Flash-Jubilar
Erfolg mit Tücken: Der USB-Stick wird 25
Unscheinbar und allgegenwärtig: Rund 10 Millionen USB-Sticks kaufen deutsche Privatleute jedes Jahr. Wir schauen auf eine Erfolgsgeschichte und ihre Tücken.
Wer der wirkliche Erfinder des USB-Sticks war, ist nicht ganz klar: Dev Moran von M-Systems, Shimon Shmueli von IBM, Fujio Masuoka von Toshiba oder Henn Tan von Trek 2000. Jedenfalls war die Idee prima. Fast jeder hat ein paar der millionenfach verkauften Speicherstäbchen herumliegen. Denn sie funktionieren nicht bloß an jedem PC und den meisten Notebooks ohne zusätzliche Adapter, sondern auch an vielen anderen elektronischen Produkten. Vor 25 Jahren kamen die ersten USB-Sticks auf den Markt, 16 Megabyte (!) kosteten damals 190 D-Mark, also umgerechnet rund 90 Euro [1].
Heute zahlen Privatleute im Durchschnitt 10 Euro pro Stick und bekommen dafür 128 GByte, also die 8000-fache Kapazität. Möglich machen das die rasanten Fortschritte der Halbleitertechnik, denn im Kern bestehen USB-Sticks aus nichtflüchtigen NAND-Flash-Speicherchips. Diese hängen an einem winzigen, billigen Controllerchip, der die gespeicherten Daten verwaltet und mit dem USB-Host kommuniziert. Mithilfe standardisierter Protokolle und Dateisysteme klappt das mit einer riesigen Fülle von Geräten; außer mit dem PC, Notebook, Mac, Tablet, Smartphone auch mit dem Fernseher, Autoradio, Stereoanlage, Bastelcomputer und mit digitalen Messgeräten.
Böse Buben
Der phänomenale Erfolg des USB-Sticks lockte schon früh Betrüger an, die Käufer übers Ohr hauen – bis heute. Seit 23 Jahren berichten wir in c’t immer wieder über gefälschte USB-Sticks [2] sowie auch Speicherkarten und SSDs. Der Trick ist simpel: Die manipulierte Firmware des Controllers meldet dem Host schlichtweg mehr Kapazität, als in Form von Flash-Speicherzellen tatsächlich vorhanden ist [3]. Das geht so lange gut, bis der real existierende Speicher voll ist; danach überschreibt der Controller schon vorhandene Daten und vernichtet sie also. Offenbar fällt das vielen Käufern von Fälschungen lange Zeit nicht auf.
Jahrelang wurden USB-Sticks mit angeblich 1 oder 2 TByte Kapazität verkauft, die zwangsläufig Fälschungen waren, weil es lange Zeit gar keine echten Sticks mit dermaßen viel Flash-Speicher gab. Mittlerweile existieren welche, sie sind ab etwa 60 Euro erhältlich. Wesentlich billiger können sie erst werden, wenn auch Flash-Speicherchips im Preis fallen.
Die Fälscherei von Flash-Speichermedien durch simple Manipulation der Controller-Firmware ist ein typisches Beispiel für die Sorglosigkeit, mit der Hersteller einst an die Technik herangingen. Diese Arglosigkeit gegenüber Betrügern schleppen die Flash-Hersteller nun seit einem Vierteljahrhundert mit. Denn eigentlich stehen seit vielen Jahren Verfahren bereit, um unerwünschte Firmware-Änderungen mit kryptografischen Signaturen mindestens zu erschweren.
USB-Sticks werden vor allem über den Preis verkauft, es herrscht enormer Konkurrenzdruck – und nur wenige Käufer achten auf Qualität. Deshalb löten die Hersteller in die meisten Sticks möglichst billige Flash-Chips. Nämlich solche, die sich nicht für höherwertige und pro Gigabyte teurere Produkte wie SSDs und schnelle Speicherkarten eignen, weil sie zu langsam sind, zu wenige Schreibzugriffe verkraften oder beides. Besonders billige USB-Sticks sind oft auch besonders lahm, sie schaffen nicht einmal 45 MByte/s – die Maximalgeschwindigkeit der mehr als 20 Jahre alten USB-2.0-Technik.
Es lohnt sich deshalb, beim Kauf von USB-Sticks auf Angaben zur Datentransferrate zu achten. Für wenige Euro Aufpreis bekommt man Speicherstifte, die zumindest beim Lesen mehr als 100 MByte/s schaffen. Beim Schreiben sind viele Flash-Speichermedien deutlich langsamer, aber 80 MByte/s sind kein Problem, zumindest für kleinere Datenmengen von einigen Gigabyte. Denn ebenso wie SSDs nutzen viele moderne USB-Stick-Controller einen Teil der Flash-Speicherzellen als schnelleren Schreibcache, indem sie diese im Single-Level-Cell-(SLC-)Modus betreiben. Ist dieser Pseudo-SLC-Cache gefüllt, bricht die Schreibgeschwindigkeit ein. Dann schlägt die langsamere Geschwindigkeit der heutzutage üblichen Flash-Bausteine mit Triple- oder Quad-Level-Cells (TLC/QLC) durch. Das spielt in der Praxis kaum eine Rolle, weil man nur selten riesige Datenmengen am Stück kopiert. Auch wirklich schnelle USB-Sticks, die 1 GByte/s liefern, sind längst bezahlbar – es sind quasi miniaturisierte USB-SSDs [4].
Stick-Geschichte
Die Geschichte der USB-Stick-Technik haben wir zum 20. Geburtstag ausführlich beleuchtet [1]. Ende der 1990er-Jahre waren die Voraussetzungen da: Einerseits gab es bereits Flash-Speicherkarten wie CompactFlash (CF) mit IDE-Schnittstelle, andererseits waren seit 1996 Desktop-PCs mit Intels Chipsatz 440FX auf dem Markt, der USB 1.1 beherrschte. Da lag die Idee nahe, Flash-Speicher mit einem USB-Controller zu koppeln, der direkt am PC funktioniert, der also unmittelbar mit dem USB-Host ohne zwischengeschaltetes Lesegerät kommuniziert.
Seinerzeit fehlte aber noch eine wichtige Zutat: ein im Betriebssystem integrierter Standardtreiber für USB-Massenspeichergeräte (Mass Storage Devices, MSD). Bei Windows 98 und Windows NT musste man vor dem Anstecken eines USB-Sticks deshalb erst einmal einen passenden Treiber installieren, etwa per Diskette – eine heute fast vergessene Technik. Erst Windows ME und 2000 brachten USB-MSD-Treiber mit, bei Linux und OS/2 folgten sie später.
Als dann immer mehr Rechner in Betrieb waren, die sowohl eine USB-Buchse als auch die nötigen Treiber hatten, und Flash-Speicher immer billiger wurde, schossen die Verkaufszahlen von USB-Sticks in die Höhe. Nach und nach ersetzten die praktischen Stifte etwa beschreibbare optische Speichermedien. Dank immer schnellerer Datenleitungen konnte man endlich auch komplette Betriebssysteme als Image herunterladen und vom Stick installieren.
Mit wachsender Kapazität der Sticks tauchten immer mal wieder neue Hürden auf. Das Dateisystem FAT taugte nur bis 2 GByte, bald setzte sich FAT32 auf breiter Front durch. Doch eine einzelne Datei kann bei FAT32 höchstens 4 GByte groß sein – ein Problem etwa für große Images. Mit NTFS hakte es anfangs unter Linux und macOS, Unterhaltungselektronik kommt damit bis heute meistens nicht klar. Beim designierten Nachfolger exFAT war Microsoft zu gierig und forderte zunächst Lizenzgebühren. Das erschwerte den Umstieg und wirkt bis heute nach, weil die Firmware in älterer Unterhaltungselektronik dieses Dateisystem nicht kennt.
Heutzutage ist Flash-Speicher spottbillig, einen schnellen USB-Stick mit 256 GByte bekommt man ab 15 Euro. Doch seit etwa neun Jahren sinken die Verkaufszahlen deutlich, weil sich die Gewohnheiten ändern: Immer mehr Menschen nutzen Cloudspeicher, Musik und Videos fließen per Streaming direkt auf Abspielgeräte wie Fernseher, Smartphones und Tablets. USB-Sticks sind jedoch dermaßen praktisch und flexibel nutzbar, dass sie sicherlich noch lange nicht aussterben werden. (ciw@ct.de)