Make Magazin 2/2017
S. 60
Community-Projekte
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Aus Alt mach Neu

Alte Röhrenradios aus den Sechzigern kann man reparieren, man kann sie aber auch aufrüsten. In diesem Eigenbau-Projekt erhält ein mehr als 50 Jahre altes Radio einen DAB+-Empfänger, (fast) ohne die Bedienung oder das Äußere zu verändern.

Startpunkt war ein geerbtes Grundig-Röhrenradio Typ 92 Rüster (Baujahr ca. 1960), das schon fast vergessen mehrere Umzüge überstanden hatte. Ein Blick ins Innere offenbarte abenteuerlich gestaltete Technik und viel Staub; die Entscheidung, statt eines Reparaturversuchs dem Gerät ein modernes Innenleben zu verpassen, fiel rasch. Das „Gestrüpp“ fiel einem Seitenschneider zum Opfer, um Platz für Mikrocontroller, DAB-Modul und Audioverstärker zu schaffen.

Das geöffnete Röhrenradio im Urzustand.

Die Idee war, das Radio äußerlich nicht zu verändern und alle ursprünglichen Bedienelemente zu verwenden, sodass zum Beispiel die TA-Taste den AUX-Eingang und die MW-Taste das DAB-Modul aktiviert. Daher werden die Zustände fast aller Tasten und Drehköpfe vom Mikrocontroller abgefragt, dessen Firmware auch das DAB-Modul steuert. Eine Herausforderung war die Abfrage des Senderwahl-Reglers. Dieser verstellt einen Luft-Drehkondensator mit einem engen Kapazitätsbereich. Im Internet fand sich eine elegante Lösung, die nur mit einem Arduino ohne weitere Bauteile auskommt. Da der Drehkondensator sehr empfindlich ist und selbst auf „Körpernähe“ reagiert, muss man manchmal die Regler-Stellung etwas variieren, bevor der Empfang stabil ist. Insofern bekommt man unfreiwillig etwas vom alten „Bedienkomfort“ eines Röhrenradios zurück.

Die Basis des Radios (von hinten) mit dem „antiken“ Luft-Drehkondensator und den neuen Anschlusskabeln für die alten Tasten und Drehregler.

Feedback erhält der Radiohörer mittels RGB-LEDs, die die Senderskala beleuchten: Deren Farbe zeigt den Betriebszustand an, zum Beispiel Weiß, wenn das Radio „bootet“ oder Gelb bei DAB+-Empfang. Auch Fehler und der Fortschritt der automatischen Sendersuche werden über die LED-Farbe gemeldet. Für Erweiterungen wurde ein I2C-Anschluss inklusive Stromversorgung vorgesehen, zum Beispiel für ein kleines OLED-Display mit Senderinformation. Es ist bewusst nicht in das Gerät eingebaut, sondern kann auf das Radio gestellt werden, beispielsweise mit einem kleinen Bilderrahmen „getarnt“.

USB-Netzteil, Drehkondensator, Mikrocontroller mit aufgesetzter Verstärkerplatine, Lautsprecher und DAB-Modul

Da das Radio lange Jahre im Kinderzimmer als Verstärker für den Plattenspieler diente, war das Gehäuse arg ramponiert – es wurde gründlich überarbeitet. In seiner Reinkarnation als DAB-Radio hat sich das alte Gerät – nach gut 50 Jahren – nun einen Platz im Wohnzimmer erobert. hch

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Heimautomation mit IKEA-Lampen

Seit kurzem gibt es bei Ikea intelligente Lampen und Leuchtpanele auf Basis des Funkprotokolls Zigbee, allerdings noch ohne eigene App und Internet-Gateway. Das kann man aus der passenden Fernbedienung, einem Raspi und einem ESP8266 mit ein paar Handgriffen selbst bauen.

In Belgien, Italien, Schweden und Tschechien sind die Trådfri (drahtfrei) genannten Lampen schon eine Weile erhältlich. Markus Ulsaß aus dem Hamburger Hackerspace Attraktor ist daher nach Brüssel gefahren und hat sie mitsamt Fernbedienung zum Testen und Basteln mitgebracht. Dabei zeigte sich, dass das verbaute Transceiver-Modul neben ZigBee auch Bluetooth und Thread im 2,4-GHz-ISM-Band beherrscht. Außerdem lassen sich die intelligenten Lampen von Philips Hue und Osram-Lightify-Produkte an die Fernbedienung anschließen und direkt steuern. Die Ansteuerung der Ikea-Lampen über das Hue-Gateway ist aufgrund eines Bugs in der ersten Firmware nicht möglich.

Das Transceiver-Modul lässt sich auch im ausgebauten Zustand mit Spannung versorgen und auf dem Steckbrett analysieren.
Mit dem WLAN-Modul ESP8266 und der grünen Platine der Fernbedienung lässt sich ein eigenes Internet-Gateway bauen, um die Lampen ins Smart Home zu integrieren.

Mit einem Raspberry Pi und dem Funkmodul ESP8266 kann man sich aus der Fernbedienung ein passendes Internet-Gateway bauen. Damit lassen sich die Birnen über das IoT-Protokoll MQTT ins eigene Smart Home integrieren und zum Beispiel per App steuern. Dazu nutzt Ulsaß die Platine aus der Fernbedienung, die er über ein ESP12-Modul ansteuert. Das Modul sitzt auf einem selbstentwickelten Breadboard-Modul mit separater Spannungsversorgung. Um das IoT-Protokoll MQTT nutzen zu können, wird der ESP-Mikrocontroller mit einer modifizierten MQTT-Bibliothek programmiert. Für die Ansteuerung über das Internet hat Ulsaß schließlich den Open-Source-Broker Mosquitto auf einem Raspberry Pi installiert. Die Programmierung erfolgt über die grafische Umgebung Node-RED. Eine Alternative ist die Bedienung der Ikea-Lampen über eine Web-App oder per Buttons. Leider geht dies nur in eine Richtung, die Kommandos funktionierten aber sehr zuverlässig.

Die Birne lässt sich an der Naht zwischen Halterung und Kuppel mit etwas sanfter Gewalt und Werkzeug trennen.

In Zukunft soll die Produktpalette laut Ikea weiter ausgebaut werden. Denkbar sind eigene Gateways, über die die Lampen angesteuert werden, sowie RGB-Birnen oder andere Smart-Home-Geräte. Neben der Fernbedienung sollen die Lampen über eine App oder Sensor gesteuert werden können und mit weiteren Smart-Home-Systemen kompatibel sein. hch

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Roboterarm in Rente

Was passiert, wenn ein Roboterarm in Rente geht? Jochen Alt hat dazu einen Kurzfilm gedreht. Den Hauptdarsteller Walter hat er selbst gebaut und seine Bewegungen detailliert berechnet und programmiert.

Seit den 60er Jahren werden in Fabriken Industrieroboter eingesetzt. Wie ihr Lebensabend nach 50 Jahren aussehen könnte, demonstriert Maker Jochen Alt in seinem neuen Kurzfilm „Walter“. Es ist auch der Name des Roboterarms, den er selbst konstruiert und gebaut hat. Neben einem Retrolook setzt er dabei auf möglichst fließend aussehende Bewegungen. Um dies zu erreichen, werden die Bewegungen ausgeklügelt geplant, berechnet und in Mechanik umgesetzt.

Die Platinen verschwinden im separaten Kontrollkasten.
Walter noch ohne Farbe

Zunächst werden die Bahnen über einzelne Punkte geplant, die während einer Bewegung angesteuert werden müssen. Anschließend wird die Bewegung zu einer Bézierkurve optimiert, um möglichst geschmeidig auszusehen. Für ein noch feineres Bild nutzt Alt außerdem Geschwindigkeitsprofile, damit der Arm zum Beispiel vor einer Ecke kurz abbremst und anschließend wieder beschleunigt. Schließlich werden die nötigen Winkeländerungen der fünf Gelenke und Walters Hand berechnet.

Die berechneten Daten werden an einen Webserver gesendet, der auf einem Odroid-XU4-Board läuft. Er reicht sie über eine UART-Schnittstelle an einen ARM Cortex M4 weiter, der die fünf Steppermotoren und fünf Drehgeber der Gelenke sowie zwei Servos der Hand steuert. Die Elektronik steckt in einem Kontrollkasten, den Alt auf Ebay gefunden hat. Der Kasten ist wie der Arm im Stil alter Maschinen grün angemalt. Die Teile des Arms hat Alt mit seinem 3D-Drucker Zortrax M200 gedruckt. hch