Die nachhaltige 13
Recht auf Reparatur: Umweltverbände stellen Forderungskatalog auf
Der „Runde Tisch Reparatur“ will das Recht auf Reparatur stärken und sieht dabei nicht nur die EU in der Pflicht. Der Bundesregierung hat die Initiative 13 konkrete Forderungen vorgelegt.
Der Runde Tisch Reparatur, BUND, Germanwatch, Greenpeace, WWF und 20 weitere Organisationen sowie Reparaturfirmen wie iFixit haben von der Bundesregierung bessere Voraussetzungen für Reparaturen gefordert. Das Europaparlament könne nicht alle nötigen Regelungen schaffen. Die Bundesregierung solle insbesondere „das herstellerunabhängige Recht auf Reparatur“ stärken. Reparaturen hätten das Potenzial, Ressourcen zu schonen und das Klima zu schützen. Das müsse genutzt werden.
Einfacher und günstiger
Reparieren müsse für Bürger einfacher und für unabhängige Reparaturdienstleister rentabler werden, heißt es in dem Forderungspapier. Die von der Ampel-Regierung bereits im Koalitionsvertrag angekündigte Umsetzung des Rechts auf Reparatur begrüßt der Runde Tisch. Wirklich wirksam könnten die angekündigten Maßnahmen jedoch nur sein, wenn die Voraussetzungen für einen fairen und diskriminierungsfreien Zugang zum Reparaturmarkt geschaffen würden.
Laut Koalitionsvertrag will die Bundesregierung die Reparierbarkeit von Produkten und den Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturanleitungen verbessern sowie verpflichtende Update-Zeiträume für digitale Produkte einführen. Bezüglich Smartphones und Tablets hat die EU-Kommission ähnliche Pläne, sie will Hersteller unter anderem verpflichten, fünf Jahre lang Ersatzteile und Updates zu liefern. Außerdem soll ein verpflichtender Reparierbarkeitsindex anzeigen, wie kompliziert der Austausch wichtiger Komponenten wie Akku und Display ist. An die Bundesregierung stellen die Umweltverbände konkrete Forderungen, die teilweise über die bisherigen Pläne der EU-Kommission hinausgehen:
- EU-weite, produktübergreifende Reparaturanforderungen.
- Zugang zu Ersatzteilen nicht nur für Reparaturbetriebe, sondern auch für Verbraucher. Ersatzteilpreise, die in einem „begründbaren Verhältnis zu ihren Herstellungskosten“ stehen.
- Software-Updates für einen Mindestzeitraum von zehn Jahren.
- Möglichkeiten für Reparaturen ohne eine vorherige Genehmigung des Herstellers.
- Unterstützung eines EU-weiten Reparaturindex, der insbesondere Ersatzteilpreise als Bewertungskriterium beinhaltet – ein Streitpunkt in den bisherigen Beratungen über den möglichen Index.
- Stärkere Kontrolle von Online-Anbietern und Plattformen.
- Geringere Reparaturkosten durch einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Reparaturdienstleistungen.
- Überarbeitete Gewährleistungsansprüche müssen wirklich zu einer Lebensdauerverlängerung von Produkten führen und dürfen den Reparatursektor nicht gefährden.
- Bessere finanzielle und personelle Ausstattung der Marktüberwachungsbehörden und besserer Austausch auf EU-Ebene.
- Niedrigere Zugangshürden zum Reparatursektor, um dem dortigen Nachwuchsproblem zu begegnen.
- Förderung der Aufbereitung und Wiederverwendung von Ersatzteilen.
- 3D-Druck für die Herstellung von Ersatzteilen fördern.
- Förderung neuer Geschäftsmodelle, die auf der Aufarbeitung, der Wieder- und Weiterverwendung und dem Upgrading von gebrauchten Produkten beruhen.
Ein Streitpunkt zwischen Umweltverbänden und Industrie, aber auch EU-Kommission ist unter anderem, ob der Index die Ersatzteilpreise berücksichtigen soll oder nicht. Laut Johanna Sydow, Rohstoffexpertin bei Germanwatch, müsse die Bundesregierung auf EU-Ebene „darauf dringen, dass der Preis von Ersatzteilen widergespiegelt wird, denn der entscheidet häufig darüber, ob überhaupt repariert wird oder nicht“.
Die EU-Kommission will die Ersatzteilpreise dagegen nicht berücksichtigen. Ein Vertreter der Kommission hatte die Entscheidung mit dem Argument verteidigt, dass diese sich von EU-Land zu EU-Land unterschieden und auch im Laufe der Zeit ändern könnten. So sei das gesamte Scoring „weniger robust“. Allerdings sieht die von der EU für 2023 geplante Ökodesign-Verordnung vor, dass die Hersteller die Preise der Ersatzteile veröffentlichen müssen und diese danach eben nicht mehr erhöhen dürfen.
In Frankreich gibt es bereits seit Anfang 2021 einen verpflichtenden Reparierbarkeitsindex für Smartphones und eine Reihe anderer Produkte. Dieser setzt den Preis des teuersten Ersatzteils und den Durchschnittspreis wichtiger Ersatzteile ins Verhältnis zum Neupreis des Gerätes.
Auch mit dem Vorschlag, Hersteller zu verpflichten, zehn Jahre Updates für ihre Geräte wie Smartphones und Tablets zu liefern, gehen die Umweltverbände weit über die Pläne der EU hinaus. Nach EU-Plänen müssen Hersteller künftig fünf Jahre Sicherheitsupdates liefern.
Die Branche, vertreten durch den Verband Digitaleurope, hatte jüngst verlauten lassen, Sicherheitsupdates „eher“ für drei Jahre liefern zu wollen. An anderer Stelle wiederum sind sich Umweltverbände und Industrie recht nahe, zum Beispiel beim Thema 3D-Druck. So hatte der Digitalverband Bitkom gemahnt, wenn künftig sämtliche Ersatzteile auf Halde produziert und eingelagert würden, könne die Umweltbilanz negativ werden. Gegenüber c’t benannte Bitkom-Präsident Achim Berg wie die Umweltverbände 3D-Druck als möglichen Ausweg.
Auch Digitaleurope teilte mit, die EU-Pläne grundsätzlich zu begrüßen. Unsere Frage, welche Ideen die Industrie habe, Smartphones nachhaltiger zu gestalten, ließ der Verband aber unbeantwortet. (rbr@ct.de)