iX 5/2022
S. 43
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Kann Kopieren Stehlen sein?

Der martialische, von den Herstellern bevorzugte Begriff „Raubkopie“ ist zwar deutlich älter als 10 Jahre, doch damals war nicht einmal klar, ob das ungenehmigte Vervielfältigen von Programmen überhaupt Diebstahl sein könnte.

Im Mai 2012 berichtete die iX von der Entscheidung eines Berufungsgerichts im US-Bundesstaat New York: Die Berufungsrichter verwiesen den Fall eines Programmierers wieder an das Bezirksgericht, weil ihrer Ansicht nach Software zwar kopiert, aber nicht gestohlen werden könne. Die Software sei ja nach wie vor im Besitz der Firma.

Es ging um den damals 41-jährigen russischen Programmierer Sergey Aleynikov, der Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen und es bei der Investmentbank Goldman Sachs bis zum Chef der Softwareentwicklung gebracht hatte. Er entwickelte mit seinem Team Software für den Hochfrequenzhandel (HFT). Kurz bevor er Goldman Sachs im Jahre 2009 verließ, kopierte er sie auf einen deutschen Server und versuchte, seine Spuren zu verwischen. Er flog auf, weil zu dieser Zeit bereits das FBI bei der Bank nach einem HFT-Crash ermittelte. Zu seiner Verteidigung gab Aleynikov an, er habe die Software nur transferiert, um die Anteile aus dem Code zu nehmen, die Open Source seien und ohnehin nicht seinem Arbeitgeber gehörten.

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