iX 1/2020
S. 43
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Der IT-Planungsrat nimmt Gestalt an

Die Einrichtung des IT-Planungsrats legte Anfang 2010 den Grundstein für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung.

Es war nur eine kleine Notiz in der Rubrik „Kurz notiert“ in der iX 1/2010, doch sie hatte es in sich: Über einen Staats­vertrag sollte ein gemeinsamer IT-Planungsrat von Bund, Ländern und Kommunen geschaffen werden mit dem Ziel, die Digitalisierung voranzutreiben und Organisationsgrenzen zu überwinden. Im Januar 2010 begannen die Vorbereitungen und dann ging es sehr, sehr schnell: Der IT-Staatsvertrag wurde abgeschlossen und trat am 1. ­April 2010 in Kraft; der IT-Planungsrat nahm seine Arbeit auf.

10 Jahre später ist ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen, wurde doch Ende Oktober 2019 der „Erste Staatsvertrag über die Änderung des Vertrages über den IT-Planungsrat“ verabschiedet. Der Änderungsvertrag erweitert das bisher nur beratend tätige Gremium um eine operative Firma namens Föderale IT-Kooperation (FITKO) als Anstalt öffentlichen Rechts, die in Frankfurt am Main ihren Sitz haben wird. Die FITKO soll von 2020 bis 2022 mit ­einem Budget von 180 Millionen Euro das Online-Zugangs­gesetz (OZG) realisieren: Bis 2022 müssen Bund, Länder und große Kommunen alle Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale anbieten. Ganz egal, ob man Elterngeld beantragen oder ein Gewerbe anmelden möchte, alle dafür nötigen Nachweise sollen auf elektronischem Wege abgegeben werden können.

Tatsächlich ist das OZG das mit Abstand wichtigste Ergebnis der Arbeit des IT-Planungs­rates. Es wird durch einen Portalverbund ergänzt, in dem Bürger ein bundesweit einsetzbares Nutzerkonto für die Kommunikation mit den Behörden haben sollen. Weiterhin ist das OZG wichtig für das Single Digital Gateway, über das alle EU-Mitgliedsstaaten 21 in einer EU-Verordnung festgelegte Verwaltungsverfahren elektronisch anbieten müssen. Vom OZG-Nutzerkonto aus soll jeder Bürger diese Verfahren in anderen EU-Staaten erreichen können. So weit die Theorie.

Die Praxis sieht etwas nüchterner aus. Ein Beispiel: Da in Berlin die beiden Anlaufstellen für die Anmeldung und Ummeldung von Kfz notorisch überlastet sind, wurde mit Hochdruck ein elektronisches Verfahren für diese Verwaltungsvorgänge entwickelt und am 1. Oktober freigeschaltet. Doch bis zum Jahresende wurden nur zwei Autos neu angemeldet und neun umgemeldet. Die Autohersteller, die seit dem 1. Oktober verpflichtet sind, die Fahrzeugdaten zum Kraft­fahrt-­Bundesamt in Flensburg in eine neue Datenbank für die Onlineanmeldung zu übermitteln, kommen dieser Pflicht nicht nach.

Bis zum 01.01.2022 ist noch viel Zeit? Eine gewagte Ansicht. Detlef Borchers (odi@ix.de)

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