Aus Alt mach Neu
Alte Röhrenradios aus den Sechzigern kann man reparieren, man kann sie aber auch aufrüsten. In diesem Eigenbau-Projekt erhält ein mehr als 50 Jahre altes Radio einen DAB+-Empfänger, (fast) ohne die Bedienung oder das Äußere zu verändern.
Startpunkt war ein geerbtes Grundig-Röhrenradio Typ 92 Rüster (Baujahr ca. 1960), das schon fast vergessen mehrere Umzüge überstanden hatte. Ein Blick ins Innere offenbarte abenteuerlich gestaltete Technik und viel Staub; die Entscheidung, statt eines Reparaturversuchs dem Gerät ein modernes Innenleben zu verpassen, fiel rasch. Das „Gestrüpp“ fiel einem Seitenschneider zum Opfer, um Platz für Mikrocontroller, DAB-Modul und Audioverstärker zu schaffen.
Die Idee war, das Radio äußerlich nicht zu verändern und alle ursprünglichen Bedienelemente zu verwenden, sodass zum Beispiel die TA-Taste den AUX-Eingang und die MW-Taste das DAB-Modul aktiviert. Daher werden die Zustände fast aller Tasten und Drehköpfe vom Mikrocontroller abgefragt, dessen Firmware auch das DAB-Modul steuert. Eine Herausforderung war die Abfrage des Senderwahl-Reglers. Dieser verstellt einen Luft-Drehkondensator mit einem engen Kapazitätsbereich. Im Internet fand sich eine elegante Lösung, die nur mit einem Arduino ohne weitere Bauteile auskommt. Da der Drehkondensator sehr empfindlich ist und selbst auf „Körpernähe“ reagiert, muss man manchmal die Regler-Stellung etwas variieren, bevor der Empfang stabil ist. Insofern bekommt man unfreiwillig etwas vom alten „Bedienkomfort“ eines Röhrenradios zurück.
Feedback erhält der Radiohörer mittels RGB-LEDs, die die Senderskala beleuchten: Deren Farbe zeigt den Betriebszustand an, zum Beispiel Weiß, wenn das Radio „bootet“ oder Gelb bei DAB+-Empfang. Auch Fehler und der Fortschritt der automatischen Sendersuche werden über die LED-Farbe gemeldet. Für Erweiterungen wurde ein I2C-Anschluss inklusive Stromversorgung vorgesehen, zum Beispiel für ein kleines OLED-Display mit Senderinformation. Es ist bewusst nicht in das Gerät eingebaut, sondern kann auf das Radio gestellt werden, beispielsweise mit einem kleinen Bilderrahmen „getarnt“.
Da das Radio lange Jahre im Kinderzimmer als Verstärker für den Plattenspieler diente, war das Gehäuse arg ramponiert – es wurde gründlich überarbeitet. In seiner Reinkarnation als DAB-Radio hat sich das alte Gerät – nach gut 50 Jahren – nun einen Platz im Wohnzimmer erobert. —hch