Reise zum Rande der Galaxis
Ein Besuch im Star-Wars-Themenbereich „Galaxy’s Edge“ in Disneyland
Nach der Übernahme der Star-Wars-Produktionsfirma Lucasfilm kündigte Disney 2015 für seine Parks in Kalifornien und Florida einen eigenen Bereich rund um die Sternenkrieger-Saga an. c’t hat sich angeschaut, ob sich der Besuch lohnt.
Bei meinem ersten Besuch des kalifornischen Disneylands vor etlichen Jahren gehörte „Star Tours“ zu den Fahrgeschäften (englisch „Rides“), die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterließen. Vermittelte es doch das Gefühl, an der Seite von C-3PO mit einem Transporter durchs Universum zu rasen, direkt hinein in eine Schlacht gegen das Imperium.
Star Tours gibt es immer noch. Doch ich bin zurück in Anaheim, um mir eine Erweiterung rund um die mittlerweile zu Disney gehörende Marke Star Wars anzuschauen, die alles bisherige in den Schatten stellen soll: „Galaxy’s Edge“, ein neuer Bereich in Disneyland und Disneys Hollywood Studios in Florida, in dem man den Planeten Batuu am Rand des Universums besucht.
Und so stehe ich nun in einem Raumhafen mit Gebäuden, die an Mos Eisley erinnern – als zwei Sturmtruppler an mich herantreten und eindringlich fragen, ob ich Mitglieder des Widerstands gesehen hätte. Später treffe ich noch auf Kylo Ren und Ray aus dem Film „Das Erwachen der Macht“, an dem sich Disney bei der Gestaltung der Anlage orientiert hat.
Millennium Falcon: Smugglers Run
Der Blickfang von Galaxy’s Edge ist der Millennium Falke in Originalgröße. Dahinter befindet sich der Eingang zum zugehörigen Fahrgeschäft „Millennium Falcon: Smugglers Run“. Die Wartezeit beträgt schon am frühen Morgen über eine halbe Stunde. Vor dem Flug kann man sich im Falken umschauen und ein Erinnerungsfoto am bekannten Spielbrett machen – leider ohne holografische Figuren.
Smugglers Run ist ein Flugsimulator, bei dem man aus dem Fenster auf Monitore schaut, die die Umgebung fotorealistisch darstellen. So bekommt man wirklich das Gefühl, durchs Weltall zu fliegen, Hyperraumsprünge inklusive – zumal sich das Cockpit passend zur jeweiligen Szene bewegt und man bei jedem Treffer kräftig durchgeschüttelt wird.
Die Fahrgäste müssen während des Fluges in Sechsergruppen gemeinsam eine Mission erfüllen, indem jeder zur rechten Zeit Knöpfchen drückt beziehungsweise Joysticks bedient. Das macht richtig Spaß, auch wenn es in anderen US-Freizeitparks ähnliche Rides gibt.
Lange war Smugglers Run das einzige Fahrgeschäft im Galaxy’s Edge – was nicht zuletzt deshalb für Kritik sorgte, weil Disneyland die Eintrittspreise zur Eröffnung des neuen Bereichs um bis zu 25 Prozent anhob. Je nach Wochen- beziehungsweise Ferientag zahlt man für ein Tagesticket nun zwischen 104 und 149 Dollar.
Das schließt zwar den Zugang zu allen Attraktionen von Disneyland ein, allerdings hat sich der Park seit meinem letzten Besuch sonst kaum verändert.
Rise Of The Resistance
Seit Mitte Januar gibt es mit „Rise Of The Resistance“ endlich das lange angekündigte zweite Fahrgeschäft in Galaxy’s Edge, am Versteck des Widerstandes etwas außerhalb des Raumhafens. Hier fährt man, gejagt von Kylo Ren, zu acht in einem Wagen durch einen Sternenzerstörer, um den herum gerade eine Weltraumschlacht tobt. Die Fahrt hat epische Ausmaße, die Besucher werden von einer Szene in die nächste geschleudert.
Dank Lichteffekten an Wänden und Decken hat man das Gefühl, die Sturmtruppler würden nur knapp an einem vorbeischießen. Geschickt in Gegenständen integrierte randlose Displays sorgen wiederum für die perfekte Illusion, die Schüsse würden Löcher in Kisten oder den Fuß eines AT-AT brennen.
Auch darauf, dass man animierte Figuren schnell als Fake erkennt, hat Disney reagiert: Man blickt an mehreren Stellen auf Bildschirme, in denen nun Videos mit Darstellern ablaufen, die vor einem passenden Hintergrund aufgenommen wurden. Man guckt also beispielsweise gar nicht in ein Cockpit, sondern nur auf ein Video, das Piloten in einem Cockpit zeigt - nur, dass man das bei der rasanten Fahrt nicht so leicht merkt.
Damit setzt das Fahrgeschäft selbst für Disney-Verhältnisse neue Maßstäbe – auch, weil die Wagen nicht wie üblich auf Schienen fahren. So erahnt man als Passagier den Streckenverlauf nicht so leicht, was die Spannung erhöht. Zudem drehen sich die Wagen während der Fahrt immer wieder, wodurch man einen Rundumblick erhält. Das ist ein großer Fortschritt zu anderen Rides im Park.
Auch für Disney bringt die Lösung Vorteile: Rise Of The Resistance bietet gleich zwei verschiedene Fahrten mit leicht unterschiedlichen Routen und Geschichten. Das schafft für Besucher den Anreiz, ein weiteres Mal zu fahren, um beide Alternativen zu erleben. Ein ähnliches Konzept verfolgt Disney bei Smugglers Run: Hier teilt man die Passagiere in Piloten, Schützen und Ingenieure mit unterschiedlichen Aufgaben ein.
Essen und Trinken
Gegen Mittag bin ich mit den Fahrgeschäften durch. Für den aufkommenden Hunger und Durst gibt es in Galaxy’s Edge Restaurants und Stände, die alle möglichen Speisen anbieten. Disney strengt sich an, die Illusion einer außerirdischen Welt auch an dieser Stelle nicht zu zerstören.
Für alle, die es eine Nummer größer wollen, gibt es eine Cantina, in der rauchende Cocktails serviert werden. Als Paar oder in Gruppen kann man einen Spontanbesuch aber vergessen; ohne vorherige Reservierung über die Disneyland-App läuft nichts.
Roboter …
Frisch gestärkt geht es für mich zum „Droid Depot“. Hier kann man nicht nur Modelle von R2-D2 und BB-8 kaufen, sondern Roboter der beiden Serien selbst zusammenbauen. Beide kommen mit einer Funk-Fernbedienung und können zusätzlich zu Fahrmanövern den Kopf drehen und Laute von sich geben. Ist man mit dem Standard-Fiepsen nicht zufrieden, kann man in die Roboter ein Modul mit alternativen Sounds stecken. Acht dieser „Personality Chips“ stehen zur Auswahl, für rund 15 Dollar das Stück. An das R-Modell kann man zudem Plastik-Kanonen montieren, die auf Knopfdruck „feuern“ (es leuchten die eingebauten roten LEDs auf).
Ich kann nicht widerstehen und entscheide mich für ein R-Modell. Der Zusammenbau ist einfach, letztlich steckt man nur einige Teile zusammen und zieht Schrauben an. Trotzdem macht es Spaß und schafft eine Beziehung zum Roboter. Die wird noch einmal verstärkt, wenn man am Ende einen Aktivierungsknopf drückt, um ihn zum Leben zu erwecken. Disney verkauft nun mal Emotionen – in diesem Fall für 100 Dollar das Stück.
Witziges Detail: Mein Roboter kommt eingeschaltet in einen Tragekarton und fiepst und blinkt fortan jedesmals los, wenn ich an einem anderen Besucher mit Roboter vorbeikomme oder einen Laden in Galaxy's Edge betrete. Möglich machen dies einerseits in den Robotern eingebaute Bluetooth-LE-Empfänger, andererseits Beacons in Robotern und Gebäuden.
… und Lichtschwerter
In „Savi’s Workshop“ nebenan treibt Disney das Mitmach-Konzept noch weiter – sowohl bei der Umsetzung als auch beim Preis. Hier baut man in der Gruppe unter Anleitung aus mehreren Komponenten ein Lichtschwert nach eigenem Geschmack, das am Ende in einer feierlichen Zeremonie aktiviert wird.
Der Spaß kostet satte 215 Dollar. Dafür sind die Laserschwerter wesentlich wertiger als die üblichen Plastikmodelle: Sie haben Griffe aus Metall, erzeugen dank integriertem Soundchip filmähnliche Geräusche und bieten dank LED-Leiste beeindruckende Lichteffekte einer ein- und ausfahrenden Klinge. Und so stehen während meines Besuchs die ganze Zeit Fans vor Savi’s Workshop Schlange. Ohne vorherige Reservierung läuft auch hier nichts.
Alternativ bekommt man im „Dok-Ondar’s Den of Antiquities“, dem Souvenirladen von Galaxy’s Edge, unter anderem Replikas berühmte Lichtschwerter , die man nicht selbst nachbauen kann. Ich entscheide mich für das Modell von Kylo Ren mit drei Klingen und einem Preis von ebenfalls 215 Dollar.
Am Abend kehre ich noch einmal in Galaxy’s Edge zurück und erlebe, wie zahlreiche Neu-Jedis mit ihren Schwertern für ein Foto vor dem Millennium Falcon posieren und sich Scheinkämpfe liefern. Die gute Laune steckt an – und auch ich duelliere mich am Ende in der Dunkelheit mit wildfremden Menschen.
Fazit
Alles in allem hatte ich einen Riesenspaß. Dennoch bleibt ein etwas bitterer Nachgeschmack. Denn einerseits ist Galaxy’s Edge für den in die Jahre gekommenen Freizeitparkt eine echte Bereicherung. Die beiden Rides sind super, der Besuch der Cantina und die Verkostung von blauer Milch macht Laune. Andererseits ist das alleine nicht tagfüllend. Will man jedoch alle Aktivitäten voll auskosten, brennt das ein tiefes Loch ins Portemonnaie – nachdem man bereits den satten Eintrittspreis gezahlt hat, der aber bei Galaxy’s Edge eben nicht alle Aktivitäten abdeckt.
Ohne Moos ist in Galaxy’s Edge sprichwörtlich recht wenig los. An einigen Stellen gibt es zwar animierte Figuren. Sie spulen aber immer wieder ein und dasselbe Programm ab und interagieren nicht mit den Besuchern. Das ist in Zeiten von Sprachassistenten, Gesichtserkennung und künstlicher Intelligenz mager.
Teilweise hatte ich sogar das Gefühl, durch ein Freiluftmuseum zu laufen. So kann man etwa eine Werkstatt mit einem scheinbar schwebenden Landspeeder bewundern, die Szenerie ist aber leblos. Am Versteck des Widerstands stehen nur zwei Raumschiffe herum.
Galaxy’s Edge würde schon „authentischer“ wirken, wenn Roboter durch die Straßen fahren würden – wie es auf ersten Designskizzen von Galaxy’s Edge zu sehen war. Disney erklärte jedoch bereits, dass es dazu in naher Zukunft nicht kommen wird. Der Konzern soll aber schon wieder eine Preiserhöhung planen. (nij@ct.de)