Make Magazin 2/2021
S. 3
Make
Editorial

Emotionale Ansteckung

Dass man Teams und Gruppen durch besondere Erlebnisse zusammenschweißen kann, dürfte den meisten aus persönlicherErfahrung bekannt sein. Dass das sogar temporär für eher lose, aber dafür große Kollektive gilt, wissen auch Besucher von Wacken und Rock am Ring. Kürzlich haben Forscher aus Berkeley die Maker-Szene unter die Lupe genommen und eine ähnliche Verbundenheit festgestellt. Das mag auf den ersten Blick nicht überraschen, schaut man aber genauer hin, stellt man fest, dass die Maker-Community sehr viel heterogener ist, als Wacken-Besucher (ok, weit aus dem Fenster gelehnt) oder kleine Teams.

Die Maker-Szene bestehe aus Menschen mit vielen unterschiedlichen Interessen und Hobbys, die von Mathe-Nerds bis zu Hula-Hoop-Tänzer:innen reichten, schreibt die Studienleiterin in ihrer Zusammenfassung. Was Maker verbinde, sei der Enthusiasmus für das eigene Thema und die dabei ausgedrückten Emotionen. Statt nur Informationen über Projekte auszutauschen, inspirierten sich Maker mit ihrer Begeisterung gegenseitig. Daraus resultiere eine „emotionale Ansteckung, beispielsweise der Besucher und Aussteller einer Maker Faire untereinander.

Dabei spiele es weniger eine Rolle, ob die jeweiligen Interessen sich überschneiden. Viel wichtiger sei, gemeinsam zu lernen, zu experimentieren und zu spielen. Dieses gemeinsame Wertesystem führe dazu, dass Maker offener anderen Makern und deren Skills und Herkunft gegenüber stehen würden. So hätten beispielsweise die zunächst skeptischen Mathe-Nerds auf einer Maker Faire ihre Bewunderung für den Hola-Hoop-Stand ausgedrückt, nachdem sie dort leidenschaftlich die Technik und Mechanik neugestalteter Reifen erklärt bekamen. Durch emotionale Ansteckung entstehe eine kollektive Identität, die durch das Wertesystem automatisch inklusiv und divers sei.

In Corona-Zeiten über weitere Ansteckungsarten zu schreiben, ist schon harter Tobak! Nach acht Jahren bundesweiten Maker Faires kann ich diese Beobachtungen der Studie aber mehr als nur bestätigen. Die emotionale Ansteckung durch andere Maker auf Maker Faires gibt nicht nur mir jedes Mal Energie und Kraft für neue Ideen, Projekte und Veranstaltungen. Corona hat im letzten Jahr das Nachtanken leider verhindert. Und ehrlich gesagt, merke ich das.

Umso mehr freue ich mich, dass nun ein Ende des Lockdowns in Sicht ist und im Herbst 2021 vielleicht sogar wieder erste Maker Faires zum Anfassen stattfinden. Bis dahin tanke ich auf unserer digitalen Maker Faire am 18. Juni nach. Ich hoffe, wir sehen uns.

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Daniel Bachfeld