Make Magazin 2/2024
S. 3
Make
Editorial
Bild: Mayuree Moonhirun / Shutterstock.com

Ohne mich, Patronenmafia!

Druckerhersteller sind geübt darin, uns das Leben schwer zu machen: Jedes Druckermodell hat seine eigene Patronenbauform, eine leere Farbpatrone sperrt auch den Schwarz-Weiß-Druck und der Chip in den Patronen soll günstige Fremdtinte und Nachfüllen verhindern. In den Druckern sind Verschleißteile wie die Kissen zum Reinigen der Düsen und der Druckkopf wartungsfeindlich verbaut.

Der neuste Streich der Patronenmafia kommt von HP: Böse Hacker könnten Viren auf den Kopierschutzchips von Dritthersteller-Patronen verstecken, die sich dann in den Drucker schleichen, um von dort Schabernack im heimischen Netzwerk zu treiben, warnt der Hersteller (siehe Link). Davon abgesehen, dass HP selber die Idee zu diesem Angriffsszenario geliefert hat, ist HPs Schlussfolgerung nicht etwa, die eigenen Patronen nicht länger mit eigentlich unnötigen Chips zu verdongeln, und dieser Masche so einen Riegel vorzuschieben.

Stattdessen hält man es für angemessen, bereits verkaufte Drucker einfach per Firmware stillzulegen, wenn sie einmal mit einer Fremdpatrone in Berührung gekommen sind. Zum Schutz der Verbraucher, natürlich. Nebenbei gibt HP-Chef Enrique Lores ganz offen zu, dass sie mit jedem Druckerverkauf Verlust machen und die Kohle über die völlig überteuerten Patronen reinholen: „Das ist eben das Geschäftsmodell“.

Ich habe auf das Drucker-Drama keine Lust mehr. Unser Tinten-Multifunktionsgerät habe ich zum Scanner degradiert. Für die paar Ausdrucke, die ich im Jahr benötige, habe ich einen billigen SW-Laserdrucker ohne verdongelten Toner gebraucht gekauft, für Text reicht das allemal. Fotos schaue ich mir in Zukunft lieber digital an und die Großeltern bekommen einmal im Jahr ein Fotobuch.

Wenn die Angebote des freien Marktes so bewusst darauf abzielen, mich abzuzocken, übe ich mich lieber in Verzicht. Stattdessen werde ich versuchen, unserem Nachwuchs beizubringen, sich vor dem Kauf über Produkt und Geschäftsmodell zu informieren. Ich hoffe, ihn dafür begeistern zu können, langlebige Dinge wertzuschätzen und im Falle eines Defektes Geräte aufzuschrauben, zu reparieren, anzupassen, alternative Lösungen zu finden oder gar die Firmwares von Clouds und Knebeln zu befreien.

Wir können es uns nicht länger leisten, alles wegzuwerfen, was kaputtgeht. Erst recht nicht, wenn der Defekt durch geplante Obsoleszenz simpler Bauteile ausgelöst ist. Daher: Repariert, was nicht repariert werden soll! Nehmt auseinander, kombiniert neu, setzt wieder zusammen! Teilt 3D-Druck-Daten für Ersatzteile im Netz! Hackt den Herstellern den Angstschweiß auf die Stirn! Schreibt eure lokalen Politiker an, sie mögen doch bitte das im Koalitionsvertrag vereinbarte Recht auf Reparatur voranbringen.

Um so mehr hat mich die rege Nachfrage nach unserem Reparatur-Heft im Herbst gefreut. Herzlichen Dank! Nicht wegen der verkauften Hefte (okay, das auch), sondern weil ihr euch für das Reparieren interessiert. Diesen Weg sollten wir gemeinsam weitergehen.

Zuversichtliche Grüße

make-magazin.de/xyhy

Johannes Börnsen

Johannes Börnsen