Make Magazin 4/2020
S. 88
Make
Reingeschaut

Super8-Tonfilm-Kamera

Einst teure, feinmechanische Optik-Objekte der Begierde, heute billig online verscherbelt: Super8-Kameras beinhalten interessante Technik, aus der sich einiges Neues machen lässt.

von Heinz Behling

Da konnte ich nicht widerstehen, als ich diese Kamera auf eBay sah: Die Bauer 265 XL, eine von Bosch in Malaysia gebaute Tonfilm-Kamera im Super8-Format. Ein paar Tage später hielt ich das inzwischen 40 Jahre alte technische Meisterwerk in den Händen. Dank äußerst stabiler Bauweise, trotz Kunststoffgehäuse, hatte es die Zeit nahezu spurlos überstanden bis auf ein paar kleine, abgewetzte Stellen an der Seite. Das Innenleben erschien wie frisch aus der Fabrik. Diese Kamera mit ihrem sicher einmal deutlich vierstelligen D-Mark-Preis war nun für 10 Euro mein Eigen.

Der erste Blick ins geöffnete Filmfach zeigte, dass das Bildfenster mit 5,69mm × 4,22mm nur ein wenig größer ist als die Sensoren gängiger Raspberry-Kameras (3,67mm × 2,76 mm). 

Das Bildfenster bei Super8 ist 5,69mm × 4,22mm groß und sitzt zusammen mit dem Filmtransport-Greifer in einer Führungsschiene.

Da könnte man doch vielleicht einmal Kamera nebst Raspberry Zero direkt ins Gehäuse integrieren. Das Filmkassetten-Fach böte genügend Platz dafür. Und auch sonst hat diese Kamera einiges zu bieten, was sich wiederverwenden ließe. Da Super8-Filme nicht sehr lichtempfindlich waren, wurden meist lichtstarke Objektive eingebaut. So auch hier: ein Motor-Zoomobjektiv (7mm - 45mm Brennweite) mit Lichtstärke 1:1.2 und das auch noch mit Makrofunktion und Schnittbild-Entfernungsmesser. Wer hat sowas schon an einer RasPi-Kamera?

Das lichtstarke Objektiv besitzt eine Makrofunktion, die mit dem Zoomring eingeschaltet wird.

Die eingebaute Stromversorgung (6 AA-Zellen) ist im Griff untergebracht, der zugleich den Auslöser trägt. Zusätzlich gibt es zur Kamera eine Fernbedienung, wenngleich fern hier sehr relativ ist, da deren Kabellänge mit etwa 60cm eher kurz ist. Sie hilft aber, die Kamera bei Stativmontage vor Erschütterungen durch Betätigen des Auslösers zu schützen. Die Kamera lässt sich übrigens nicht nur im üblichen Quer-, sondern auch im Hochformat aufs Stativ montieren.

Ein Belichtungsmesser im Inneren regelt die Blendenöffnung. Dieser Mechanismus sitzt direkt hinter dem Objektiv und teilt sich den Platz mit dem Motor für den Filmtransport (der auch die Sektorblende vor dem Bildfenster bewegt) und dem Prisma, das ein Teil des Lichts zum Sucher leitet.

Die automatische Blende wird vom Belichtungsmesser gesteuert oder manuell eingestellt.

Hinter der linken Seitenwand der Kamera sitzt die Elektronik, die nicht nur die Filmdrehzahl und die Belichtung steuert, sondern vor allem auch den Tonteil enthält. Die Platine lässt sich service- (und Maker-) freundlich ausklappen. Sensationell für Baujahr 1980: Auf der Platine sitzen sogar schon zwei integrierte Schaltungen, der Mikrofoneingang sowie eine Kopfhörerbuchse. 

Zwei ICs auf der Platine, das war 1980 ein wichtiges Verkaufsargument in Katalogen.

Unter der Platine kommen dann unter anderem das Sucherrohr und die Motoren zum Filmaufwickeln und für den Antrieb des Tonteils zum Vorschein.

Hinter der Platine verstecken sich das Sucherrohr und die weiteren Motoren.

Das wird sicher eines meiner nächsten Projekte: Die Super8-RasPi-Kamera. Platz für die Elektronik ist da, Strom steht zur Verfügung, das Objektiv ist Spitze und sogar Sound ist möglich. Jetzt muss ich dann nur noch das Schmalfilm-typische Flimmern hinbekommen. —hgb