Make Magazin 2/2017
S. 48
Report
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Auf der Unterseite des mini sitzen weder Sensoren noch Bedienelemente – dafür ist dort Platz, dass die Kinder ihren Namen draufschreiben können (Foto in Originalgröße).

Calliope mini

Der Calliope mini ist anders als andere Mikrocontroller-Boards, und das liegt nicht nur an seiner sternförmigen Platine, dank derer er auf den ersten Blick zwischen Arduino & Co. hervorsticht. Das Calliope-Team verfolgt vielmehr das ehrgeizige Ziel, die Plattform in die Grundschulen zu bringen, um Kinder ab der dritten Klasse fürs Programmieren zu begeistern.

Die BBC hat mit ihrer Initiative für einen simplen Schülercomputer vorgelegt, die private Initiative hinter der deutschen Calliope gGmbH treibt die Idee noch ein Stück weiter: Ihr Calliope mini soll noch kindgerechter, noch besser ausgestattet und noch durchdachter sein als das britische Vorbild, das im Jahr 2016 flächendeckend in Großbritannien an den Schulen eingeführt wurde – und mit diesem weitmöglichst kompatibel. Doch der Calliope mini verspricht auch für Benutzer interessant zu werden, die die Grundschule längst hinter sich haben, denn mit den direkt auf der Platine verbauten Sensoren, LEDs, Schnittstellen und dem Motortreiber sollte sich allerhand mal eben schnell ausprobieren lassen, wofür man beim Arduino erst mal zusätzliche Elektronik anstöpseln und Bibliotheken einbinden muss.

In diesem Artikel gehen wir deshalb das Calliope-Projekt von mehreren Seiten an. Einer kurzen Vorstellung des Boards schließt sich ein Interview mit Gesche Joost an – sie ist eine der Initiatorinnen des deutschen Mikrocontrollers für die Grundschule. Danach beschreiben wir, wie man den Calliope mini konkret programmieren kann.

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„Unsere Welt ist nicht mehr analog“

Ein weiteres Mikrocontrollerboard für den Einstieg im Umgang mit Hardware – und dann auch noch an Grundschulen? Die gemeinnützige GmbH Calliope wagt sich mit einem ehrgeizigen Ziel auf einen zunehmend vollen Markt. Wir sprachen mit Gesche Joost, einer der Calliope-Initiatorinnen.

Make: Frau Joost, warum noch ein weiteres Board? Reichen Arduino oder der BBC Micro Bit nicht aus?

Gesche Joost: Der BBC Micro Bit ist keine schlechte Lösung, wir bauen auf dem Layout ja auch auf und sind zum Editor kompatibel – und dabei komplett Open Source. Aber er richtet sich an ältere Schüler in höheren Klassen. Wir wollen den Calliope mini ja in Grundschulen bringen. Für Drittklässler sind aber die externen Kontakte des Micro Bit viel zu eng beieinander, daher haben wir für den mini die Stern-Form gewählt. In der dritten Klasse ist Löten noch zu schwierig, daher sind Bananen-Stecker und Krokoklemmen für den Einstieg gut.

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Programmbeispiel: Würfel

Auf der Webseite calliope.cc sind drei grafische Online-Editoren verlinkt, mit denen man derzeit den Calliope mini im Browser programmieren kann, indem man Befehlsblöcke zusammenklickt. Die einfachste Programmierumgebung, schlicht Calliope mini Editor genannt, taugt derzeit nur dazu, per Druck auf die Knöpfe A und B Text oder Bilder auf der 5×5-LED-Matrix auszugeben. Bei Open Roberta Lab vom Fraunhofer-Institut ist der mini hingegen eine Zielplattform unter anderen, etwa den Lego-Robotern EV3 und NXT, dem Humanoiden NAO oder dem BBC Micro Bit.

Das folgende Würfelprogramm haben wir im Microsoft-Editor PXT gebaut. Dieser wurde speziell an den Calliope angepasst; eine ähnliche Version gibt es auch für den BBC Micro Bit. Zwei Besonderheiten zeichnen diesen Editor aus: Zum einen kann man stets zwischen der Block-Ansicht und dem eigentlich dahinterliegenden JavaScript-Code unterscheiden. Zum anderen bietet der Editor auch einen Calliope-Simulator, auf dem man sein Programm gleich ausprobieren kann, auch wenn man kein reales Board zur Hand hat. Im Screenshot unten ist der Simulator allerdings nicht zu sehen, da wir ihn aus Platzgründen abschneiden mussten. Im Test funktionierten manche Anzeigen im Simulator noch nicht zuverlässig, etwa wenn man die Helligkeit der LED-Matrix heruntersetzt.

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Programmbeispiel: Umweltdaten

Dank seiner „Sensoren“ dient der Mini auch als Messstelle für Umweltdaten: Mit einem kleinen Programm lassen sich die aktuelle Temperatur und Lichtstärke kontinuierlich anzeigen. Der Temperatursensor steckt allerdings im System-on-a-Chip (SoC), also dem Chip, den sich Controller, Speicher, Interfaces und so weiter teilen. Der erwärmt sich natürlich im Betrieb automatisch, sodass die gemessene Temperatur von der Umgebungstemperatur abweicht – in unserem Test lag sie um circa 8 Grad höher.

Der Lichtsensor ist kein eigenständiger Sensor, vielmehr werden die LEDs kurzerhand umfunktioniert. Jede LED arbeitet prinzipiell auch als Fotodiode; wenn Licht auf sie fällt, befreien die Photonen Elektronen in der Sperrschicht. Der Sperrstrom erhöht sich, was man wiederum mit dem Analog-Digital-Konverter messen und digitalisieren kann.

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