerika sei: ein Land der Möglichkeiten.

Dass er diese Anekdote bemüht, ist kein Zufall. Biden begründete, warum er nun den Möglichkeiten gesetzlich nachhelfen muss. Mit ihren „Chips Act“ genannten Maßnahmen zur Stärkung der US-Chipindustrie versuchen die USA, den chinesischen Bemühungen der vergangenen Jahre etwas entgegenzuhalten. Mit 39 Milliarden US-Dollar will der Staat den Ausbau von Fertigungskapazitäten fördern, zusätzlich 13,2 Milliarden fließen in Forschung und Entwicklung. Hinzu kommen massive Steuervergünstigungen für Investitionen im Halbleitersektor. Außerdem hat die Biden-Regierung eine Allianz vorgeschlagen: die „Chip Four“. Japan, Südkorea, Taiwan und die USA sollen demnach bei der Halbleiter-Produktion noch enger zusammenarbeiten.

Die EU säße nicht mit am Tisch, obwohl EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits vor rund einem Jahr ankündigte, dass Europa in der Chipfertigung unabhängiger werden solle. 43 Milliarden Euro wolle die EU mit ihrem eigenen „Chips Act“ mobilisieren, lautet der Plan der EU-Kommission. Allerdings sind weniger öffentliche Ausgaben vorgesehen: Der Löwenanteil soll von Investoren kommen. Derzeit wird das Vorhaben von Europaparlament und den Mitgliedstaaten beraten.

Chip, Chip, hurra?

Derweil hat Deutschland bereits Nägel mit Köpfen gemacht. In die angekündigte Intel-Chipfabrik in Magdeburg fließen sieben Milliarden Euro Steuergelder, bei 17 Milliarden Euro Gesamtkosten. Intel soll hier im Auftrag europäischer Kunden fertigen. 2023 beginnt die Bauphase, 2027 soll es in Magdeburg-Eulenburg mit der Produktion der ersten Chips neuester Generation losgehen.

Intel baut zwei „Megafabs“ an der Magdeburger Stadtgrenze, direkt an der Autobahn A14. Sie sollen ab 2027 auch Chips für Autos fertigen (gerenderte Vorschau)., Bild: Intel
Intel baut zwei „Megafabs“ an der Magdeburger Stadtgrenze, direkt an der Autobahn A14. Sie sollen ab 2027 auch Chips für Autos fertigen (gerenderte Vorschau).
Bild: Intel

„Die Intel-Ansiedlung in Magdeburg ist nur der erste große Baustein, da werden weitere kleine, aber auch größere folgen, auch an anderen Stellen“, kündigte Bundeskanzler Scholz an. Im Gespräch ist etwa der Weltmarktführer TSMC für eine Fab zur 10-Nanometer-Fertigung in Sachsen oder Bayern. Dort soll dann also die Technik entstehen, die in den kommenden Jahren auch die deutsche Automobilindustrie benötigen wird. Derzeit verwendet sie noch ältere Chipgenerationen.

Staatssekretärin Franziska Brantner setzt voll auf das Instrument der Ansiedlungsförderung. Die EU ermöglicht seit einigen Jahren, sogenannte „wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse“ (IPCEI) zu starten. Mitgliedstaaten können ihr Interesse bekunden, Unternehmen mit ins Boot holen und Fördergelder kassieren. Damit sei es gelungen, Investitionen der Industrie in Zukunftstechnologien sowie neue Produktionsanlagen voranzutreiben, so Brantner: „Mit selber Zielrichtung sieht auch der European Chips Act Fördermöglichkeiten für Investitionen der Industrie in Forschung und innovative Produktion im Bereich Halbleiter vor.“

Strategische Positionierung

Über allem schwebt die Gefahr, dass Europa technologisch den Anschluss verliert. „2014 wurden noch zehn Prozent des Halbleiterumsatzes in Europa generiert“, sagt Robert Weigel, Professor für Technische Elektronik an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und langjähriger Kenner des Halbleitergeschäfts. „Die damalige Kommissarin Neelie Kroes hat große Pläne gehabt, und gesagt: Bis 2020 verdoppeln wir das wieder auf 20 Prozent – 2020 lagen wir dann bei sieben Prozent.“

Auch diese Zahlen hatten laut Weigel noch keinen Alarm ausgelöst. „Dann kam, in gewisser Weise ‚Gott sei Dank‘, diese Chipkrise in der Automobilindustrie. Und plötzlich sind sie aufgewacht“, so Weigel. Einerseits begrüßt er die Ankündigung des amtierenden EU-Binnenmarktkommissars Breton, den Weltmarktanteil in der Chipproduktion bis zum Jahr 2030 von gut sieben auf 20 Prozent zu bringen. „Aber er hat wahrscheinlich vergessen, dass sich der Weltmarktumsatz wahrscheinlich verdreifachen wird. Eine einfache Verdoppelung reicht also nicht.“

Die derzeitigen EU-Instrumente wie die IPCEIs genügen nach Ansicht vieler Marktinsider nicht. Der Grund: Die EU-Beihilferegeln sehen nicht vor, dass Staaten die Produktion bereits etablierter Technologie fördern. Für die gewünschten 20 Prozent Weltmarktanteil benötigt die EU aber Massenproduktion längst entwickelter Technik. Auch der EU Chips Act hilft da nicht.

Taiwans Lebensversicherung

Es könnte Europa ergehen wie China: Zwar wird die EU etwas unabhängiger – aber bei Weitem nicht unabhängig. Trotz jährlicher Milliardeninvestitionen gelingt es der chinesischen Chipindustrie bislang nicht, die verbleibende Lücke zu den Weltmarktführern TSMC aus Taiwan, Samsung aus Südkorea und Intel aus den USA zu schließen. Obwohl Festland-China massiv investiert und mit SMIC mittlerweile einen eigenen großen Chipfertiger hochgezogen hat, ist die Konkurrenz bei modernsten Techniken enteilt.

Taiwan hat sich mit seiner gezielten Technologiepolitik unverzichtbar gemacht. Jens Drews von Globalfoundries konstatiert: „Wenn Taiwan nicht mehr liefern kann, geht die gesamte Weltwirtschaft in die Knie, inklusive China.“ Immer wieder achten deshalb insbesondere die USA darauf, dass China weiter auf Abstand bleibt. So setzt sich die US-Regierung beispielsweise dafür ein, dass der niederländische Weltmarktführer für Wafer-Belichtungssysteme ASML seine neuesten Geräte zur Halbleiter-Herstellung nicht an chinesische Kunden verkauft.

Doch die Volksrepublik würde auch dann nicht aus den Lieferketten verschwinden, wenn die EU und die USA ihre Chips komplett selbst fertigen würden. „Ein Chip, der bei Intel in Magdeburg gefertigt wird, landet möglicherweise in Italien, wenn Intel dort wie angedacht einen entsprechenden Standort aufbaut, oder in Malaysia im Packaging“, sagt Jan-Peter Kleinhans, Projektleiter Technologie und Geopolitik beim Thinktank „Stiftung Neue Verantwortung“. „Dann ginge es für die Final Assembly nach China, wo die PCBs, also die Leiterplatten gedruckt werden, anschließend wird die Bremsanlage für den deutschen Zulieferer in China verlötet und kommt dann nach Stuttgart.“

Mit der heimischen Chipfertigung würde man nur einen Teil der Probleme lösen können – und womöglich nicht die entscheidenden. Selbst mit 20 Fabs in Europa wären die heute vorhandenen Knappheiten eingetreten, meint Kleinhans. „Es ist eine Milchmädchenrechnung, zu glauben: Wenn wir nur 20 Milliarden Euro auf den Tisch legen, dann können wir hier auch eine Fab bauen, wie sie TSMC hat, und dann sind wir bei der nächsten Knappheit besser gerüstet.“

Beschaffung in der Krise

Was derzeit unter anderem fehlt, sind notwendige Vorprodukte. „Gase und Chemikalien brauchen wir in einer Qualität, die nicht mehr in großen europäischen Chemie-Clustern hergestellt wird“, so Jens Drews von Globalfoundries. „Die Fähigkeit dazu ist in Europa vielfach gar nicht mehr vorhanden.“ Solche Substanzen müssten die Unternehmen derzeit auf dem Weltmarkt beschaffen, und damit sei man auf funktionierende Lieferketten angewiesen.

Die EU-Kommission bereitet derzeit ein Regelpaket vor, das für Krisenfälle vorsieht, die Beschaffung zu zentralisieren, um die Wirtschaft am Laufen halten zu können. Damit will man die Lehren aus der Gas- und Covid-Krise umsetzen. Zwar standen Lieferketten schon vorher politisch intensiv zur Diskussion. Doch die Debatte drehte sich hauptsächlich um Menschenrechtsverletzungen und Umweltstandards, etwa beim deutschen Lieferkettengesetz. Die geopolitische Dimension blieb bislang weitgehend unbeachtet.

Russland und China sind auch bei einigen relevanten Rohstoffen derzeit schwer ersetzbar. Die Ökonomin Lisandra Flach hat ermittelt, welche Rohstoffe besonders kritisch sind (siehe ct.de/yzc6): Neun gelten als besonders problematisch, denn sie kommen aus wenigen Ländern und sind für Schlüsseltechnologien relevant. Zugleich aber gibt es Länder, die über hohe Vorkommen verfügen – die bislang nur gering genutzt wurden. So produziert China etwa bei den „Seltenen Erden“ über die Hälfte des weltweiten Bedarfs – ebenso große Vorkommen in Vietnam oder Brasilien spielen bislang keine große Rolle.

, Quelle: ifo-Institut
Quelle: ifo-Institut

Mit einer neuen Rohstoffstrategie will die Bundesregierung auch hier die Diversifizierung vorantreiben. „Chile, Südafrika, Kanada, Australien, Namibia – wir müssen endlich hier die Investitionen und Kooperationen ausbauen, statt so stark auf das autoritäre China zu setzen“, fordert Staatsekretärin Brantner.

Zuletzt hatten die G7-Staatschefs in Elmau bekannt gegeben, 600 Milliarden Euro zu investieren, um Partnerländer über fünf Jahre an sich zu binden – unter anderem auf dem afrikanischen Kontinent, um von dort Rohstoffe beziehen zu können. „Doch der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten ist nicht nur kapital-, sondern auch sehr zeitintensiv“, mahnt Dieter Westerkamp vom VDI: „Mit einer schnellen Umsetzung ist nicht zu rechnen.“

Die deutsche Elektro- und Digitalindustrie diversifiziere bereits ihre Liefer- und Wertschöpfungsnetzwerke, versichert Wolfgang Weber vom ZVEI. Auch im asiatisch-pazifischen Raum entwickelten sich wichtige neue Märkte. Zudem stärke man die Handelsbeziehungen zu nordamerikanischen Partnern. Aber auch Weber warnt: „Neue Kunden- und Lieferantenbeziehungen aufzubauen, braucht Zeit und kostet viel Arbeit.“ Nicht alle Eier in einem Korb: Dieser Wunsch dürfte noch einiges Kopfzerbrechen und hohe Kosten bereiten – ob in Berlin, Brüssel oder Washington. (hob@ct.de)

ifo-Analyse zur Rohstoff-Abhängigkeit: ct.de/yzc6

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