Mac & i 4/2022
S. 3
Editorial

Das Ende einer Ära

Holger Zelder
Holger Zelder

Holger Zelder

Knapp drei Jahre liegt es nun zurück, dass Jony Ive bei Apple gekündigt hat. Nach Steve Jobs’ Tod war das der zweite Abgang eines starken Mannes, der Apple geprägt hat wie kein anderer. Danach stand Ive dem Unternehmen zwar beratend zur Seite, doch auch damit ist jetzt Schluss: Weder Ives Design-Firma LoveFrom noch Apple wollten den Vertrag verlängern.

Glaubt man den Gerüchten, stieß manchem Apple-Manager die Zusammenarbeit mit Ive sauer auf: Zum einen war er zu teuer – man munkelt von 100 Millionen US-Dollar Vertragssumme –, zum anderen warb er Mitarbeiter von Apple ab. Ive wollte sich nicht gängeln lassen. Sein wichtigster Kunde untersagte ihm, Aufträge der Konkurrenz anzunehmen. Heute arbeitet er unter anderem für Airbnb und Ferrari.

Keine Frage, ohne Ives Designs wäre Apple nicht, wo es heute ist: Der iMac rettete den Konzern vor der Pleite, iPod und iPhone führten ihn an die Weltspitze. Viele Werke des Briten erlangten zu Recht Kultstatus.

Doch unter Ive hatten Apples Ingenieure bei der Produktentwicklung wenig zu sagen und die Geräte mussten immer schlanker werden. Das gipfelte in leicht zu verbiegenden iPhone-Gehäusen oder MacBooks mit unzuverlässiger Tastatur und nur einer Schnittstelle. Nach der Apple Watch, die Ive als Mode- und Luxus-Accessoire konzipiert hatte, und dem Mammutprojekt Apple Park zog er sich immer mehr aus dem Tagesgeschäft zurück.

Obwohl das Ende der Ära Ive bedauerlich ist, bin ich froh, dass Apple sein Produktdesign jetzt mit Augenmaß neu ausrichten kann: MacBook Pros kommen endlich wieder mit wichtigen Ports, anstatt um jeden Preis dünn zu sein. Und das MacBook Air mit M2-Chip (siehe Seite 48) beweist, dass Apples Kreative auch ohne ihren berühmten Ex-Chef schicke Geräte entwerfen, die Freude bereiten.

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