Mac & i 1/2020
S. 3
Editorial

Privatsphäre ade?

Wir schützen eure Daten! Dieses Mantra trägt uns Apple gebetsmühlenhaft vor. Und es stimmt ja auch. Der Konzern handelt nicht damit und hat viele gute Ideen, sensible Informationen zu schützen – zum Beispiel bei Apple Pay und Anmelden mit Apple.

Allerdings gibt es da ein Problem: Apple besitzt den Generalschlüssel für die iCloud und kann daher sämtliche iPhone- und iPad-Backups auslesen. Das schließt die Chatverläufe in der Nachrichten-App ebenso ein wie Fotos, Kontakte und Kalendereinträge. Dieses Wissen weckt natürlich bei Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten Begehrlichkeiten, die Apple – pflichtgemäß – erfüllt. Das ist sicherlich nicht jedem recht, geschweige denn bewusst.

Hinzu kommt: Daten lassen sich immer missbrauchen. Das kann bei Apple ebenso passieren wie in anderen Unternehmen, sei es durch ein Malheur oder böswillige Absicht. In so einem Fall wären sensible Informationen von mehr als einer Milliarde Kunden in Gefahr – ein Fest für Datendiebe und eine Katastrophe für die Betroffenen.

Apple allein den Schwarzen Peter zuzuschieben greift allerdings zu kurz. Wie jetzt bekannt wurde, wollte das Unternehmen bereits vor zwei Jahren die iCloud so umbauen, dass es selbst nicht mehr auf Anwenderdaten zugreifen kann. Damals sah der Konzern aufgrund starken Drängens vom FBI von diesem Vorhaben ab. Jetzt übt auch noch Donald Trump Druck auf Apple aus. Er fordert vehement, bislang aber vergeblich, behördlichen Zugang zu iPhones und iPads.

Apple fällt es in so einer Situation gewiss nicht leicht, die richtige Balance zwischen Wahrung der Privatsphäre und berechtigten Interessen der Strafverfolgung zu finden. Mich allerdings gruselt die Vorstellung der totalen Überwachbarkeit. Was, wenn der Zugang zur Hintertür in falsche Hände gerät? Vielleicht landet der Generalschlüssel ja doch noch eines Tages in den Tiefen des Pazifischen Ozeans. Bis dahin passe ich sehr genau auf, was ich über iCloud teile, und speichere Backups lieber lokal.

Kai Schwirzke

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