c't 24/2023
S. 14
Aktuell
Chatkontrolle

Privatsphäre-Alptraum

Chatkontrolle: Lobby bestellt – EU-Kommission will liefern

Eine für den 28. September angesetzte Abstimmung über die Chatkontrolle wurde vorerst verschoben, eine Handvoll EU-Staaten lehnen den Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form ab. Das Ringen um die Chatkontrolle ist trotz erschlagender Gegenargumente immer noch nicht vorbei. Nun zeigen Medienrecherchen, warum die EU-Kommission ungeachtet der Unverträglichkeit mit zentralem EU-Recht so verbissen an der Chatkontrolle festhält.

Von Kathrin Stoll

Um den Vorschlag der EU-Kommission zur sogenannten Chatkontrolle noch vor der Europawahl 2024 beschließen zu können, sollten Innen- und Justizminister eigentlich am 28. September ihre finale Position zu dem umstrittenen Gesetzesentwurf verabschieden. Doch Deutschland, Polen, Niederlande, Schweden und Österreich lehnen den Entwurf in seiner jetzigen Form ab, die Abstimmung wurde verschoben. Vom Tisch ist das Thema damit aber nicht. Bereits am 19./20. Oktober könnte der Rat erneut abstimmen.

EU-Ratspräsidentin Ylva Johansson ließ sich offenbar maßgeblich von Lobbyisten beeinflussen. Sie gilt als treibende Kraft hinter dem Vorschlag zur Chatkontrolle., Bild: Virginia Mayo/AP +++ dpa-Bildfunk +++
EU-Ratspräsidentin Ylva Johansson ließ sich offenbar maßgeblich von Lobbyisten beeinflussen. Sie gilt als treibende Kraft hinter dem Vorschlag zur Chatkontrolle.
Bild: Virginia Mayo/AP +++ dpa-Bildfunk +++

Im Grunde sind alle Sachverständigen dagegen, zudem verstößt der Gesetzentwurf gegen geltendes EU-Recht. Trotzdem hält die EU-Kommission an den Plänen fest: Am 11. Mai 2022 hat Ratskommissarin Ylva Johansson die „Verordnung zur Festlegung von Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ vorgeschlagen. Diese sogenannte Chatkontrolle soll Anbieter von Internetdiensten verpflichten, Nutzerinhalte nach Darstellungen von Kindesmissbrauch zu durchsuchen. Außerdem sieht der Gesetzesentwurf eine Pflicht zur Altersverifikation im Netz und sogenannte Netzsperren vor. Insgesamt bedeuteten die enthaltenen Forderungen das Ende der privaten Kommunikation im Netz.

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