iX 7/2024
S. 56
Titel
KI in der Softwareentwicklung

Was soll schon schiefgehen – LLMs in der Softwareentwicklung

Große Sprachmodelle versprechen, das Entwickeln von Software einfacher und effizienter zu machen und damit dort erfolgreich zu sein, wo bisherige Ansätze gescheitert sind. Die Systeme haben Potenzial, doch ohne klare Strategie bei ihrer Einführung verursachen sie eher mehr Abhängigkeiten und Komplexität.

Von Dr. Alexander Schatten und Marco Reiser

Softwaresysteme lassen sich als eine Kombination aus Hardware, Software und den Menschen, die diese Systeme entwickeln, warten und verwenden, verstehen. Erst aus der Interaktion dieser drei Faktoren entstehen der Nutzen und die Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Systeme. Die Softwarekomponente hat dabei schon früh in ihrer Geschichte Eigenschaften gezeigt, die bei anderen technischen Systemen nicht zu beobachten waren. Mit der ersten Softwarekrise zeigte sich in den 1960ern das Phänomen, dass die Fähigkeiten von Hard- und Software schneller wachsen als die der menschlichen Ingenieure. Aus dieser Krise sind wir bis heute nicht herausgekommen. Ein Grund dafür ist die stetig steigende Komplexität von Software selbst, aber auch Komplexität, die durch Software und die kontinuierlich zunehmende Vernetzung mit anderen Systemen entsteht und damit wieder auf Software zurückwirkt.

Da mittlerweile alle gesellschaftlichen Prozesse von Software abhängig sind, bekommt die Krise eine immer höhere Kritikalität. Hinzu kommt ein Phänomen, das man als Komplexitätsparadoxon bezeichnen könnte (Abbildung 1): Zwar sind wir in der Praxis von Softwareentwicklung, Wartung und Betrieb stetig besser geworden, die Komplexität der Systeme hat aber dennoch nicht ab-, sondern vielmehr weiter zugenommen. Salopp formuliert: Wir produzieren und betreiben immer mehr und schnellere Software bei gleichbleibend schlechter individueller Qualität. Diese individuellen Qualitätsprobleme einzelner Softwarekomponenten werden heute aber aufgrund der zunehmenden Vernetzung immer systemischer. Es gibt, anders als in den 1960er- und 1970er-Jahren, kaum mehr isoliert betriebene Software.

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