Make Magazin 4/2020
S. 86
Make
Community-Projekte
Bilder: Yuksel Temiz

MicroscoPy: das Lego-Mikroskop

3D-gedruckte Teile, zwei Arduinos und ein Raspberry Pi stecken in dem motorisierten Open-Source-Mikroskop MicroscoPy – und ganz viele Legosteine. Damit sind beeindruckende Bilder möglich.

von Helga Hansen

Mikroskopaufnahmen, die wie Hochglanzfotos aussehen: Das war das Ziel von Yuksel Temiz, der bei IBM in Zürich forscht und eigentlich winzige Chips für medizinische Anwendungen entwickelt. Um die Mikrochips für Präsentationen ins rechte Licht zu rücken, machte er aber einen Umweg über die Mikroskopentwicklung. Die Anleitung zum Bau des MikrcoscoPy hat er vor kurzem online veröffentlicht und setzt dabei auf Bauteile, die nicht nur viele Maker bereits zu Hause haben dürften: Legosteine.

Das Grundprinzip ist einfach. Das zu vergrößernde Teil wird auf den Drehteller gelegt, der von einer Hochleistungs-LED ausgeleuchtet wird. Den Teller kann man dabei nicht nur drehen lassen, sondern auch in der X- und Y-Achse verschieben. Die Kamera sitzt in einem Gehäuse auf einem Arm, der ebenfalls drei Bewegungsmöglichkeiten mit sich bringt. Der Aufbau kann um seine Aufhängung gekippt und zum Einstellen des Brennpunkts auf seiner Achse verschoben werden. Schließlich lässt sich auch der Abstand von Kamera und Linse im Gehäuse motorisiert einstellen und so die Vergrößerung beeinflußen. Ohne Objektivwechsel sind so Strukturen von wenigen Zentimetern bis zu wenigen Mikrometern erkennbar.

In seinem Mikroskop stecken dafür ein Raspberry Pi, der die 8-Megapixel-Kamera steuert, und zwei Arduino auf eigens entworfenen Platinen. Einer kümmert sich als Mainboard um die sechs Steppermotoren hinter den beweglichen Teilen und die LED-Beleuchtung. Über die serielle Schnittstelle (UART) kommuniziert er mit dem zweiten Arduino, der die Joysticksignale im kleinen Controllerpad verarbeitet. Nötig ist das allerdings nicht unbedingt, denn mit einem HDMI-Display und einer Tastatur für den Raspi kann das Gerät genauso gesteuert und die Bilder können dabei auch großformatig angeschaut werden. Für die Spannungsversorgung reicht das Original-Raspi-Netzteil mit 5 Volt und 3 Ampere, wobei ein zusätzlicher Spannungsregler die nötigen 12 Volt für die LED-Beleuchtung zur Verfügung stellt. Nur der Monitor benötigt dann noch ein eigenes Netzteil.

Um die Elektronik in Position zu halten, nutzte Temiz zunächst selbstentworfene Bauteile, die er mit dem 3D-Drucker hergestellt hat. Wer diese Variante nachbauen will, findet die Druckvorlagen aus FreeCAD zum Selberdrucken auf Github. Um Schulen und privaten Makern den Eigenbau zu ermöglichen, hat er die meisten Teile inzwischen durch Legosteine ersetzt. So kostet der Nachbau je nach gewünschten Features und Bezugsquellen zwischen 175 und 350 Euro. Die Dokumentation mit einigen Videos, Code für die Arduinos und den Raspi, Platinenlayouts und allen Anleitungen gibt es auf Github zum Herunterladen. —hch

github.com/IBM/MicroscoPy

Neben dem Basisaufbau mit reflektierendem Licht für Makrofotos sind auch weitere Aufbauvarianten möglich. 
Hier etwa durchleuchtet das Licht die Probe, wie in einem klassischen Durchlichtmikroskop.
Über zwei Jahre Arbeit hat Temiz inzwischen in das Projekt gesteckt.