Bild: Moritz Reichartz

Heizungs-Upgrade

Smarte Thermostate, Heizmodule und Zwischenstecker: Nachrüst-Technik für sparsames Heizen

Man kann auch Energie sparen, ohne die Heizungsanlage komplett umzukrempeln. Es braucht lediglich kluge Ventile, ein Wandthermostat oder die günstige Verbindung mit der Cloud. Kommt dann noch ein Balkonkraftwerk ins Spiel, kann man auch mit überschüssigem Sonnenstrom heizen.

Von Sven Hansen

Möchte man Heizkosten einsparen, gilt wie beim Stromsparen der Grundsatz „Viel Feind, viel Ehr“: Kennt der Energieverbrauch Ihres Haushalts seit Jahren nur die Richtung „höher“ und sind vielleicht ein paar weniger sparsame Haushaltsmitglieder oder gar Teenager involviert, lohnt es sich, dranzubleiben. Sollten Sie hingegen schon den vorigen Winter diszipliniert mit zugedrehten Heizungsventilen im Wollpulli verbracht haben, haben Sie Ihr Sparpotenzial bereits ausgeschöpft.

Ventilwechsel

Beim Sparen von Heizkosten geht es im Wesentlichen darum, weniger zu heizen, die Wohlfühltemperatur also immer nur in dem Raum zu genau der Zeit vorzuhalten, zu der die Bewohner sie benötigen. Bei den Heizungsventilen anzusetzen ergibt durchaus Sinn, denn sie können jeden einzelnen Heizkörper punktgenau abregeln.

Standardventile nehmen einen ungefähren Temperaturwunsch über den Drehknauf entgegen und messen – meist ebenso vage – die Raumtemperatur dicht am Heizkörper. Ist man zwei Wochen auf Urlaub und die Thermostate stehen auf „3“, bleibt die Bude auf Komforttemperatur.

Schon die einfachste Form eines unvernetzten digitalen Thermostaten kann mehr. Die Geräte erlauben es, die Temperatur in Grad präzise zu wählen und erfassen die Raumtemperatur deutlich genauer als die analogen Thermostate. Einfache No-Name-Exemplare bekommt man für 15 Euro in jedem Baumarkt. Für 10 Euro mehr bekommt man Thermostate, die per Bluetooth mit dem Smartphone kommunizieren.

Alle digitalen Thermostate können einen Zeitplan speichern, nach dem sie die Temperatur über den Verlauf eines Tages oder einer Woche automatisch regeln. Wer solche Zeitpläne schon mal über vier Tasten einer Zeitschaltuhr eingepflegt hat, freut sich über die Erleichterung durch die per Bluetooth angebundene App. So verändert man den Timer und steuert einzelne Heizkörper bequem vom Sofa aus mit dem Smartphone.

Bluetooth hat einen zusätzlichen Vorteil: Jedes halbwegs aktuelle Smartphone versteht sich auf den Standard und man benötigt keine weitere Smart-Home-Infrastruktur. Allerdings ist der Kommunikationsstandard arg begrenzt, wenn es um die Reichweite geht. Mehrere Heizkörper gleichzeitig bekommt man damit nicht in den Griff.

Einfache digitale Thermostate mit Bluetooth bekommt man schon für 25 Euro im Baumarkt (links). Wer eine Fritzbox mit DECT besitzt, kann sie als Smart-Home-Zentrale nutzen (Mitte). WLAN-Thermostate wie das von Shelly (rechts) kommen ohne zusätzliches Gateway aus.
Einfache digitale Thermostate mit Bluetooth bekommt man schon für 25 Euro im Baumarkt (links). Wer eine Fritzbox mit DECT besitzt, kann sie als Smart-Home-Zentrale nutzen (Mitte). WLAN-Thermostate wie das von Shelly (rechts) kommen ohne zusätzliches Gateway aus.

Thermostate mit ZigBee-Funk haben diesbezüglich mehr zu bieten, denn sie können untereinander kommunizieren und erweitern das Funknetz mit jedem hinzukommenden Adapter. Viele Insellösungen zum smarten Heizen wie die von Revolt arbeiten nach diesem Standard.

Um Geräte mit proprietären Funkstandards per App zu steuern, benötigen Sie ein Gateway, das eine Brücke zum Beispiel zwischen ZigBee-Funk und dem heimischen WLAN schlägt. Ist das Gateway eingerichtet und mit dem Internet verbunden, erlauben solche Systeme die Steuerung aller Thermostate im Haushalt lokal oder aus der Cloud. Ein Eingriff ist somit auch von außen möglich, um etwa die Heizung im nebligen Deutschland direkt vom Strand des Winterdomizils aus in den Urlaubsmodus zu schicken.

Die smarten Thermostate von Revoltec mit gut lesbarem LC-Display kommunizieren untereinander via ZigBee. Aus diesem Grund benötigen sie eine zusätzliche WiFi-Bridge (rechts), damit sie auf Befehle von einer App (Elesion, Tuya oder Smart Life) oder aus der Cloud reagieren können.
Die smarten Thermostate von Revoltec mit gut lesbarem LC-Display kommunizieren untereinander via ZigBee. Aus diesem Grund benötigen sie eine zusätzliche WiFi-Bridge (rechts), damit sie auf Befehle von einer App (Elesion, Tuya oder Smart Life) oder aus der Cloud reagieren können.

Gleichzeitig bietet die Cloud Möglichkeiten, Informationen aus dem Netz in die Heizungssteuerung einfließen zu lassen. Die Sonneneinstrahlung etwa kann je nach Raumausrichtung den Einsatz der Heizung selbst an kalten Wintertagen erübrigen. Dieser „Wintergarten-Effekt“ lässt sich zum Energiesparen nutzen, wenn man die Sonnenscheinprognose aus der Cloud mit der Heizungssteuerung verknüpft (siehe Kasten auf S. 32).

Fensteröffnungssensoren sollte man zumindest in allen Räumen installieren, in denen die Bewohner oft „auf kipp“ lüften. Zwar haben schon viele einfache digitale Ventile eine Fenster-auf-Erkennung, allerdings greift diese oft zu zögerlich ins Heizgeschehen ein. Ist das System hingegen direkt mit einem Sensor gekoppelt, dreht es alle Heizkörper im Raum sofort ab, sobald ein Fenster auf Kippstufe gestellt wird und man heizt nicht für die Erderwärmung.

Smart-Home-Systeme (hier von Homematic IP) benötigen eine Steuerzentrale (rechts), lassen sich dafür aber mit vielen zusätzlichen Komponenten ergänzen: Wandthermostate, die mehrere Heizkörper steuern, Öffnungs-Sensoren oder eine Rolladensteuerung.
Smart-Home-Systeme (hier von Homematic IP) benötigen eine Steuerzentrale (rechts), lassen sich dafür aber mit vielen zusätzlichen Komponenten ergänzen: Wandthermostate, die mehrere Heizkörper steuern, Öffnungs-Sensoren oder eine Rolladensteuerung.

Deutlich kostspieliger in der Anschaffung sind ausgewachsene Smart-Home-Systeme wie die von Bosch, Homematic IP oder Rademacher. Allein die jeweilige Smart-Home-Zentrale kostet rund 150 Euro. Dafür lassen sich in ein solches System neben Heizkörperthermostaten auch zahlreiche Komponenten wie ein Wandthermostat, Öffnungssensoren oder anderes Zubehör einbinden. Über den Tagesverlauf gesteuerte Rollläden helfen etwa, wärmende Sonnenstrahlen auch im Winter einzufangen und isolieren in der Nacht durch automatisches Herunterfahren zusätzlich, um die Wärme zu halten.

Über einen Wochenplan sollte man die Temperatur grob an den wechselnden Wärmebedarf an Arbeitstagen und Wochenenden heranführen. Die Feinsteuerung übernehmen die Bewohner direkt am Thermostat oder Smartphone. Fast alle smarten Heizkörperventile unterstützten zudem einen Abwesenheitsmodus, um die Zeitpläne für längere Zeit auszusetzen und auf eine niedrigere Grundtemperatur abzufallen. Fest einprogrammiert ist auch die Frostsicherung, die das System vor Schäden während längerer Kälteperioden selbst bei Abwesenheit schützt.

Smart verdrahtet

Anwesenheitserkennung ist generell ein heißes Thema bei der Smart-Home-Steuerung – nicht erst seit der Erfindung des Homeoffice. Wüsste das System, wer im Haushalt wie lange anwesend und abwesend ist, ließe sich nicht nur die Heizungssteuerung passgenau automatisieren. Doch dieser auf den ersten Blick recht einfache Informationshappen ist in der Praxis schwierig zu schnappen. Mit jedem zusätzlichen Haushaltsmitglied potenzieren sich die möglichen Fallstricke.

Smarte Kamerasysteme mit Personenerkennung wie Netatmos Welcome erheben die nötigen Informationen, Bewegungsmelder in der Wohnung oder das Tracking der im heimischen Netz angemeldeten Handys über die Fritzbox liefern weitere Indizien. Doch selbst wenn man diese Aufwand betreibt, fehlt für die korrekte Heizungssteuerung eine entscheidende Ebene: die der Intention. Ob eine Person nur kurz anwesend ist, um Blumen zu gießen oder gekommen ist, um es sich im Wohnzimmer bequem zu machen, kann das System nicht wissen.

Eine halbwegs komfortable Lösung für dieses Problem bietet ein Familienkalender in der Cloud, der die Informationen für die Steuerung im Smart-Home liefert. Hier lassen sich solche Intentionen – etwa längere Abwesenheiten bei Urlaub oder ein verlängertes Wochenende – eintragen, um sie für die Heizungssteuerung zu nutzen. Ein solcher Kalender lässt sich sogar als „Buchungssystem” für selten genutzte Räume einsetzen. Wenn man das Heimkino im Keller ohnehin nur alle zwei Wochen besucht oder in der Bibliothek im Westflügel schon länger nicht mehr vorbeigeschaut hat, müssen diese Räume nicht dauerhaft auf Komforttemperatur gehalten werden. Wie sich ein solcher Raum auf Zuruf über Alexa „buchen“ lässt, damit er zum gewünschten Nutzungszeitpunkt wohlig warm bereitsteht, zeigt der Kasten „Reservierungs-Service“ auf Seite 33.

Leben wie Graf Strom

Holt man sich ein Balkonkraftwerk ins Haus, steht man – wenn auch im kleinen Rahmen – vor neuen Herausforderungen. An manchen Tagen produzieren die Panels mehr Strom als man gerade gebrauchen kann, und die Kleinstanlagen sind von der Einspeisevergütung ausgeschlossen. Überproduzierten Strom speist man gratis ins Netz ein. Klirrende Kälte geht meist mit klarem Himmel einher – den Überschuss im Winter zu verheizen, statt ihn zu verschenken, liegt also nahe.

Balkonanlagen bringen qua Gesetz maximal 600 Watt Leistung. Zieht man grob 100 Watt Grundlast für den Haushalt ab, bleiben immerhin noch 500 Watt zum Heizen. Das ist nicht viel, reicht aber für smarte Zusatzheizungen, mit denen man Wärme möglichst dicht an den Körper bringt.

Die moderne Variante der Fußbodenheizung etwa ist weder aufwendig in der Installation noch besonders träge beim Anheizen. IR-Folienheizungen wie die von Calorique gibt es mit niedriger Heizleistung von unter 100 Watt/qm. Sie passen zum Beispiel unsichtbar unter dünnen Klick-Vinyl-Böden und sorgen ohne lange Vorwärmzeit für warme Füße. WLAN-Wandthermostate wie das von MoesGo machen sie per Smart Home steuerbar.

Eine andere Variante der elektrischen Zusatzheizung sind IR-Panels wie die von Könighaus. Die abgegebene Infrarotstrahlung erzeugt ein direktes Wärmeempfinden auf der Haut, sodass die Raumtemperatur niedriger eingestellt werden kann. Zur Mittagszeit liefert die Sonne die meiste Energie und heizt einige Räume durch die Fenster ohnehin auf. Speicherheizungen wie die von Marmony verteilen die zu Spitzenzeiten zugeführte elektrische Leistung als Wärmeenergie. Sie nutzen hierzu einfach die Masse einer rund 20 Kilo schweren Marmor- oder Jura-Platte, in die Heizdrähte eingebracht sind. Im Labor strahlte ein Marmony-Heizer noch eineinhalb Stunden Wärme ab.

Smarte Zwischenstecker erlauben es, überproduzierten Strom zu nutzen. Die Stecker von Ucomen und GoSund (links, rechts) messen die Leistung und lassen sich über die Smart-Life-App verknüpfen. Das Modell von Mystrom (Mitte) kommt mit einer Solarfunktion, die Smart-Home-Trigger per Mail versenden kann.
Smarte Zwischenstecker erlauben es, überproduzierten Strom zu nutzen. Die Stecker von Ucomen und GoSund (links, rechts) messen die Leistung und lassen sich über die Smart-Life-App verknüpfen. Das Modell von Mystrom (Mitte) kommt mit einer Solarfunktion, die Smart-Home-Trigger per Mail versenden kann.

Das passgenaue „Verheizen“ des überproduzierten Stroms ist nicht so einfach, da man die derzeit ins Netz gespeiste Leistung direkt am Stromzähler abgreifen müsste – schließlich gibt es noch andere Verbraucher im Haus. Der Kasten „Graf Strom“ zeigt einen einfachen Weg, wie Sie mit günstigen Cloud-Zwischensteckern die Einspeisung direkt am Balkonkraftwerk messen und mit dieser Information eine Zusatzheizung steuern können.

Fazit

Halbieren wird man seine Heizkosten mit smarter Technik kaum. Insgesamt bewusster heizen und Energie gezielter einsetzen kann man sehr wohl. Die kleine Spielerei mit dem Balkonkraftwerk weist dabei in eine Richtung, die uns in Zukunft häufiger beschäftigen wird. Im Zuge der Energiewende werden die Schwankungen im Netz in Abhängigkeit von Wind und Solar stetig zunehmen. Energiesparen ist wichtig – sie sinnvoll zu nutzen, wenn sie im Überfluss vorhanden ist, wird noch wichtiger sein. (sha@ct.de)