Make Magazin 5/2017
S. 88
Retro-Musik
Aufmacherbild

Analoger Synthesizer nach Mini-Moog-Vorbild

Was haben Hits wie „Nutbush City Limits“ von Tina Turner und der Klassiker „Lucky Man“ von Emerson, Lake and Palmer gemeinsam? Richtig, ein unverkennbares Synthesizer-Solo, das wie aus einer fernen Galaxie zu stammen scheint. Und in beiden Fällen kam sogar der gleiche Synthesizer zum Einsatz, welchen man mittlerweile sehr gut zu Hause nachbauen kann.

Der Moog-Synthesizer, das von Robert Moog erfundene, legendäre Tasteninstrument, das in den späten Sechzigern die Musik revolutionierte und unter anderem den Sound der Gruppen Emerson, Lake and Palmer und Yes prägte, erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit. Als mit dem Mini-Moog eine speziell für tourende Bands entwickelte Kompaktversion des großen Klassikers auf dem Markt erschien, gehörte diese schon bald zur Grundausstattung vieler damals populärer Bands.

Um in den Genuss des Klangs und der Optik dieses mittlerweile raren Oldtimers zu kommen, muss man nicht mehr ewig auf Musiker-Flohmärkten stöbern, um am Ende einen exorbitant hohen Sammlerpreis für ein gut erhaltenes Exemplar hinblättern zu müssen. Mit gut verfügbaren Bauteilen und der vom Autor selbst entwickelten Schaltung lässt sich der Mini-Moog eigenhändig reproduzieren.

Funktionsprinzip

Ein Analog-Synthesizer ist durch eine Reihe von Oszillatoren mit einstellbarer Klangcharakteristik gekennzeichnet, deren Tonhöhe synchron durch das Keyboard verändert werden kann. Die erzeugten Töne werden durch Filter und Verstärker, deren Parameter über automatisch ablaufende Hüllkurven steuerbar sind, nachträglich beeinflusst. So kann ein Ton, je nach Einstellung, zum Beispiel beim Drücken einer Taste plötzlich einsetzen und nach dem Loslassen langsam ausklingen, was an ein Schlaginstrument erinnert – oder er kann langsam einsetzen und plötzlich aufhören, was ähnlich wie ein Blasinstrument klingt. Ein wichtiges Element des Synthesizers ist ein steiles Tiefpassfilter, das während des Tastendrucks automatisch in seiner Eckfrequenz verändert werden kann. Diese kann nach dem Drücken der Taste automatisch ansteigen und/oder absinken, wodurch sich in Kombination mit verschiedenen anderen Einstellungen interessante, typische Klangeffekte realisieren lassen.

Damit die Lautstärke des Verstärkers und die Frequenz des Filters den voreingestellten Hüllkurven folgen können, müssen die entsprechenden Parameter der Module durch die Höhe einer externen Spannung veränderbar sein. Man spricht in diesem Falle auch von einem spannungsgesteuerten Verstärker (VCA = Voltage Controlled Amplifier) und einem spannungsgesteuerten Filter (VCF = Voltage Controlled Filter). Das Prinzip der Spannungssteuerung gilt auch für die Oszillatoren: Mit dem Keyboard werden, je nach gedrückter Taste, unterschiedliche Gleichspannungen erzeugt, die die Oszillatoren (VCO = Voltage Controlled Oscillator) in ihrer Tonhöhe steuern. Durch Vorschalten eines Tiefpasses an die VCO-Steuereingänge kann der Ton der VCOs von einer Note zur anderen gleiten (Glissando-Effekt), was bereits ganz typisch nach Synthesizer klingt.

Auf der linken Seite befindet sich das Keyboard-Interface. Auf der rechten Hälfte der Platine ist die LFO-Einheit untergebracht. Alle Platinen werden über Schraubklemmen untereinander und mit der Frontplatte verkabelt.

Da sich die Wellenform der einzelnen VCOs zwischen Dreieck, Rechteck und Sägezahn ändern lässt, kann der Anwender damit die Oberwellenstruktur beziehungsweise die Klangfarbe der einzelnen VCOs ändern. Auch die Frequenz mehrerer über das Keyboard gesteuerter VCOs kann relativ zueinander stufenlos über mehrere Oktaven geändert werden, so dass sich eine hohe Zahl von Klangmöglichkeiten ergibt.

Auf dem Mini-Moog und dem hier vorgestellten Gerät lassen sich leider keine Akkorde spielen. Wozu dann mehrere Oszillatoren? Durch Addieren der Ausgangssignale mehrerer VCOs ergeben sich weitere, typische Synthesizer-Effekte, deren Klänge an eine Orgel erinnern. Diese stets in einem festen Verhältnis stehenden, auf der jeweils gedrückten Taste basierenden Töne haben jedoch mit dem Akkord-Spiel auf einem „gewöhnlichen“ Keyboard nichts zu tun.

Keyboard

Zum Spielen auf dem Synthesizer bedarf es natürlich eines Keyboards von idealerweise vier Oktaven. Beim Prototyp kommt ein Exemplar der Firma Doepfer zum Einsatz (Typ: CV/Gate-Keyboard A-100 CGK). Leider ist dieses Keyboard nicht mehr lieferbar. Im Handel sind jedoch Adapter erhältlich, die man an den Ausgang eines MIDI-Keyboards anschließen kann und die die geforderten Ausgangsspannungen erzeugen. Das Keyboard beziehungsweise der Adapter muss auf jeden Fall zwei Ausgänge besitzen: Einen Ausgang für die Tonhöhen-Steuerspannung von 1 Volt pro Oktave (Standard) und einen Ausgang, an dem bei gedrückter Taste eine konstante Spannung (5 bis 10 V) zur Verfügung steht (Gate-Impuls). Außerdem ist es wichtig, dass das Keyboard bei gedrückter Taste einen kurzen Unterbrechungsimpuls aussendet, wenn gleichzeitig eine weitere Taste gedrückt wird.

Keyboard-Interface

Das Keyboard-Interface bereitet die vom Keyboard gelieferten Spannungen (VCO-Steuerspannung und Gate) so auf, dass sie von den nachfolgenden Modulen (VCO und ADSR) weiter verarbeitet werden können. Dazu gehört unter anderem ein Analog-Speicher, der die VCO-Steuerspannung auch nach dem Loslassen der Taste noch am VCO zur Verfügung stellt, damit der Ton danach nicht zu abrupt abbricht. Bei digitalen Keyboards ist dies normalerweise nicht notwendig, aber mit dieser kleinen Schaltung lassen sich auch analoge Keyboards mit Widerstandsketten verwenden.

LFO-Einheit

Addiert man zu der vom Keyboard kommenden Steuerspannung das Ausgangssignal eines Oszillators niedrigerer Frequenz (LFO = Low Frequency Oscillator) hinzu, so wird der VCO in seiner Frequenz moduliert, was zu weiteren, typischen Klangeffekten führt. Der hier beschriebene LFO besitzt zwei Oszillatoren: Sägezahn und Dreieck. Dies ist einfacher zu realisieren als ein Oszillator, der ein Dreiecksignal in ein Sägezahnsignal gleicher Frequenz verwandelt (oder umgekehrt). Bei einer langsamen Frequenzmodulation stört es nicht weiter, wenn die Frequenzen beider Oszillatoren beim Umschalten geringfügig voneinander abweichen. Mit einer Frequenz-Feinregelung kann das Modulationstempo in weiten Grenzen eingestellt werden. Ein Dreieck-Modulationssignal klingt, je nach eingestellter Frequenz, wie eine amerikanische Polizeisirene, während ein Sägezahnsignal eher an experimentelle Klänge erinnert. Das Sägezahnsignal kann invertiert werden, so dass sich ein aufsteigender und ein abfallender Frequenzverlauf ergibt. Wird die Modulationsfrequenz über rund 16 Hz erhöht, so entstehen neue Klänge, die jedoch nicht mehr den auf der Tastatur gespielten Tönen entsprechen, sondern sehr atonal klingen und sich teilweise wie Glockentöne oder Steel-Drums anhören können.

Spannungsgesteuerter Oszillator (VCO)

Die Frequenz der VCOs kann nicht nur durch das Keyboard, sondern auch durch zusätzliche Elemente auf der Frontplatte verändert werden. Damit sich der VCO dabei nicht verstimmt, muss über den gesamten Tonfrequenzbereich ein absolut linearer Zusammenhang zwischen Steuerspannung und Frequenz bestehen. Dazu ist nicht jede Schaltung und auch nicht jeder beliebige Operationsverstärker geeignet. Da ein VCO außerdem mehrere Wellenformen (Dreieck, Sägezahn, Rechteck) erzeugen sollte, musste ich ziemlich lange in meinem Labor tüfteln, bis ich eine möglichst einfache und dennoch zuverlässig funktionierende Schaltung entwickeln konnte. Eine detaillierte Dokumentation zum Nachbau finden Sie unter dem Link im Infokasten am Anfang des Artikels.

Beispiel: Dreiecksignal am VCO-Ausgang
Typischer ADSR-Kurvenverlauf, wobei sich die Anstiegs- und Abfallzeiten vom Millisekunden- bis zum Sekundenbereich erstrecken können (Labor-Foto bei Messung der Originalschaltung)

Der eigentliche VCO besteht aus einem Dreieckoszillator. Das Sägezahnsignal wird durch einen eigenen Sägezahngenerator erzeugt, dessen Frequenz durch den Dreieck-VCO synchronisiert wird. Die Verwandlung in ein Rechtecksignal ist dagegen relativ einfach und erfolgt über eine Trigger-Schaltung, der das Dreiecksignal zugeführt wird. Durch Änderung der Triggerschwelle lassen sich verschiedene Pulsbreiten einstellen. Alle Ausgangssignale müssen nullsymmetrisch sein, da eine überlagerte Gleichspannung (Offset) Plopp-Geräusche am VCA und am VCF erzeugen könnte. Das Layout ist so kompakt, dass die Schaltung zwei Mal (neben zwei zusätzlichen Exponentialkonvertern) auf einer Europlatine untergebracht werden konnte.

Exponentialgenerator

In 1 sind die beiden zu den VCOs gehörenden Expo-Wandler in der oberen Hälfte zu erkennen. Sie verwandeln eine linear ansteigende Spannung in eine exponentiell ansteigende Spannung (Uout = 2Uin ). Alle Spannungen, die den VCO in seiner Frequenz beeinflussen, werden einem Addierer zugeführt, dessen Ausgang mit dem Eingang des Expo-Wandlers verbunden ist. Ohne Expo-Wandler müsste die von jeder einzelnen Taste des Keyboards generierte Steuerspannung ähnlich wie bei einem Klavier präzise nach Gehör abgeglichen werden. Mit Wandler müssen die Differenzspannungen zwischen den Tasten immer gleich groß sein, was technisch wesentlich einfacher realisierbar ist, egal ob analog oder digital. Auch die Transponierung in eine höhere oder tiefere Tonlage sowie die Frequenzmodulation wird mit Exponentialgenerator wesentlich unkomplizierter und erfolgt durch das einfache Addieren oder Subtrahieren einer Gleichspannung, wobei die benötigte Spannungsdrift in jeder Tonlage immer die gleiche ist.

1 Platine mit 2 VCOs (unten) und den zugehörigen Expo-Wandlern

Exponentialgeneratoren lassen sich analog aufbauen, indem man das Übertragungsverhalten eines Halbleiters unter bestimmten Bedingungen nutzt. Da solche Schaltungen sehr temperaturkritisch sind, hat man früher durch einen Widerstand beheizte, integrierte Transistor-Arrays verwendet, die heute jedoch kaum noch erhältlich sind. Meine Experimente haben gezeigt, dass solche Arrays auch durch ein Paar einzelne, gut erhältliche Transistoren des Typs BC 547 ersetzt werden können und sich die Temperaturdrift beim Einbau der kompletten Elektronik in ein Gehäuse in vertretbaren Grenzen hält.

Hüllkurvengenerator (ADSR)

Der Hüllkurvengenerator erzeugt eine Spannung, die nach dem Drücken einer Taste mit einer einstellbaren Geschwindigkeit (Attack) auf etwa 10 V ansteigt, dann mit einer zweiten, einstellbaren Geschwindigkeit (Decay) automatisch auf einen zwischen null und Maximum einstellbaren Pegel (Sustain) absinkt, bei gedrückt gehaltener Taste dort verweilt und nach dem Loslassen der Taste mit einer dritten einstellbaren Geschwindigkeit (Release) auf null absinkt. Der hier vorgestellte Synthesizer benötigt zwei solcher Generatoren: Einen für die Lautstärke der VCOs und des Rauschgenerators und einen für die Eckfrequenz des VCF. Je nach Kombination dieser vier Einstellungen ergibt sich eine große Vielfalt von Möglichkeiten zur Imitation existierender Instrumente und zur Erzeugung neuer Klänge.

Spannungsgesteuerter Verstärker (VCA)

Mit einem einzigen VCA mit Hüllkurvengenerator lassen sich dem Instrument bereits brauchbare Töne entlocken, denn dieser sorgt für das Einsetzen und Abklingen der Lautstärke des VCO-Signals. Eine Hüllkurve mit null Attack-Zeit und einer Release- und Decay-Zeit von etwa zwei Sekunden würde zum Beispiel an den Sound eines einfachen E-Pianos erinnern.

Kombinierte VCF-VCA-Platine mit zusätzlich zwei ADSR, einem Mischer, einem Rauschgenerator und einer Exponential-Wandler-Stufe für den Filter-Steuer-Eingang – alles auf einer Euro-Platine.

Normalerweise werden die Signale der VCOs und des Rauschgenerators über entsprechende Potis auf der Frontplatte gemischt. Das so entstandene Signal wird dann zum VCA weitergeleitet. Dies hat den Nachteil, dass sich bei niedrig eingestellten Pegeln das leise Grundrauschen des VCA störend bemerkbar macht. Dies wird in der vorliegenden Schaltung umgangen, indem jede Signalquelle ihren eigenen OTA (Operational Transconductance Amplifier) besitzt, der jeweils voll ausgesteuert wird. Erst die Ausgangssignale der drei gemeinsam angesteuerten VCAs gelangen zum Mischer, so dass der prozentuale Anteil des OTA-Rauschens bei jeder Pegel-Einstellung immer gleich niedrig ist. Die einfache Elektronik des Mischers (ein als Addierer geschalteter Operationsverstärker) befindet sich ebenfalls auf dieser Platine.

Spannungsgesteuertes Filter (VCF)

Auch das spannungsgesteuerte Tiefpass-Filter (VCF) meines Synthesizers arbeitet mit OTAs, wodurch die betreffende Schaltung sehr einfach realisierbar wird. Das Filter besteht aus vier einzelnen Stufen, was zu einer Steilheit von 24 dB pro Oktave führt. Filtergüte, Filter-Grundfrequenz und Einfluss der Hüllkurve (Amplitude) sind manuell einstellbar. Durch die Möglichkeit des Filter-Tracking lassen sich zusammen mit dem Rauschgenerator und dem auf der Filterplatine untergebrachten Exponentialwandler auch Melodien mit farbigem Rauschen spielen. Bei hohem Q-Faktor bildet das Filter im Grenzbereich eine Resonanz-Spitze aus. In diesem Falle wird ein Dreieck-VCO-Signal beim Tracking-Betrieb in ein Sinussignal gleicher Frequenz verwandelt, so dass eine Sinus-Funktion im VCO entfallen kann. Die Signale am Ausgang des Filters werden über einen Impedanzwandler ausgekoppelt und können über eine Buchse (zum Beispiel 6-mm-Klinkenbuchse) einem geeigneten Audio-Verstärker zugeführt werden.

Noise

Das Signal eines ebenfalls auf der Filter-VCA-Platine enthaltenen Rauschgenerators kann dem Audio-Signal über die Mischstufe hinzugefügt und unter anderem zur Erzeugung von Schlagzeug-Sound, farbigem Rauschen, Pistolenschüssen, menschlichem Pfeifen und zur Imitation von Flötenklängen genutzt werden.

Netzteil

Das Doppel-Netzteil besteht aus zwei in Serie geschalteten Einzelnetzteilen, findet auf einer halben Euro-Platine Platz und muss eine Spannung von circa 12 V bei einem Strom von circa 200 mA pro Zweig liefern. Die Stabilisierung erfolgt über handelsübliche 7812-Spannungsregler.

Das (Doppel-)Netzteil besteht aus zwei in Serie geschalteten Spannungquellen von je 12 V und muss pro Zweig etwa 200 mA liefern.

Mechanischer Aufbau

Die Schaltung arbeitet nahezu vollständig mit analogen Operationsverstärkern und ist komplett ohne SMDs aufgebaut. Dies erfordert bei nur dreieinhalb einseitigen Euro-Platinen eine ziemlich hohe Packungsdichte und damit größtmögliche Sorgfalt bei der Platinenherstellung und Bestückung. Basis des mechanischen Aufbaus ist eine 2,5 mm dicke Aluplatte von 28 cm × 70 cm, die man sich in einer Schlosserei passend schneiden lassen kann. Nachdem die Löcher für Potis und Schalter gemäß Bohrplan in der oberen Hälfte der Platte angebracht wurden, wird die bedruckte Frontplatten-Folie aufgeklebt. Danach können die Potis und Schalter vorsichtig montiert werden. Die vier Platinen werden mit Abstandshaltern auf eine zweite, etwa 12 cm breite und 65 cm lange Aluplatte montiert (Trägerplatte). Die komplette Trägerplatte wird dann mit sechs Schrauben an der großen Aluplatte befestigt 2.

Der in 3 gezeigte, senkrechte Querschnitt verdeutlicht dies noch einmal und zeigt, wie die große Aluplatte mit den Potis und Schaltern (Kipp- und Drehschalter) in einen Holzrahmen eingesetzt ist. Der Rahmen des Prototyps besteht aus 6 cm breiten und 1 cm dicken Buchenholzleisten aus dem Baumarkt, die auf Gehrung passend gesägt wurden und deren Außenkanten mit der großen Alu-Platte bündig sein müssen.

Tipps zur Gestaltung der Frontplatte finden Sie ebenfalls auf der Webseite des Autors. Alles, was man dazu braucht, ist ein Tintenstrahl-Farbdrucker, Foto-Druck-Papier, transparente Klebefolie, doppelseitige Klebestreifen und ganz, ganz viel Geduld und Sorgfalt.

2 Montage der Platinen und Bedien-Elemente
3 Querschnitt durch den fertigen Aufbau (links = unten). Auf der Frontplatte sind keine Befestigungsschrauben zu sehen. Beachten Sie den Unterschied zwischen Holzschrauben und M3-Gewindeschrauben (beide mit versenkbarem Kopf).

Beispiele zur Klang-Einstellung

Wer bisher noch keine Erfahrung mit einem Synthesizer hat, sollte nicht enttäuscht sein, wenn zu Beginn trotz positiv verlaufener Schaltungs-Tests gar kein Ton oder nur hässlich klingende Geräusche aus dem Lautsprecher kommen: Die Abstimmung der über 30 Knöpfe erfordert ein wenig Fingerspitzengefühl und Erfahrung, und auch der Wechsel von einem Sound zum anderen ist jedesmal mit erneuter Einstell-Arbeit verbunden.

Noch ein paar Hinweise, was mit dem Instrument grundsätzlich möglich ist: Bei der Klangeinstellung kann man prinzipiell unterscheiden, ob nur ein Oszillator oder mehrere Oszillatoren hörbar sind. Bei mehreren Oszillatoren entsteht ein interessantes, schwebendes Klangbild, wenn diese auf nahezu gleicher Frequenz schwingen (zum Beispiel Schluss-Solo von „Lucky Man“, Emerson, Lake and Palmer). Bei Intervallen im Oktav-Bereich erinnert der Klang an altmodische, elektronische Orgeln. Davon abweichende Intervalle sind mit Vorsicht zu genießen, da sie, je nach zugehöriger Begleit-Harmonie, nicht immer sehr melodisch klingen. Am interessantesten hört sich offensichtlich immer noch das Spiel in parallelen Quinten an, was die Stücke alter Rock- und Jazzrock-Gruppen beweisen.

Mit dem Hüllkurvengenerator des VCA lassen sich auch ohne VCF bereits interessante Effekte erzielen, wenn man den Sustain-Wert zum Beispiel auf null und die Attack- und Decay-Zeit auf extrem kurz einstellt. Auf diese Weise wurde wohl auch das bekannte, alte Instrumental-Stück „Popcorn“ produziert.

Auch bei der Wahl der Drehknöpfe lohnt es sich, nach passenden Exemplaren Ausschau zu halten.

Ist das VCF an der Klangerzeugung beteiligt, so wird die Vielfalt der Möglichkeiten erneut erweitert, vor allem bei oberwellenhaltigen Signalen. Je nach ADSR-Einstellung ergeben sich trompetenartige Sounds oder Klänge, die an Schlaginstrumente, miauende Katzen oder das bekannte Wah-Wah-Pedal für Gitarren erinnern. Das Solo aus Tina Turners Hit „Nutbush City Limits“ lässt sich mit dem hier beschriebenen Gerät unter Einbeziehung des VCF zum Beispiel recht gut imitieren. Natürlich spielt dabei auch die Einstellung des Emphasis-Potis (Q-Faktor) eine entscheidende Rolle.

Auch mit einem einzigen, auf Dreieck eingestellten VCO ist es möglich, mit zugeschaltetem Glissando und LFO typische Melodien zu erzeugen, die an alte Rock-Stücke aus den Siebzigern erinnern. Doch auch die Titelmelodie aus der bekannten Krimiserie „Inspector Barnaby“ zum Beispiel klingt mit diesen Einstellungen auf dem hier vorgestellten Synthesizer täuschend echt.

Mehr Informationen gibt es auf meiner Webseite, die über den Link im Infokasten erreicht werden kann. Wir wünschen allen interessierten Lesern viel Erfolg beim Nachbau und möchten darauf hinweisen, dass das hier beschriebene Projekt nur für erfahrene Hobby-Elektroniker mit Kenntnissen der Analogtechnik (speziell Operationsverstärker) geeignet ist, die außerdem über ein gutes, musikalisches Gehör verfügen. ade