Make Magazin 4/2022
S. 3
Make
Editorial
konstantinks / Shutterstock.com

Wolkiges Angebot

Vor gut zehn Jahren zeigte der CAD-Hersteller Autodesk plötzlich ein Herz für Maker und brachte unter dem Namen 123D eine ganze Latte von Apps für Computer, Smartphones und Tablets heraus, mit denen man nach Herzenslust in 3D konstruieren, modellieren, scannen und sogar elektronische Schaltungen entwickeln konnte. Der Clou: Obwohl hinter all den Apps professionelle Softwaretechnik stand, war das Angebot nicht nur durchweg kostenlos, sondern konsequent so klar gestaltet, dass der Einstieg Hobbyanwendern leicht fiel.

Doch 2017 war überraschend Schluss mit 123D. Zum Ausgleich bekommen Maker kostenlos das Cloud-gestützte Profi-CAD-Werkzeug Fusion 360 von Autodesk angeboten. Anders als bei den 123D-Apps gibt es von Fusion 360 auch eine Vollversion, im kostenpflichtigen Abo. Die kann natürlich mehr als die Gratis-Ausgabe. Wo aber die Unterschiede im einzelnen liegen, das beschäftigt uns seit Jahren. Es ändert sich und die Aussagen von Autodesk bleiben oft wolkig, wenn es überhaupt welche gibt. Die klaren Zeiten von 123D sind jedenfalls vorbei.

Anfangs musste man sich für einen Fusion-360-Testzugang registrieren und dann versichern, dass man entweder Hobby-Anwender ist oder weniger als 100.000 Dollar Jahresumsatz macht. Dann entpuppte sich dieser Gratis-Zugang als kostenloses „Abo“, das jährlich verlängert werden musste. Später kündigte Autodesk ungewöhnlich klar an, seinen nicht zahlenden Nutzern diverse Fusion-Funktionen wie den Export von technischen Zeichnungen als DXF oder CAM-Werkzeuge für CNC-Fräsen mit mehr als vier Achsen zu sperren – das gilt bis heute.

Unterdessen war mein persönliches „Abo“ mal wieder zu Ende, pardon: Mein „Testzeitraum“ sei abgelaufen, so nannte es Fusion (ich hatte das bisher irgendwie anders verstanden). Alle Versuche, meinen Make-Zugang über die Autodesk-Webseite oder aus der Software heraus zu verlängern, schlugen fehl. Da ich auf der Homepage des Herstellers zwischenzeitlich auch nichts mehr über „Fusion 360 für Privatanwender“ finden konnte, war ich fest davon überzeugt, dass auch dieses Gratis-Angebot von Autodesk klammheimlich den Weg von 123D genommen hätte … und alle, die noch vom „kostenlosen Fusion“ sprechen, bloß einer zeitlich begrenzten Testversion aufsitzen und das noch nicht geschnallt haben. Deshalb, ich gebe es zu, wäre die Software um ein Haar nicht in unseren Gratis-CAD-Software-Test ab Seite 76 aufgenommen worden.

Glücklicherweise klärte es sich noch rechtzeitig: Doch, man kann Fusion 360 als Maker weiter gratis nutzen (und auch mein Account funktioniert jetzt wieder). Das Angebot ist auf der Produktwebseite inzwischen gut aufzufinden und es gibt dort auch eine ausführliche Liste der Einschränkungen. Die scheint aber auch nicht ganz korrekt zu sein, denn dort fehlt etwa bei den unterstützten Importformaten STL und DXF ist vermummt als „.dxfs“ aufgeführt. Und zur Nutzungsdauer heißt es an einer Stelle, die Software sei „für berechtigte Anwender drei Jahre kostenlos für nichtkommerzielle Projekte nutzbar“. Woanders steht, sie sei „eine begrenzte kostenlose Version, die grundlegende Funktionen enthält und die jeweils für drei Jahre verlängert werden kann.“ Nee, Autodesk, klare Kommunikation ist was anderes. Oder macht ihr das bewusst alles so wolkig, weil ihr hofft, dass sich ein Gratis-Nutzer auf einmal in einer „abgelaufenen Testversion“ wiederfindet und versehentlich ein kostenpflichtiges Abo abschließt, um seine Projekte zu retten?

Spätestens in drei Jahren wissen wir, woran wir sind. Wir bleiben dran.

Peter König

Peter König