c't 17/2024
S. 36
Aktuell
UKW-Radio
Bild: Michael Pollak, CC-BY 2.0

Sendeschluss

Aus für UKW-Radio in Schleswig-Holstein und in der Schweiz beschlossen

Im kommenden Jahr beenden im nördlichsten Bundesland die ersten Sender die UKW-Verbreitung. In den anderen Bundesländern und in Österreich gibt es hingegen noch keinen Fahrplan für den Ausstieg, trotz hoher Kosten für die parallele Ausstrahlung über UKW und das digitale Verfahren DAB+.

Von Falk Steiner und Christian Wölbert

Schleswig-Holstein verabschiedet sich von 2025 bis 2031 schrittweise vom analogen terrestrischen Radioempfang. Ab dann gibt es im hohen Norden Hörfunk nur noch per DAB+, Kabel oder Internet. Diesen Plan verkündeten Ende Juni die privaten und öffentlich-rechtlichen Radiosender gemeinsam mit der Landesregierung sowie der Landesmedienanstalt. Schleswig-Holstein ist damit das erste Bundesland mit einem Fahrplan für den Wechsel von UKW zu DAB+.

Vorangegangen war eine jahrelange Diskussion darüber, ob DAB+ und Internetstreaming die UKW-Ausstrahlung ersetzen können. Die nun gefundene Einigung sieht einen Umstieg in mehreren Schritten vor: Schon 2025 steigen der Deutschlandfunk sowie die drei Privatsender BOB!, Delta Radio und Antenne Sylt aus der UKW-Verbreitung aus. Der Norddeutsche Rundfunk wechselt von 2025 bis 2031 sukzessive zur ausschließlich digitalen Verbreitung. Der Privatsender R.SH wird voraussichtlich Ende Juni 2031 als letzter Sender die UKW-Ausstrahlung beenden, 20 Jahre nach dem Start von DAB+ in Deutschland.

Details zu den Umstiegsplänen veröffentlichen die öffentlich-rechtlichen und die privaten Sender unter dabplus.de/sh. In einer gemeinsamen Pressemitteilung betonen sie, dass sie „letzte lokale Lücken“ im DAB+-Netz vor dem Umstieg durch zusätzliche Sendeanlagen schließen wollen. „Damit wird sichergestellt, dass beim Wechsel alle regionalen Programme weiterhin über Antenne verfügbar sind.“

Laut der Studie „Audio Trends 2023“ der Landesmedienanstalten haben aktuell allerdings erst 34 Prozent der Haushalte in Schleswig-Holstein ein DAB+-fähiges Gerät, ungefähr so viele wie im Bundesdurchschnitt (33 Prozent). Berücksichtigt sind dabei auch Haushalte, die nur im Auto DAB+ empfangen können. Viele Menschen in Schleswig-Holstein müssen in den nächsten Jahren also ein Digitalradio kaufen, wenn sie weiter über Antenne hören wollen. Immerhin ist der Anteil der Haushalte mit DAB+-Radio in Schleswig-Holstein zuletzt schnell gestiegen; 2022 waren es erst 27 Prozent.

Proteste der Privatsender

Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, Schleswig-Holstein zur „digitalen Hörfunkvorreiterregion“ zu machen. Hilfreich bei den Verhandlungen dürfte der Umstand gewesen sein, dass es in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern nur wenige werbefinanzierte Sender gibt. Außerdem strahlen aus Nachbarbundesländern nur wenige Sender nach Schleswig-Holstein ein. Für die Sender im nördlichsten Bundesland ist die Gefahr also relativ gering, dass ihre Hörer nach dem UKW-Ende zur Konkurrenz wechseln.

In den anderen 15 Bundesländern gibt es keine konkreten Pläne, die UKW-Ausstrahlung zu beenden. Sachsen-Anhalt und Sachsen hatten ursprünglich per Gesetz den Umstieg auf DAB+ bis Ende 2025 verordnet, beide Landesregierungen strichen diese Regelungen jedoch nach Protesten privater Sender wieder. Die bayerische Landesmedienanstalt wollte die UKW-Lizenzen spätestens bis 2032 auslaufen lassen, auch dagegen liefen die Privatsender Sturm. Die neue Koalition aus CSU und Freien Wählern sprach sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine Verlängerung der UKW-Lizenzen bis 2035 aus. Die Privatsender befürchten, dass sie durch das UKW-Aus an Reichweite verlieren.

Teurer Simulcast

Es zeichnet sich aber ab, dass die Öffentlich-Rechtlichen bis 2032 bundesweit aus der UKW-Verbreitung aussteigen. Denn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) will die Kosten für die UKW-Verbreitung ab 2033 nicht mehr anerkennen. Ursprünglich wollte sie dies schon ab 2029 nicht mehr tun, sie verschob das Zieldatum aber „aufgrund immer noch nicht getroffener medienpolitischer Entscheidungen bezüglich eines koordinierten Ausstiegs aus der UKW-Verbreitung“. Die KEF sieht den Simulcast, also die Simultanübertragung von UKW und DAB+, aufgrund der hohen Kosten seit Langem kritisch. Ihr zufolge liegen die Kosten für die UKW-Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Sender (ARD und Deutschlandradio) von 2025 bis 2028 bei 221 Millionen Euro. Die Kosten für die reine DAB+-Verbreitung liegen nach Schätzung der ARD bei 80 Prozent der UKW-Kosten.

Deutlich schneller geht es in der Schweiz voran: Ende Juni verkündete die öffentlich finanzierte Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, dass sie schon Ende 2024 aus UKW aussteigt. Die privaten Sender machen in der Schweiz spätestens Ende 2026 Schluss.

In Österreich startete DAB+ erst 2018, deswegen ist ein UKW-Ausstieg dort noch kein Thema. „Im Vergleich zu einer weit über 20-jährigen Geschichte von DAB/DAB+ in Deutschland ist wahrscheinlich nachvollziehbar, dass Gedanken über eine Abschaltung von UKW für uns noch keinerlei Relevanz haben“, sagte ein Sprecher der Regulierungsbehörde KommAustria auf Anfrage. (cwo@ct.de)

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