c't 26/2024
S. 54
Vorsicht, Kunde
Solarspeicher
Vorsicht Kunde

Hingehalten

Senec lässt Kunden mit defektem Solarstromspeicher im Stich

Ist ein Produkt defekt, muss der Hersteller sich während der Gewährleistungsfrist um die Reparatur oder den Austausch kümmern. Die Servicestelle des Batteriespezialisten Senec jedoch ignorierte einen Kunden mit einem defekten Stromspeicher über Monate.

Von Daniel Szöke

Christopher S. kaufte sich im Dezember 2022 einen Batteriespeicher, um den Strom seiner Photovoltaik-Anlage zu speichern. Der tagsüber ungenutzte Strom sollte nicht für geringen Profit ins Netz eingespeist werden, sondern dabei helfen, den teuren Strombezug aus dem Netz in der Nacht zu vermeiden. Der Speicher Senec.Home V2.1 bot eine Kapazität von 7,5 kWh und eine zehnjährige Garantie, das sollte die Nutzung des selbst erzeugten Solarstroms optimieren.

Doch am 6. Juni 2023 erschien das erste Mal eine Fehlermeldung auf dem Speicher-Display: „Abschaltung Lithium“. Danach verweigerte der Speicher den Dienst. Nachdem er den Speicher sowie die Sicherung ein- und ausschaltete, funktionierte das Gerät wieder, aber Christopher S. war irritiert. Er kontaktierte den für den Speicher zuständigen Fachpartner, das Subunternehmen, das den Speicher im Auftrag von Senec installiert hatte und verwaltete. Senec lieferte im August Ersatzteile für den Wechselrichter, der Fachpartner installierte sie.

Der Austausch brachte keine Besserung. Immer wieder erschienen Fehlermeldungen, daraufhin wechselte das Unternehmen im Januar 2024 die Netzwerkkabel. Doch der Speicher fiel weiterhin aus, an manchen Tagen bis zu fünfmal. Und jedes Mal musste Christopher S. den Speicher manuell aus- und wieder einschalten.

Das Geisterhaus

Im Februar 2024 erschienen zusätzlich neue Fehlermeldungen wie „Keine Kommunikation Ladegerät“. Und nicht nur das Ladegerät schien ein Kommunikationsproblem zu haben. Denn auch Senec antwortete nicht mehr auf die Tickets, die Christopher S. in der App erstellte. Die Servicestelle ignorierte auch ein Reklamationsschreiben, das der Fachpartner im März abschickte. Erst nach einer erneuten Anfrage durch den Fachpartner drei Monate später gab es eine Reaktion. Senec schrieb: „Die Herausforderungen an dem System sind SENEC bekannt und derzeit in interner Klärung. Wir melden uns bei Ihnen, sobald neue Erkenntnisse vorliegen“.

Und als ob das nicht schon genug wäre, tauchte ein weiteres Problem auf. Senec benachrichtigte betroffene Kunden, darunter auch Christopher S., dass es die Speicherkapazität des Solarspeichers aus Sicherheitsgründen auf siebzig Prozent drosseln müsse. Senec versprach, die Lithium-Ionen-Batterien durch Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) zu ersetzen, um das Problem zu beheben. Das Unternehmen reagierte mit dieser Maßnahme darauf, dass einige Speicher in Brand geraten waren.

Christopher S. fand sich mit der Drosselung ab, schließlich zahlte Senec dafür einen Ausgleich. Die Berechnungsgrundlage ist die Anzahl der Tage, an denen der Batteriespeicher mehr als 70 Prozent hätte speichern können. Nur arbeitet der Speicher von Christopher S. nicht korrekt. So schaltet er meist schon mittags ab, den Schwellenwert von 70 Prozent erreicht er selten. Und ist Christopher S. außer Haus, funktioniert der Speicher fast den gesamten Zeitraum nicht, weil niemand da ist, um ihn nach einem Fehler immer wieder einzuschalten. Die Kulanzzahlungen fallen deshalb in seinem Fall viel zu gering aus. Aber auch wenn der Speicher sich bei einem Füllstand von 40 Prozent abschaltet, verliert Christopher S. Strom und dadurch Geld. Deshalb forderte er eine Entschädigung.

Christoph S. hatte 7243,50 Euro für einen Speicher bezahlt, der fast eineinhalb Jahre lang einen Defekt aufwies.
Christoph S. hatte 7243,50 Euro für einen Speicher bezahlt, der fast eineinhalb Jahre lang einen Defekt aufwies.

Im Juli 2024 erhielt Christopher S. dann doch noch ein Lebenszeichen: Senec bestätigte, dass die Reparatur seines Speichersystems mit höchster Priorität vonstattengehen sollte, zusammen mit dem Austausch gegen einen Speicher der neusten Generation mit LFP-Modulen. Das Versprechen hielt Senec jedoch nicht. Als Christopher S. wissen wollte, ob die Reparatur noch erfolgt und wann der genaue Austauschtermin ist, folgte eine Nachricht mit weniger sonnigen Aussichten: Eine Reparatur fände vor dem Austausch durch LFP-Batterien nicht statt, schrieb Senec. Dies habe „vor allem logistische Gründe“.

Zuvor hatte Senec geschrieben, dass der Austausch der Batterien im dritten Quartal 2024 bis dritten Quartal 2025 stattfinde. Im schlimmsten Fall müsste der Kunde ein weiteres Jahr mit seinem defekten Speicher warten. Einen konkreten Austauschtermin könne das Unternehmen nicht nennen, schrieb Senec in einer weiteren E-Mail. Seit August 2024 herrschte wieder Totenstille. Dabei läuft die Garantie des Speichers bis zum Dezember 2032.

Mit dem Latein am Ende

Christopher S. beriet sich daraufhin mit einem Anwalt und wandte sich an die c’t-Redaktion. Inzwischen fragte sich Christopher S. nicht nur, wann das Unternehmen das defekte Gerät austauschen und wie es die fehlende Leistung entschädigen werde. Besonders sorgt er sich um die Sicherheit des Speichers, dem das ständige An- und Ausschalten womöglich nicht guttut.

Wir baten Senec deshalb am 17. Oktober um eine Stellungnahme. Wir fragten, was genau die logistischen Gründe waren, aus denen Senec die Reparatur ablehnte und wann denn nun der angekündigte Austauschtermin stattfindet. Ob die Fehlerursache für die Fehlercodes „NPU Fehler“ und „Abschaltung Lithium“ beim Kunden bekannt sei und ob der Defekt bei anderen Kunden vorkomme, fragten wir auch.

„Viele Ihrer gestellten Fragen können wir Ihnen aus Datenschutzgründen jedoch leider nicht beantworten“, schrieb Senec. Und das, obwohl wir unserer E-Mail eine Datenfreigabeerklärung von Christopher S. beigefügt hatten, mit der er sein ausdrückliches Einverständnis erklärte, dass uns Senec über den Fall informiert. Danach wird die E-Mail konkreter: „Unser Kundendienst hat heute auch persönlich mit Herrn S. telefoniert, um ihm die Fragen zum weiteren Vorgehen persönlich zu beantworten.“ Außerdem sei Senec „engagiert, dem Wunsch des Kunden nach einem zeitnahen Speicheraustausch nachzukommen“. Einen Termin nannte Senec nicht.

Statt auf den Fall von Christopher S. einzugehen, erklärte Senec uns Grundsätzliches: Der kostenlose Wechsel sei Ende Juli 2024 gestartet. 25 Prozent der betroffenen Kunden hätten bereits neue Module oder Speicher erhalten. Senec gehe davon aus, dass es bis Ende des Jahres 50 Prozent der betroffenen Systeme austauschen würde. Unsere Frage nach einer Entschädigung für den defekten Speicher beantwortete Senec nicht. Stattdessen ging die Stellungnahme nur auf die bereits bekannte Entschädigung für die Drosselung ein, dem zweiten Problem des defekten Speichers.

Exodos

Wir waren also auf den Bericht von Christopher S. angewiesen. Der Kundendienst meldete sich beim überraschten Kunden offenbar wegen eines Tickets, das er einen Monat zuvor erstellt hatte. In dem hatte er Bedenken wegen der Sicherheit des Speichers angemeldet. Der Kundendienst habe im Telefonat noch einmal bestätigt, dass eine Reparatur nicht mehr stattfinde. Christopher S. berichtete, dass der Kundendienst keinen Austauschtermin nennen konnte.

Der Gesprächspartner habe Christopher S. vorgeschlagen, den Speicher stillzulegen. Dem sagte Christopher S. zu. Nicht nur, weil es dafür eine höhere Kulanzzahlung gibt. Sondern auch, weil er einfach keine Nerven mehr hat, den Speicher ständig an- und auszuschalten. Somit hatte sich das teure und zeitaufwendige Problem für Christopher S. erledigt. Mehr als ein Jahr und vier Monate war der Speicher defekt gewesen.

Senec hat sich nicht nur kundenunfreundlich verhalten, sondern auch die Rechte des Kunden missachtet: Wenn eine Reparatur nicht möglich ist, hat der Kunde ein Recht auf eine Rückabwicklung. Das hatte er mit mehrer

en Reklamationsschreiben, Telefonaten und E-Mails eingefordert, aber das Unternehmen hat diesen Wunsch vollkommen ignoriert und sich zeitweise tot gestellt. Selbst auf unsere Nachfrage hin kam Senec dem Kunden nicht entgegen. Statt einen Lösungsvorschlag zu kommunizieren, verschanzte sich das Unternehmen hinter haltlosen Datenschutzbedenken.

Dabei ist die Sachlage klar: Wenn eine Nachbesserung scheitert, steht Christopher S. eine Erstattung des Kaufpreises (7243,50 Euro, ohne Mehrwertsteuer) oder die Lieferung eines neuwertigen und funktionsfähigen Systems zu. Außerdem konnte Christopher S. mehr als ein Jahr und vier Monate lang den mit seiner PV-Anlage erzeugten Überschussstrom nicht speichern. Statt abends den selbst gespeicherten und damit kostenlosen Strom zu verbrauchen, musste er Strom teuer einkaufen. Aus unserer Sicht wäre es angemessen, wenn er eine Entschädigung für den gesamten Zeitraum des Defekts erhalten würde. (uma@ct.de)

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