Eine Frage des Antriebs
Warum man 2023 ein E-Auto haben will, einen Hybrid bekommen könnte und den Verbrenner womöglich behalten sollte
Energiekrise, Klimakrise, Chipkrise: Wer dieses Jahr ein Auto kaufen möchte, steht vor einer schwierigen Entscheidung. Dass eines Tages ein E-Auto vor der Tür steht, ist sicher. Ob es schon dieses Jahr so weit sein sollte, bleibt die große Frage.
Die Käufer agieren verunsichert: Im Januar dieses Jahres verzeichnete das Kraftfahrtbundesamt einen deutlichen Rückgang der Zulassungszahlen gegenüber dem Vorjahr. Zu stark schwanken die Kosten für unterschiedliche Energieträger, die äußeren Faktoren scheinen unberechenbar zu sein.
Auf politischer Ebene beschäftigt man sich derweil mit der fernen Zukunft. Das Jahr 2035 und der Kampf für oder gegen das angebliche Verbrennerverbot der EU verdrängen wichtige Themen im Hier und Jetzt. Wie schaut es mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur aus, welche Brückentechnologien spielen beim Übergang zu klimafreundlichen Mobilitätsalternativen die wichtigste Rolle und wie kann Mobilität für alle Gesellschaftsschichten dauerhaft erschwinglich bleiben?
In diesem Artikel steht die individuelle Entscheidung im Vordergrund. Was für ein Fahrzeug lege ich mir zu, sollte ich den Schritt zur E-Mobilität wagen oder zu den immer häufiger angebotenen Mischformen greifen? Hybridfahrzeuge versprechen das Beste aus beiden Welten und wollen Dieselreichweite mit emissionsfreiem E-Fahrer-Spaß verbinden. Mehr zur Technik der Hybriden bringt der Artikel auf Seite 22.
Ökonomie und Ökologie sind die zwei Perspektiven, die vernünftige Menschen beim Autokauf einnehmen. Der Spaß am Fahren soll natürlich auch nicht zu kurz kommen, aber da ist in deutschen Gefilden eher vornehme Zurückhaltung angesagt. Mit niedrigem CO2-Ausstoß oder schneller Ladung am Gratis-Charger kann man in den meisten Peergroups inzwischen eher punkten als mit reinem PS-Geprotze, und das ist auch gut so. Grundsätzlich gilt: Am billigsten und ökologischsten ist man mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs.
E-Auto jetzt?
An den grundlegenden Fragen vor dem Kauf eines E-Autos hat sich seit unserem Schwerpunkt in c’t 10/2022 wenig geändert. Die wichtigste unter ihnen sollte man in jedem Fall vorab klären: Wo kann ich das Fahrzeug laden? Einiges spricht dafür, dass schon das Laden im Schneckentempo an einer diskret abgesicherten Schukosteckdose daheim für ein stressfreies E-Fahrerleben genügt. Faustformel: In sechs Stunden tröpfeln bei 3,6 kW rund 100 km Reichweite in die Batterie. Eine Nacht reicht deshalb üblicherweise aus, um den Wagen auf den nötigen Akkustand für den Tag zu bringen.
Eine Wallbox mit 11 kW erhöht Geschwindigkeit und Flexibilität, die Installationskosten liegen aber um ein Vielfaches höher. Stärkere Absicherung, fünfadrige Verkabelung mit hohem Querschnitt, die Wallbox und ein paar Elektrikerstunden stehen auf der Rechnung. Je nach Ausgangssituation kommen da schnell 1000 Euro und mehr zusammen. Wichtig: Auch der im Auto integrierte Gleichrichter limitiert die maximale Ladegeschwindigkeit daheim mit Wechselstrom. So kann ein Fahrzeug mit DC-Ladefähigkeit jenseits der 100 kW auf der AC-Schiene trotzdem auf 7 kW beschränkt sein. Es lädt somit an der Wallbox nur ungefähr doppelt so schnell wie an einer diskret abgesicherten Schukosteckdose.
Die Schnellladefähigkeit der E-Fahrzeuge gewinnt unterwegs an der Ladesäule an Bedeutung. Beim DC-Laden ist nach wie vor eine große Brutto-Netto-Differenz zu beklagen: Wer auf eine hohe Ladegeschwindigkeit beim DC-Laden besonderen Wert legt, sollte den Maximalangaben der Hersteller nicht trauen. In der Praxis legen sie die Ladekurve möglichst schonend für den Akku aus. Die 120 kW Brutto-Schnellladeleistung schrumpfen an der Ladesäule schnell auf 60 kW oder weniger. Eher sollte man sich auf Erfahrungsberichte in Foren oder auf unsere Autotests verlassen.
Hand aufs Herz: Für die Urlaubsreise in den Süden oder als Vertreterfahrzeug sind die batteriebetriebenen E-Fahrzeuge (BEVs) nach wie vor kaum zu gebrauchen. Wenn man nicht gerade mit seinem Tesla in dessen unternehmenseigenem Superchargernetz durch Europa flitzt, bleibt ein Restrisiko, doch mal einen eingeplanten Ladepunkt zu verfehlen oder an einer defekten oder überfüllten Ladestation zu stranden.
Selbst wenn man sich grundsätzlich für ein E-Fahrzeug entschieden hat, stellt die Verfügbarkeit eine große Hürde dar. Noch immer hakt es an Chips und anderen Komponenten. Wer jetzt ein E-Auto bestellt, das erst 15 Monate später vor der Tür steht, bekommt für sein Geld die Akkukapazität vom Vorjahr und damit auch die niedrigere Reichweite. Hat man die Wahl, sollte man zur Fahrzeugversion mit dem größeren Akku greifen.
Momentan liefert Tesla am schnellsten. Elon Musk hat die Massenproduktion seiner Fahrzeuge so weit hochgefahren, dass Teslas derzeit schon ein bis drei Monate nach Bestellung beim Kunden vorfahren – mit ein Grund, weshalb der Hersteller bei den Zulassungszahlen reiner E-Autos VW den Rang ablaufen konnte. Mehr Zahlen zu E-Autos und Hybriden finden Sie in unserem Artikel „Zahlen, Daten, Fakten“ ab Seite 20.
Fördern und fordern
Wie unsere Infografik zu den E-Auto-Kosten 2022/2023 zeigt, verblassen gegenüber dem Kostenblock „Wertverlust“ alle anderen Posten. Das ist besonders misslich, denn gerade bei E-Fahrzeugen ist dieser Wert kaum seriös zu bestimmen, da sich der Gebrauchtwagenmarkt noch gar nicht voll entwickelt hat. Die Prüforganisation DEKRA bietet schon lange einen Gebrauchtwagencheck für Verbrenner, aber erst seit Januar auch einen Batteriecheck für E-Fahrzeuge und Hybride.
„Momentan nutzen vorwiegend gewerbliche Kunden das Angebot“, so ein Sprecher gegenüber c’t. Was ein heute gekauftes E-Auto in vier Jahren noch Wert ist, hängt primär von Entwicklungen in der Batterietechnik ab. Kommt es zu einem Schub mit höherer Energiedichte und damit Reichweite, könnte ein „2023er“ schnell an Wert verlieren.
Das Thema Förderung bleibt bis Ende 2024 aktuell: Statt mit 9000 Euro wie 2022 werden E-Autos 2023 mit maximal 6750 Euro über den sogenannten Umweltbonus gefördert. Er gleicht den Preisunterschied ähnlich dimensionierter Verbrenner aus. Auf heise.de finden Sie in der Reihe „Strom vs. Sprit“ übrigens Gegenüberstellungen von E-Fahrzeugen und ihrer Verbrenner-Pendants.
Den Umweltbonus bekommen Neufahrzeuge und junge Gebrauchte, egal ob gekauft oder geleast. Wie bisher besteht der Gesamtbonus aus einem Herstelleranteil (Nachlass vom Listenpreis) und den jeweils doppelt so hohen Fördermitteln des Bundes. 2023 bezuschusst der Staat Fahrzeuge bis zu 40.000 Euro mit 4500 Euro, Fahrzeuge zwischen 40.000 Euro und 65.000 Euro mit 3000 Euro, noch teurere gar nicht. Ab 2024 werden nur noch Fahrzeuge bis 45.000 Euro bedacht. Nachdem 2022 insgesamt 3,2 Milliarden Euro ausgezahlt wurden, beträgt die Gesamtfördersumme für das laufende Jahr 2,1 Milliarden Euro. 2024 schrumpft der Topf für den Umweltbonus auf 1,3 Milliarden Euro.
Eine Förderung kann erst nach der Zulassung des Fahrzeugs beantragt werden. Ob der Fördertopf angesichts langer Lieferzeiten dann noch gefüllt sein wird, kann man beim Kauf nicht wissen. Einige Hersteller packen daher eine Fördergarantie ins Paket: Fällt der Bonus vom Staat aus, springen sie ein.
Zudem sind reine E-Autos bis zum 31.12.2030 von der Kfz-Steuer befreit. Plug-in-Hybride profitieren zu Recht weder von der Kfz-Steuerbefreiung noch vom Umweltbonus. Lediglich als Dienstwagen bleiben sie bei der Versteuerung der Privatnutzung privilegiert: Gewöhnliche Verbrenner werden dabei mit 1 Prozent des Bruttolistenpreises angesetzt, reine E-Fahrzeuge mit nur 0,25 Prozent, wenn sie nicht mehr als 60.000 Euro kosten. Sind sie teurer, werden sie mit 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises angesetzt – genau wie die Plug-in-Hybride.
Die Steuerbegünstigung dieser Motorisierungsvariante nimmt der Staat nur langsam zurück: Ab 2025 müssen die Hybridfahrzeuge, die extern aufladbar sind (Plug-in), mindestens 80 km statt wie bisher 60 km rein elektrisch zurücklegen können.
Privater CO2-Zertifikatshandel
Reine E-Fahrzeuge können zusätzlich von der Treibhausgasquote (THG-Quote) profitieren. Quotenverpflichtet ist jedes Unternehmen, das gewerbsmäßig Otto- oder Dieselkraftstoffe in Verkehr bringt. Der Verkauf der fossilen Treibstoffe führt zum Ausstoß von Treibhausgasen, sprich CO2, deren Ausstoß reduziert werden soll. Die vom Zoll bestimmte Quote setzt fest, wie viel Prozent des Gesamtausstoßes an CO2 ein Unternehmen kompensieren muss. Die Unternehmen erreichen die Kompensation beispielsweise, indem sie Biokraftstoffe beimengen – oder am Quotenhandel teilnehmen.
Das Umweltbundesamt setzt für vollelektrische Pkw einen Schätzwert von 2000 kWh als Jahresverbrauch an – der tatsächliche Verbrauch und auch der zum Laden genutzte Strommix spielt keine Rolle. Auf dieser Basis errechnet sich die durch ein E-Auto gegenüber einem Verbrenner erbrachte CO2-Minderung. Der Privatkunde kann diese Minderung nicht direkt in bare Münze wandeln – vielmehr werden im Pooling-Verfahren E-Fahrzeuge gebündelt zum Quotenhandel angeboten. Der Fahrzeughalter bekommt vom Pooling-Anbieter anschließend die für ein Kalenderjahr ausgewiesene THG-Prämie abzüglich Verwaltungskosten.
Der Markt bestimmt die Höhe dieser Prämie – im vergangenen Jahr rund 400 Euro. Wie wackelig die Prämie ist, zeigte sich im Januar. Es kam es zu einem Einbruch am Quotenmarkt, da der chinesische Biokraftstoff mit der unschönen Bezeichnung „Brown Grease“ fälschlicherweise auf einer Liste der Bundesanstalt für Landwirtschaft landete und den Unternehmen offenbar eine deutlich günstigere Möglichkeit bot, ihre Quote zu erfüllen.
Der Markt hat sich inzwischen beruhigt. Ob man mehr oder weniger Risiko wünscht, bleibt einem selbst überlassen. Die einen Anbieter werben mit einer niedrigeren Garantieprämie, die anderen geben die Schwankungen eins zu eins an den Kunden weiter. Die THG-Quotenverpflichtung für die Mineralölunternehmen steigern sich von Jahr zu Jahr. Der Druck im Kessel steigt also im Sinne des E-Auto-Besitzers.
Verbrennerverbot?
Kann man sich heute noch einen Verbrenner kaufen? Man kann. Die Diskussion um das von der EU verhängte „Verbrennerverbot“ wird zwar hitzig und nicht unbedingt mit Sachargumenten geführt, doch wer jetzt einen Verbrenner kauft, wird ihn bis zu dessen natürlichen Lebensende bewegen können.
Zunächst einmal handelt es sich bei der in erster Lesung vom EU-Parlament verabschiedeten Richtlinie nicht um ein Verbot. So stellte der Berichterstatter des EU-Parlaments, der Niederländer Jan Huitema, schon bei der Vorstellung der Gesetzesvorlage auf Anfrage eines Journalisten klar, dass es nicht das Ziel der Gesetzgebung sei, Verbrennungsmotoren generell zu verbannen: „Ziel ist es, dass Fahrzeuge am Endrohr keine Emissionen mehr verursachen können. Weder CO2 noch Stickstoff- oder Schwefeldioxid.“
Sollte es den Herstellern also gelingen, dieses Ziel mit einem Verbrennungsmotor zu erreichen, würden sie die Richtlinie erfüllen. Zum Stichjahr 2035 soll gelten, dass nur noch Fahrzeuge mit Null-Emission neu zugelassen werden können. Altfahrzeuge dürfen weiter fahren. Die meisten Hersteller haben ohnehin bis 2030 einen Wechsel hin zur E-Mobilität angekündigt. 2035 dürfte die Richtlinie also weitgehend ins Leere laufen – aus deutscher Sicht ist sie allerdings noch nicht so rund, als dass man ihr nicht noch die letzten Käntchen abschleifen könnte.
Ein Risiko bleibt beim Kauf eines Verbrenners: die Umweltzonen. Sie werden separat verhandelt und können sich je nach Bundesland, Kommune und Stadt unterschiedlich entwickeln. Man sollte sich innerlich darauf vorbereiten, dass man das eine oder andere Gebiet ab einer bestimmten Schadstoffklasse künftig meiden muss.
Hybrid-Skandal
Folgt man der Industrie, lautet die Antwort auf die Frage „Verbrenner oder Elektro?“ in den Jahren des Übergangs meist „Hybrid“. Doch Hybrid ist nicht gleich Hybrid, wie auch unser Technikartikel ab Seite 22 zeigt. Das Spektrum reicht vom für mehr Effizienz sanft elektrifizierten Verbrenner über Performancemodelle mit der Kraft zweier Antriebsstränge bis hin zum E-Auto mit Hilfsmotor.
Eine besonders unrühmliche Rolle spielen die nicht nur von E-Fahrern kritisch beäugten Plug-in-Hybride. Sie werden nicht nur steuerlich bevorzugt (siehe oben), sondern tragen auch ein E-Kennzeichen, kommen also in den Genuss von E-Auto-Privilegien wie dem kostenlosen Parken. Viel wichtiger: Sie werden auch zur Berechnung der von der EU festgesetzten CO2-Flottenziele der Fahrzeughersteller herangezogen.
Eine wichtige Rolle zur Einhaltung der Klimaziele bis 2035 spielen aus EU-Perspektive die ZLEVs, sogenannte „Zero or Low Emission Vehicles”. An der „Zero“ gibt es wenig zu deuteln, bei den „Low Emissions“ wird es spannend. Als „low” gelten nämlich Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von unter 50 g CO2/km. Die ZLEVs sind für die Hersteller ein Weg, die in den kommenden Jahren immer strenger werdenden Vorgaben für den Flottenverbrauch ihrer Produkte zu erfüllen. Schaffen sie das nicht, drohen Strafzahlungen.
Hier steht besonders eine Regulierungslücke so weit offen, dass die Plug-in-Hybride zur Not auch quer durchfahren können. Ausgerechnet der näher an der Realität konzipierte Fahrzyklus WLTP, der den alten NEFZ-Zyklus ablöste, bevorzugt diesen Fahrzeugtyp über Gebühr und liefert für Plug-in-Hybride am Ende kaum mehr als Fantasiewerte zum Verbrauch auf 100 km und dem damit korrespondierenden CO2-Ausstoß der Fahrzeuge.
Am Umfang der rechtlichen Vorgaben liegt es zumindest nicht, die zugrundeliegende EU-Verordnung 2017/1151 umfasst mehrere Hundert Seiten. Der Spritverbrauch eines Plug-in-Hybrids muss im Zuge des Verfahrens zwar mit und ohne Batterieladung ermittelt werden, das Endergebnis wird allerdings anhand einer verschwurbelten Formel bestimmt. Sie enthält Annahmen zur Nutzung des E-Stranges eines Hybriden, den sogenannten Utility-Factor, in Abhängigkeit der elektrischen Reichweite des Fahrzeugs. Die Formel gewichtet den elektrischen Fahranteil zu hoch, wodurch der ausgewiesene Verbrauch und der CO2-Ausstoß sinken – leider nur auf dem Papier.
Beispielsweise beschert sie dem 2,5-Tonnen-SUV Porsche Cayenne Turbo S E-Hybrid mit 4 Liter Hubraum, 550 PS (auf der Verbrennerseite) und einer Maximalgeschwindigkeit von 295 km/h einen WLTP-Verbrauch von 3,8 l Super auf 100 km. Der „kleine Bruder“ Cayenne E-Hybrid wird mit 3,1 l auf 100 km fast zum Drei-Liter-Auto. Über das „wahre 3-Liter-Auto“ lacht die Branche seit Einführung des WLTP. Den Sportwagenbesitzer wird es kaum kümmern, ob das Fahrzeug 3 oder realistische 13 Liter zieht, der eigentliche Schaden entsteht auf der CO2-Seite. Denn mit dem theoretisch niedrigen Spritverbrauch sinkt auch der ebenso theoretische CO2-Ausstoß des Fahrzeugs.
Schöngerechnet
Eine Studie des Fraunhofer-Instituts hat die tatsächliche Nutzung von über 9000 Plug-in-Hybriden im Feld ausgewertet und kommt zu vernichtenden Ergebnissen: „Der reale Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von PHEV (Plug-in-Hybriden) in Europa sind im Durchschnitt drei- bis fünfmal höher als die offiziellen WLTP-Werte.“ Das Ergebnis teilt sich nach privat und dienstlich genutzten PHEVs, wobei die Dienstwagen deutlich seltener geladen werden als die Privatfahrzeuge und folglich ein Vielfaches an CO2 ausstoßen. Das klingt schlüssig, denn im Handschuhfach des Dienstautos liegt oft gleich die Tankkarte für den Gratis-Sprit.
Für die Dienstwagen ergeben sich laut der 2022 aktualisierten Studie demnach reale Emissionen von 175 bis 195 Gramm CO2/km gegenüber WLTP-Angaben von 37 bis 39 Gramm. Das WLTP-Geschummel macht manch einen Plug-in-Hybriden so im Handumdrehen zu einem „Low Emission Vehicle”, das dem Hersteller positiv auf den CO2-Ausstoß seiner Flotte angerechnet wird.
Die EU hat das Problem erkannt. Das Forschungsergebnis ist sogar direkt in einen Entwurf des Technical Committee Motor Vehicles (TCMV) zur Neuregelung der Typengenehmigungsprozedur eingeflossen. Durch einen mathematischen Kniff wird die Kurve des Utility-Factors im Sinne der realen Nutzung der Fahrzeuge nach unten gedrückt. Die Anpassung soll gemäß dem Entwurf in zwei Stufen zum Januar 2025 und Januar 2027 erfolgen, um den Herstellern genug Zeit zu geben. Eigentlich zählt das Durchwinken der von technischen Komitees erstellten Verbesserungen als eine Formsache – doch von solchen „Formsachen“ hat man auch schon beim Verbrennerverbot gehört. Im besten Fall dauert es noch vier Jahre, bevor die Realität Einzug hält.
Von diesem regulatorischen Skandal einmal abgesehen, sind die Hybridfahrzeuge absolut alltagstauglich. Beim Kauf eines Plug-in-Hybriden sollte man wie beim E-Auto wissen, wo – und in diesem Fall ob – man laden möchte. Auch hier gibt es unterschiedliche Ladegeschwindigkeiten und Akkugrößen, die wiederum zu höherer Reichweite im EV-Modus führen.
Ganz ohne jegliche Vorplanung lassen sich die sogenannten geschlossenen Hybrid-Varianten bewegen. Man tankt sie einfach wie den alten Verbrenner. Die geschickte Verzahnung von beiden Antriebsformen verbessert trotz des Mehrgewichts die Effizienz. Mit dem sinkenden Spritverbrauch geht automatisch ein schmalerer CO2-Fußabdruck einher. Auf Prämien oder Boni vom Staat muss man bei diesem Motorisierungstyp allerdings verzichten, obwohl er im Sinne der Umwelt eine steuerliche Bevorzugung verdient hätte.
Fazit
Bei all dem Hin und Her sollte man nicht vergessen: Ohne Auto ist man ökologischer und günstiger unterwegs als mit; im alten oder gebrauchten Auto ökologischer und günstiger als in einem neuen. Wer in den gut duftenden Neuwagen einsteigt, braucht sich wegen dessen exorbitant hohen Wertverlustes um die laufenden Kosten in den ersten Jahren keine Gedanken zu machen – sie fallen kaum ins Gewicht.
In sich geschlossene Hybridsysteme sind eine feine und vor allem effiziente Sache, bei den Plug-in-Hybriden beschleicht einen ein mulmiges Gefühl. Der Dieselskandal hat gezeigt, dass Dinge gehörig falsch laufen können, selbst wenn die meisten augenscheinlich das Richtige tun. Die Hersteller bewegen sich im Fall der Plug-in-Hybriden zwar im rechtlichen Rahmen, aber das Ergebnis ist nicht weniger skandalös. Kommt es zum Showdown und nachträglich zu einer realen Auszeichnung der Fahrzeuge, stehen die Kunden eventuell mit Dreckschleudern da, die sie doch eigentlich als Sprit- und CO2-Sparer gekauft hatten.
Bei Mercedes und BMW waren 20 % der Neuzulassungen in Deutschland im Jahr 2022 Plug-in-Hybride, bei Volvo waren es gar 40 %. Die Zunahme dieses Fahrzeugtyps verläuft etwa parallel zu der von reinen E-Fahrzeugen, Plug-in-Hybride tragen damit von Jahr zu Jahr mehr zum systematischen Greenwashing des Verkehrssektors bei, solange die EU die Formel zur Berechnung ihres CO2-Ausstoßes nicht korrigiert hat.
Vielleicht ist dieser Aspekt für manch einen genau der Impuls, den es braucht, um es dann doch mal mit einem E-Auto zu versuchen. Das Hybrid-Versprechen, „Alles bleibt, wie es war“ können rein elektrische Fahrzeuge zwar nicht erfüllen. Aber die Wechselwilligen unter Ihnen werden mit viel Fahrspaß, null lokalen Emissionen und einer anderen Art des Reisens belohnt. Trauen Sie sich. (sha@ct.de)
Weitere Infos: ct.de/y8hr