c't 19/2023
S. 40
Aktuell
Enterprise Linux

Rote Hüte auf Abwegen

Konkurrenten wollen aus Red Hats angekratztem Image Kapital schlagen

Nachdem Red Hat durch eingeschränkten Zugriff auf Quelltexte für Missmut gesorgt hat, versuchen Konkurrenten aus dem Enterprise-Linux-Umfeld davon zu profitieren. SUSE kündigt an, mindestens zehn Millionen US-Dollar in einen Fork zu investieren. Oracle geht als Hüter des OpenSource-Gedankens hausieren, was teils seltsame Blüten treibt. AlmaLinux will indes neue Wege gehen.

Von Keywan Tonekaboni

Red Hats Entscheidung, Zugriff auf den Quellcode seiner Enterprise-Linux-Distribution einzuschränken, war sicher nicht der Untergang des Open-Source-Abendlandes. Der Quellcode von RHEL ist weiterhin im CentOS-Stream-GitLab öffentlich verfügbar, nur nicht mehr als entpackte Source-RPMs [1]. Nichtsdestotrotz war Red Hats Vorgehen kommunikativ ein Desaster. Das dadurch verspielte Vertrauen reißt eine Lücke, in die nun altbekannte Konkurrenten aus dem Enterprise-Linux-Umfeld vorstoßen und sich damit profilieren wollen. So gibt sich Oracle in einem Blogpost als Hüter freier Software aus, obwohl es selbst mehrere Open-Source-Projekte in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt hat. SUSE kündigt einen eigenen Fork von RHEL an. Das Team hinter dem RHEL-Nachbau AlmaLinux hat hingegen angekündigt, die Vorlage nicht mehr 1:1 nachzubilden.

SUSE plant RHEL-Fork

Man könnte glauben, jetzt sei der Moment für SUSE gekommen, die eigene Profi-Distribution SUSE Linux Enterprise Server (SLES) als Alternative zu RHEL zu pushen und Kunden von Red Hat abzuwerben. Stattdessen kündigt SUSE an, selbst einen RHEL-Nachbau anzubieten. Dafür will SUSE eigenen Angaben zufolge mehr als zehn Millionen US-Dollar in die Hand nehmen. Das Projekt soll unter dem Dach einer noch nicht genannten Open-Source-Stiftung ein Zuhause finden.Mit von der Partie ist laut der SUSE-Pressemitteilung auch die Firma CIQ des Rocky-Linux-Gründers Gregory Kurtzer.

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