c't 17/2023
S. 50
Aktuell
Open Source

Querelen um Quelltexte

Linux-Distributor Red Hat verärgert die Community

Die Entscheidung von Red Hat, den Zugriff auf seine Enterprise-Linux-Distribution einzuschränken, sorgt für Kontroversen in der Open-Source-Community. Dabei wird sowohl über die Legalität als auch die Legitimität des Vorgehens diskutiert.

Von Keywan Tonekaboni

Mitte Juni hat Red Hat angekündigt, künftig die Quelltexte von Red Hat Enterprise Linux (RHEL) nicht mehr öffentlich zur Verfügung zu stellen. RHEL richtet sich an Unternehmenskunden und ist in der Regel im Rahmen kostenpflichtiger Support-Verträge erhältlich. Die Quelltexte von bestimmten RHEL-Versionen sollen fortan nur noch über das Kundenportal abrufbar sein und nicht mehr einzeln als ausgepackte Quellpakete (Source RPM, SRPM) öffentlich bereitgestellt werden, teilte das IBM-Tochterunternehmen in einem Blogbeitrag mit. Ab sofort sei CentOS Stream die einzige öffentliche Quelle für Quelltexte mit RHEL-Bezug. Pikant: Ursprünglich sei nicht einmal geplant gewesen, die Entscheidung öffentlich zu kommunizieren, erklärte Red-Hat-Entwickler Carl George in einem Interview.

Red Hats Vorgehen sorgt in der Open-Source-Szene für anhaltende Debatten und vor allem für viel Kritik. Die Aufregung ist groß, da das Unternehmen mit diesem Schritt die Erstellung von RHEL-Nachbauten erschwert. AlmaLinux und Rocky Linux waren erst 2020 entstanden, nachdem Red Hat das Ende von CentOS als RHEL-Kopie angekündigt hatte. Kritiker sehen eine Abkehr vom Open-Source-Grundgedanken. Manche Zusammenhänge geraten in der teils emotional geführten Debatte aber auch durcheinander.

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