c't 21/2023
S. 168
Story
Der nichtelektronische Mann
Bild: KI Midjourney | Bearbeitung c't

Der nichtelektronische Mann

In einer durch und durch auf Optimierung ausgelegten Welt wollen immer weniger Leute auf technische Implantate verzichten. Nicht auszudenken, was wäre, wenn all die eingebauten Vorzüge plötzlich ohne Vorwarnung ausfielen!

Von Volker Dornemann

Marcus Dinklage hatte sich schon immer dagegen gesträubt, sich Technik in seinen Kopf einpflanzen zu lassen. Schon in seiner Kindheit gab es die Möglichkeit dazu. Als er im Teenageralter war, etablierte sich die Augmentierung bereits als angesagte Mode. Die Kids fuhren voll auf die Implantate ab. Nicht ganz unschuldig daran war die geschickte und manipulative Werbung, mit der die Hersteller ihre Produkte als absolute Must-Haves anpriesen. Wer noch ein altmodisches Smartphone oder Smarttab mit sich herumschleppte, galt als oldschool, bald als Sonderling.

Mit „Augmented Communication“ hatte man immer Freisprech; die Implantate leiteten optische Signale für den Videochat direkt an den Sehnerv – kein Monitor, keine Brille. Gleichzeitig hatte man GPS im Kopf und konnte sich die Route zu einem angestrebten Ziel gleich als virtuelle Map einblenden lassen. Alle Infos über alles Mögliche standen auf Wunsch sofort zur Verfügung, ohne lästiges externes Medium. Das Implantat legte sie beispielsweise als Textlayer über ein Gebäude, vor dem man gerade stand. Optional trug der eingepflanzte „BrainDude“ den Text per Direktleitung zum Innenohr akustisch vor. Der letzte Schrei war eine Dating-App, die bei paarungswilligen Nutzern virtuell ein pulsierendes Herzsymbol auf die Brust projizierte, wobei Größe und Farbe sowie die Intensität des Herzschlags Aufschluss über den Level der Rolligkeit gaben.

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