Make Magazin 1/2021
S. 3
Make
Editorial

Ende einer Ära

Für mich gehört Arduino zur Maker-Welt wie für andere das Oktoberfest zu München – es geht auch ohne, aber ohne fehlt gewaltig etwas. Ich schreibe allerdings auch schon mehr als zehn Jahre über Maker-Themen und seinerzeit hatte der Name Arduino noch eine ganz andere Aura als heute – wer erst seit ein paar Jahren dabei ist, denkt dabei möglicherweise nur an die kostenlose (und ein wenig schlichte) Software, mit der man seine ESP-Boards programmiert.

Dabei war 2005 mit dem ersten Arduino-Board eine echte Revolution ins Rollen gekommen: Es machte die bisher Spezialisten vorbehaltene Programmierung von Mikrocontrollern zur Spielwiese für Quereinsteiger wie Designer, Künstler, Bastler und schließlich Maker, die von den neuen Möglichkeiten begeistert Gebrauch machten. Davon befeuert erlebte Arduino in den folgenden Jahren einen raketenhaften Aufstieg (der in einen waschechten Rosenkrieg unter den Initiatoren mündete), befand sich aber schon vor gut drei Jahren im amtlichen Sinkflug und reif für den Abgesang: „Die Revolution frisst ihre Kinder“ lautete folgerichtig der Titel unseres Editorials in Make 5/17 (online nachzulesen unter make-magazin.de/xc8u), das dem einstigen Maker-Vorzeigeprojekt mittlerweile mangelnde Innovation, zu teure oder an der Praxis vorbei entwickelte Arduino-­Boards und Orientierung am Industriebedarf bescheinigte.

Gut, letzteres kennt man auch von anderen Projekten aus den Kindertagen der Maker-Szene: Auch Ultimaker, MakerBot und German RepRap (um nur mal ein paar Beispiele aus der 3D-Druck-Welt zu nennen), sind längst keine Open-Source-Bastelbuden mehr, sondern entwickeln Maschinen für die Industrie. Kann man auch verstehen, von Ruhm und Ehre lebt es sich nun mal deutlich schlechter als von professionellen Margen. Aber immerhin hält ja noch die Arduino IDE, die kostenlose Entwicklungsumgebung, die Fahne hoch – was sich damit nicht programmieren lässt, davon lassen schließlich die meisten Maker die Finger.

Oder?

Der neue Hit heißt MicroPython (siehe auch Seite 72) – für immer mehr Boards schreibt man seinen Code in Python. Und diese Programmiersprache ist relativ einfach zu lernen, man kann damit erstaunlich vielen Anwendungsprogramme skripten und nicht zuletzt ist sie das Idiom der Wahl bei vielen KI- und Machine-Learning-Anwendungen. Kurz: Wer Python lernt, kann nicht viel falsch machen.

Die Raspberry Pi Foundation hat das schon lange erkannt und setzt bei ihren Einplatinenrechnern von Anfang an auf Python. Mit dem neuen Mikrocontroller-Board Pico (siehe auch Seite 8) steckt sie aber zum ersten Mal ihren Claim im angestammten Revier von Arduino, ESP & Co. ab und lässt – dank MicroPython – auch noch die Arduino IDE links liegen, denn die wollte von Python noch nie was wissen. Womit wir wieder beim Thema „mangelnde Innovation“ wären, da hat sich in den letzten drei Jahren offenbar bei Arduino jenseits des Profi-Bereichs nicht viel getan.

Das Oktoberfest wird es 2021 bestimmt wieder geben. Eine Maker-Welt ohne Arduino fühlt sich hingegen schon fast normal an.

Peter König