Make Magazin 5/2021
S. 108
Make
Make Projects

Holz-Challenge: Die Gewinner

Egal ob geschnitzt, geleimt, geschliffen oder CNC-gefräst – Hauptsache, aus Holz! Das war die einzige Vorgabe für Projekte, die bei unserem Sommer-Wettbewerb auf der Projektplattform Make Projects eingereicht werden durften.

von Peter König

Bei so viel Freiraum verwundert es eigentlich nicht, dass die Bandbreite unter den eingereichten 17 Projekten beeindruckend ist – sie reicht von selbst geschnitzten Gewürzlöffeln über E-Gitarre und Kajak bis zu raumfüllenden Möbelkonstruktionen wie Regalwand und Hochbett (samt Treppenschrank). Neben – klar, Holz – in verschiedenen Zuständen der Vorverabeitung von der Baumscheibe bis zum ausgedienten Skateboard-Deck kamen aber auch Kunstharz, Metall, mechanische Bauteile und nicht zuletzt bei manchem Projekt auch eine gehörige Portion Elektronik zum Einsatz. Kein Wunder, dass am Ende der Jury mal wieder schwerfiel, unter so vielen tollen Projekten drei herauszusuchen, die mit Preisen belohnt wurden. Deshalb stellen wir hier nicht nur die drei Gewinnerprojekte vor, sondern auch noch einige andere bemerkenswerte. Auf Make Projects – am bequemsten zu erreichen über die Kurz-URL – gibt es aber noch viel mehr: mehr Projekte, mehr Bilder und mehr lesenswerte Beschreibungen. —pek

Alle Projekte im Netz unter make-magazin.de/xqay

1. Platz: Gedrechselte Schach-Mühlen

Britt (@brittliv) hat – anders als viele Maker – eine Drechselbank zur Verfügung und wollte sich nach ein paar gedrechselten Schalen zum ersten Mal an Längsholz heranwagen. „In einer grenzenlosen Überschätzung meiner Fähigkeiten habe ich mich dafür entschieden, Salz- und Pfeffermühlen zu drechseln, die wie Schachfiguren aussehen“, schreibt sie auf Make Projects – für ihren Vater, der ein großer Schach-Fan ist. Auch wenn ihr Vorhaben ganz sicher eine echte Herausforderung war, überzeugt das Ergebnis doch absolut, sodass wir es mit dem ersten Preis (einem Baumarktgutschein über 300 Euro) ausgezeichnet haben. Das lag nicht nur am fertigen Projekt selbst, sondern ebenso an Britts liebevoller und detaillierten Darstellung jedes einzelnen Arbeitsschrittes in vielen schönen Fotos und ausführlichen Texten, wobei sie auch zeigt, was zwischendrin schiefgelaufen ist. Am Ende passt aber alles, die gekauften Keramik-Mahlwerke sitzen prima in den Figuren aus Birken- und Walnussholz. Dazu gibt es auf Make Projects auch alle Planzeichnungen und Maße für die Figuren und sogar 3D-Dateien im STL-Format zum Download, falls jemand solche Mühlen lieber drucken als drechseln möchte …

2. Platz: Puppenhaus im Maßstab 1:12

Das Puppenhaus, das Stefan (@StefanB) für seine vierjährige Tochter gebaut hat, wirkt mit seinen Sprossenfenstern und den sichtbaren Mauersteinen sehr nostalgisch – „viktorianischer Stil“ sei das Ziel gewesen, schreibt er auf Make Projects. Beim Bau kam allerdings viel moderne Technik zum Einsatz: So entstand der Entwurf in der 3D-Software Sketchup, in der Werkstatt machten Tischkreissäge und Kantenfräse Krach und die filigranen Spossenfensterrahmen und viele andere Teile entstanden auf einer Eigenbau-CNC-Fräse. Der „Keller“ des Hauses, der als Schublade ausgeführt ist, nimmt gerade nicht genutzte Spielutensilien auf und er enthält auch ein Fach für die Batterie, die für die elektrische Beleuchtung der einzelnen Räume nötig ist. Allen benutzten Maschinen zum Trotz steckt in dem Puppenhaus allerdings auch jede Menge liebevoller Handarbeit – so hat Stefan beispielsweise alle Stufen der beiden Treppengiebel von Hand mit der Japansäge herausgearbeitet und die Naturstein-Optik der Fassade mit einem Dremel samt Kugelfräser herausgearbeitet, indem der diesen bei fester Frästiefe an einem angelegten Metalllineal entlang führte. In diesem Puppenhaus steckt mehr, als man auf den ersten Blick meinen mag, weshalb wir seinem Architekten und Erbauer einen der beiden zweiten Preise zusprachen (ein Make-Miniabo Plus).

2. Platz: Ein Kajak und ein Paddel für die Tochter

„Die Baupläne sind gekauft, alles andere ist selbst gemacht.“ So lautet lapidar die Kurzbeschreibung des für die Holz-Challenge eingereichten Projekts von Max (@maximimaxima). Der fährt „für sein Leben gern“ Kajak, wie er schreibt, und wollte seiner achtjährigen Tochter die Möglichkeit geben, es ebenfalls auszuprobieren. Kinderkajaks sind eher selten im Verleih, warum also nicht gleich eines selber bauen, statt es zu kaufen? Der Entwurf eines solchen Boots ist natürlich ein ganz eigenes Projekt und erfordert Erfahrung, deshalb kaufte sich Max lieber einen Plan für eine Konstruktion, bei der über ein Gerippe aus Kiefernleisten und Spanten aus Bootsbausperrholz eine Bespannung aus sogenanntem ballistischem Nylon gezogen wird. Eine spezielle Beschichtung sperrt anschließend das Wasser aus. Während die Beschichtung trocknete, hat Max noch kurzerhand aus einem Kiefernkantholz das passende Paddel ausgesägt und vor allem gehobelt – oder genauer gesagt, zwei Paddel, weil er den ersten Versuch „nicht so dolle“ fand. Apropros zwei: Seinem Fazit auf Make Projects nach zu schließen, wird das wohl nicht das letzte Kajak aus der heimischen Werft gewesen sein … Wir waren jedenfalls so überzeugt von diesem ersten Boot, dass wir Max den zweiten der beiden zweiten Preise zusprachen (ein Make-Miniabo Plus).

Mit High-Tech: E-Gitarre, Tretmühle und LED-Regal

Natürlich hatten wir als Jury noch eine Menge anderer Kandidaten auf der Shortlist, weshalb wir hier noch undbedingt ein paar weitere Projekte aus der Challenge vorstellen müssen. Eines davon ist die Skateboard-Gitarre von @54m, der schreibt: „Knapp 400 Tage nach dem allerersten Konzept, rund 60 Stunden in CAD und 24 Stunden in der Werkstatt später, ist mein Gitarrenbau nun abgeschlossen. Entstanden ist ein bunter Kanarienvogel und eine der am angenehmsten bespielbaren Gitarren, die ich je in der Hand hatte.“ 1 Die Kanarienvogel-Anmutung rührt vom Korpus-Material her, denn dessen Deckschicht besteht aus zerrockten Skateboard-Decks, die mit Hilfe der Furnierpresse im Holzkombinat Chemnitz zu einem mehr oder weniger homogenen Schichtholzblock verleimt und später in Form gefräst wurden 2. Ansonsten ist die Gitarre mit ihrem Headless-Design, den sieben Saiten und den aufgefächerten Bundstäben auf dem Griffbrett alles andere als ein Instrument von der Stange – und ihre ganze Entstehungsgeschichte gibt es ausführlich auf Make Projects nachzulesen.

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Die Tretmühle von Claudius Albat (@ClaudiusA) hingegen wirkt in ihrer gedeckten Siebdruckplatten-Optik auf den ersten Blick eher unspektaktulär 3 – aber im Inneren steckt eine ausgeklügelte Mechanik 4. Zweck des ganzen ist nämlich, als praktisches kleines Endlos-Laufband für Bewegung der Beine bei der Büroarbeit am Stehtisch zu sorgen. Die Siebdruckplatten sind dabei nicht nur ziemlich robust, sie bieten gerade durch ihre strukturierte Oberfläche auch den passenden Grip fürs Laufen auf der Stelle. Die Seitenteile wurden mit einer selbstgebauten CNC-Fräse angefertigt, die Latten des Bandes mit der Tischkreissäge um 15 Grad abgeschrägt, damit Zehen keinesfalls Gefahr laufen, eingeklemmt zu werden. Insgesamt 54 Kugellager sorgen im Inneren für einen reibungslosen Lauf und ein Bluetooth-Sensor misst die Gehgeschwindigkeit. Wahrlich innere Werte!

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Das LED-Regal von Martin H. (@maatin) erweitert das bereits vorhandene Spirituosen-Regal und sorgt gleichzeitig über LED-Streifen für stimmungsvolle Beleuchtung 5. Als Vorbild diente ihm eine Konstruktion, die eigentlich für den 3D-Druck vorgesehen war, aber diese Fertigungstechnik kam für Martin nicht in Frage – zum einen aufgrund der geplanten Größe, zum anderen, weil seine Erweiterung aus dem gleichen Holz sein sollte wie das vorhandene Regal. Mit der Kreissäge schnitt er Nuten in die Stirnseite der Bretter, in die dann RGB-LED-Streifen gelegt wurden, die er anschließend mit Kunstharz vergossen hat. Weiße Acrylfarbe dient als Diffusor, um das Licht zu streuen. Neben diversen Lichteffekten kann das Regal auch als Reihe großer Sieben-Segment-Anzeigen dienen und die Uhrzeit anzeigen 6.

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Back to the Woods: Holz (fast) pur

EInige Projekte, die für unseren Wettbewerb eingereicht wurden, stellten auch gewachsenes Massivholz in seiner noch erkennbar natürlichen Form in den Mittelpunkt. Oft geht es dabei um Holz, das man selbst noch als lebendigen Baum gekannt hat, wie im Fall von Mario Redel (@M.Redel), der zusammen mit seiner Freundin Bretter aus dem Kirschbaum aus dem Garten seiner Eltern zu einer Esstischplatte verarbeitet hat 7. Der Baum spaltete sich auf und musste gefällt werden – die daraus geschnittenen Bretter wurden getrocknet, gehobelt und in eine selbstgebaute flache Gießform gelegt, in die anschließend über 20 Liter gefärbtes Epoxidharz eingegossen wurden. Nach zwei Wochen Trocknungszeit konnte dann aus dem entstandenen flachen Block die fertige Tischplatte gefräst und geschliffen und mit Haarnadelbeinen versehen werden. Solche filigranen Beine aus Metall nutzte auch @Taam für seinen Wohnzimmertisch, doch kombinierte er sie mit einer massiven Baumscheibe, per Kettensäge aus dem vollen Stamm geschnitten 8 und dann per Hand entrindet, geglättet und geölt.

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Viel handlicher sind hingegen die Holzprojekte von Jan Kuhtz (@Jan2021), denn er schnitzt Gewürzlöffel aus den unterschiedlichsten Holzarten 9. Solche Löffel sind ein ideales Einsteigerprojekt, denn der Werkzeugaufwand ist ebenso gering wie der Materialverbrauch. Zudem liest sich die Projektvorstellung eher wie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Selbermachen (inklusive der Beschreibung einer selbstgebauter Schleifmaschine für Spezialmesser aus einer alten Festplatte). Viel schiefgehen kann außerdem auch nicht, sagt Jan: „Das Schöne an der Arbeit mit Holz ist, dass es fast keine Situation gibt, die so katastrophal ist, dass es der Löffel nicht überlebt. Risse im Holz werden mit Sekundenkleber oder mit Zinn gefüllt. Sollte der Löffel am Schaft hinter der Kelle brechen, kann ich einen Stahlstift mit 2K-Klebstoff einsetzen und bekomme immer noch ein brauchbares Ergebnis hin.“

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Noch mehr (Lese)stoff

Klar, das war noch nicht alles, deshalb lohnt sich ein Besuch auf Make Projects unbedingt: So kann man Sebastian Löwe (@Semok) samt Familie bei der kollektiven Planung und Umsetzung des Hochbetts mit Treppenschrank für den unweigerlich älter werdenden Nachwuchs quasi über die Schulter ins Skizzenbuch schauen – vor dem Baubeginn stand hier nämlich viel Zeichenarbeit auf der Suche nach der perfekten Lösung 10. Christian Knappke (@Christian) hingegen tritt bei seinem Karl X, dem Regal unter der Dachschräge, den Beweis an, dass die 3D-Programmierumgebung OpenSCAD durchaus auch zur Planung von Möbeln taugt. Wunderschön anzuschauen sind Nachtlicht und Wecker, die @firlefranz für seine Tochter gebaut hat 11. Alles in allem waren wir begeistert von den Einreichungen zu unserem Holz-Wettbewerb und freuen uns schon sehr auf die kommenden Challenges bei Make Projects! —pek

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