c't Jahresrückblick 2022
S. 90
E-Mobilität
Motorrad

Stützräder aus Chips

Wie die Digitaltechnik ins Motorrad kam: heimlich

Die Motorradszene definiert sich durch eine Liebe zum rein Mechanischen. Digitaltechnik war jedoch so nützlich, dass sie wider aller Szenewerte Schritt für Schritt den Motorradbau eroberte. Dieser Artikel beschreibt die erstaunlichen Meilensteine auf diesem Weg und schaut bis auf die Anfänge zurück, aber auch in die Zukunft der Mobilität.

Von Clemens Gleich

Wenn man Motorradfahrer reden hört, muss man sich wundern, wie je ein Computer den Weg in diese Maschinen fand. Wie so oft im Leben führt Gerede jedoch auf eine völlig falsche Fährte. Trotz des Heulens und Zähneknirschens bei den Ankündigungen, trotz des Beklagens der Zeiten und Sitten, trotz eherner Schwüre, so was nie zu kaufen: Am Ende setzten sich digitale Rechner nicht nur jedes Mal durch, sondern führten sogar in erstaunlich kurzer Zeit dazu, dass Motorräder ohne das neue elektronische Feature fast unverkäuflich wurden. Dieser Artikel betrachtet die Meilensteine der Motorrad-Digitaltechnik.

Heute arbeiten in den allermeisten noch fahrbereiten Motorrädern kleine Computer, obwohl ihre Besitzer recht oft nichts davon ahnen. Das liegt daran, dass digitale Technik schon recht früh Einzug in die Antriebstechnik hielt. Während die Tachometerzähler noch mechanisch arbeiteten, bot die elektronische Kennfeldzündung bereits so viele Vorteile, dass bis heute Oldtimerfahrer darauf umrüsten. Bei der Kennfeldzündung schlägt ein kleiner Computer (zu Anfang 8- und 16-Bit-Prozessoren) in einer Tabelle mit den Eingabeparametern (mindestens) Last und Drehzahl nach, um den optimalen Zündwinkel zu erfahren, mit dem er dann die elektronische Zündung steuert. Die Werte zwischen den Tabelleneinträgen interpoliert er einfach.

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