c't 17/2024
S. 42
Aktuell
KI an Hochschulen

Vorsichtige Annäherung

KI in Studium und Lehre

Viele Hochschulleitungen setzen sich mit KI auseinander. Sehr oft liegt der Fokus dabei auf Prüfungen und akademischem Fehlverhalten. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Veröffentlichung des Hochschulforums Digitalisierung.

Von Dorothee Wiegand

Für den Bericht mit dem Titel „Blickpunkt Künstliche Intelligenz – Wo stehen die deutschen Hochschulen?“ analysierte ein Team vom Hochschulforum Digitalisierung (HFD) Daten einer Umfrage, die zwischen November 2023 und März 2024 an deutschen Hochschulen stattfand. Demnach setzen sich zwar die meisten Hochschulleitungen mit KI auseinander (87 %), allerdings liegt der Fokus dabei auf Prüfungen und akademischem Fehlverhalten (80 %). Weit weniger Verantwortliche diskutieren über Datenschutz (54 %), die Vorbereitung der Studenten auf eine KI-geprägte Arbeitswelt (43 %) oder Chancengerechtigkeit beim Zugang zur KI (19 %).

Knapp die Hälfte der befragten Studenten gab an, KI im Studium zu nutzen, vor allem zur Prüfungsvorbereitung, für Präsentationen und schriftliche Arbeiten. Da erst 30 Prozent der Hochschulen Lizenzen für KI-Tools erworben haben, vermuten die Autoren, dass Studenten die Tools häufig privat besorgen. Veranstaltungen, die KI-Kompetenzen vermitteln, sind laut der Umfrage noch die Ausnahme. Fast 40 Prozent der Studenten sahen sich allerdings gar nicht in der Lage, zur Frage der Vermittlung von KI-Kompetenzen eine Aussage zu treffen.

Für den Bericht zum KI-Einsatz an deutschen Hochschulen befragten Wissenschaftler des Hochschulforums Digitalisierung Lehrkräfte, Studenten, Support-Mitarbeiter und Hochschulleitungen.
Für den Bericht zum KI-Einsatz an deutschen Hochschulen befragten Wissenschaftler des Hochschulforums Digitalisierung Lehrkräfte, Studenten, Support-Mitarbeiter und Hochschulleitungen.

Die Befragung der Hochschullehrkräfte ergab, dass gut die Hälfte (54 %) KI-Tools in irgendeiner Form im Rahmen ihrer Lehrtätigkeiten nutzen. Dabei überwiegen allerdings Routineaufgaben. Nur knapp ein Fünftel der Befragten (19 %) gab an, KI-Tools in der konkreten Lehrsituation einzusetzen. Das Vorbereiten der Studenten auf eine KI-geprägte Arbeitswelt (4 %) und die Frage nach einem gerechten Zugang zu KI-Technik für alle (3 %) beschäftigt demnach nur wenige Lehrkräfte. Nicht einmal jeder Dritte (29 %) gab an, sich zum Einsatz von KI in der Lehre fortgebildet zu haben.

Handlungsbedarf

Aus den Umfrageergebnissen leiten die Autoren fünf Handlungsempfehlungen ab. Die erste zielt darauf, dass Studenten in allen Studiengängen zumindest Basiskompetenzen im Umgang mit KI erlernen. Dazu sollen Hochschulen die Leiter sämtlicher Fachbereiche beauftragen, den Erwerb von KI-Kompetenz in ihren Studienplänen zu verankern. Im Hinblick auf Prüfungen sollten die Studiengänge das Entweder-oder-Denken hinter sich lassen, das zum unreglementierten Einsatz oder zum kompletten Verbot von KI-Tools in Prüfungen führt. Ziel sei ein „durchdachtes Portfolio […], das mit unterschiedlichen Prüfungsformaten die entsprechenden Lernziele adressiert“.

Drittens fordern die Autoren Hochschulen dazu auf, für ihr Personal KI-Weiterbildungen anzubieten, vor allem aber die dafür nötigen zeitlichen Freiräume zu schaffen. Die vierte Empfehlung gilt dem gerechten und datenschutzkonformen Zugang zu KI-Tools für alle Studenten, unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen. Dazu sollten Hochschulen Sammellizenzen für kostenpflichtige KI-Tools kaufen. Die vielfältigen neuen Herausforderungen durch künstliche Intelligenz können Hochschulen nach Ansicht der Autoren am besten gemeinsam meistern. Die fünfte Empfehlung lautet daher, dass Bildungseinrichtungen untereinander einen offenen, kritischen Diskurs führen.

Fokus auf KI

Der Bericht mit Fokus auf der KI-Nutzung ist eine Sonderauswertung der vom HFD regelmäßig erhobenen Daten und gibt einen Ausblick auf dessen diesjährigen „Monitor Digitalisierung 360°“. Für diese alle zwei Jahre veröffentlichte Bestandsaufnahme zum generellen Stand der Digitalisierung an deutschen Hochschulen befragen Mitarbeiter des HFD Hochschulleitungen, Support-Mitarbeiter, Hochschullehrer und Studenten aus ausgewählten Fachrichtungen. Die vollständige Auswertung will das HFD im Herbst 2024 veröffentlichen. (dwi@ct.de)

Studie (PDF): ct.de/y9nj

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