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Technology Review ist mit Autoren weltweit vertreten. Auf den folgenden Seiten berichten sie über die spannendsten Entwicklungen in ihren Ländern.
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Die Windkraft nimmt Kurs aufs offene Meer: Der norwegische Öl- und Gaskonzern Statoil will in den kommenden Monaten 25 Kilometer vor der Küste Schottlands mit dem Bau eines schwimmenden Windparks beginnen. Die Anlage mit 30 Megawatt Nennleistung soll rund 20000 Haushalte versorgen und damit eine der größten weltweit sein.
Noch stehen Offshore-Windräder meist auf großen Gestellen im flachen Wasser. Doch dafür ist das Meer an vielen Stellen zu tief. Schwimmende Fundamente, die von Stahlseilen auf Position gehalten werden, sind daher eine vielversprechende Option, um den Ausbau voranzubringen. Der Statoil-Windpark wird allerdings vor allem ein Testfeld sein mit fünf Windrädern, je sechs Megawatt stark. Siemens liefert die getriebelosen Anlagen mit einem Rotordurchmesser von 154 Metern.
Getragen werden die 360 Tonnen schweren Kolosse von Spar-Bojen. Das sind zylindrische Stahlröhren mit beeindruckenden Dimensionen: 258 Meter lang, 14 Meter im Durchmesser und mit einem Gewicht von rund 2000 Tonnen. Sie treiben aufrecht im Meer, wobei sich 80 Meter des Rohres unter der Wasseroberfläche befinden. Die Technik stammt aus der Öl- und Gasindustrie und ist seit Jahrzehnten im Einsatz. Auch der Aufbau ist erprobt: Die Bojen werden liegend von Schleppern an einen geschützten Ort gezogen, wo das Wasser tief genug ist; dort füllt man sie mit Ballastwasser und richtet sie auf. Anschließend wird das Windrad installiert und die gesamte Einheit zum Einsatzort geschleppt.
Statoil testet dieses Konzept schon seit fünf Jahren. Vor der Südwestküste Norwegens ragt eine 2-Megawatt-Maschine aus dem Atlantik, der hier 220 Meter tief ist. „Die Anlage ist mit 200 Messpunkten bestückt und hat bewiesen, dass sie selbst Orkanen und Wellen von bis zu 19 Metern trotzt“, sagt Stephen Bull, Vizepräsident der Windsparte bei Statoil.
Gelernt haben die Ingenieure in Norwegen, dass sie die Anlagensteuerung anpassen müssen. Denn der Anstellwinkel der Blätter richtet sich nach der Windgeschwindigkeit. Durch die Schaukelbewegungen des Turms werden der Elektronik auf dem Maschinenhaus jedoch falsche Werte vorgegaukelt. Das berücksichtigen die Ingenieure seither und korrigieren die Anstellwinkel entsprechend.
Kosten wird die Windfarm vor Schottland rund 215 Millionen Euro – mehr als sieben Millionen Euro je Megawatt. Das ist vergleichsweise viel: Standard-Offshore-Windräder werden mit 2,5 bis 4 Millionen Euro pro installiertem Megawatt berechnet. Statoil sieht noch Möglichkeiten für eine Optimierung und will auf lange Sicht sogar mit der Onshore-Windkraft gleichziehen.
Potenzial für Schwimmwindräder sehen auch andere Konzerne. So baut ein Konsortium um das portugiesische Erneuerbare-Energien-Unternehmen EDPR voraussichtlich bis 2018 vor der Küste Portugals ein weiteres Testfeld. Im „WindFloat Atlantic Project“ sollen drei bis vier Anlagen mit zusammen 25 Megawatt Leistung installiert werden. Auch das Konsortium erprobt die Technik seit Jahren. Der Prototyp in Südportugal hat bislang mehr als 16 Gigawattstunden erzeugt – selbst in extremem Wetter, heißt es bei EDPR. Die Portugiesen nutzen allerdings keine Spar-Boje, sondern eine Halbtaucher-Plattform. Der Vorteil dieser Variante liegt darin, dass man die Anlage, die dann auf See geschleppt wird, komplett im Trockendock errichten kann. Allerdings verschlingt dieser Schwimmertyp viel Stahl. Das macht ihn teuer.
Daniel Hautmann
Als Joe Rice die Geldbörse gestohlen wurde und der Dieb ungehindert die erbeuteten Karten benutzen konnte, kam der Brite auf eine Idee. Er saß am Steuer seines Wagens, Sonnenlicht fiel auf seine Hände und beleuchtete die Venen unter der Haut. Wäre es möglich, fragte sich Rice, deren individuelles Muster zur Authentifizierung zu benutzen? Das war in den 1980er-Jahren. Doch es sollte noch knapp drei Jahrzehnte dauern, bis der Ingenieur seine Idee realisieren konnte. Erst 2014 fand er in Matthias Vanoni den richtigen Partner und gründete mit ihm in der Schweiz das Start-up Biowatch.
Bereits in den Achtzigern hatte Rice den Prototyp aus Infrarot-LEDs und Photodioden gebaut und 1985 zum Patent angemeldet. Das Endprodukt ist nun ein Sensor, der unter dem Armband einer Uhr Platz findet. Er durchleuchtet das Venenmuster des Trägers und vergleicht es mit einem hinterlegten Bild: Außerdem erkennt der Sensor am Puls, ob die Daten von einem lebendigen Körper stammen. Fälschungen, wie sie beim Fingerabdruck mit einigem Aufwand möglich sind, funktionieren daher nicht. Zur Authentifizierung genügt es, den Sensor am Arm zu tragen. Die in einer geschützten Cloud hinterlegten Passwörter werden dann zur Entsperrung drahtlos an Türen, PCs oder das Smartphone übertragen.
Inzwischen hat die Biowatch einige Innovationspreise wie zuletzt im November 2015 den UBS-Fintech-Award gewonnen. Wann das Gerät auf den Markt kommt, steht zwar noch nicht fest. Zurzeit prüfen jedoch einige europäische Großbanken den Passwortmanager mit biometrischem Schutz.
OVE LOMMACK
In neue Dimensionen der virtuellen Realität vorzustoßen – damit verbinden viele US-Firmen oder asiatische Elektronikproduzenten. Nun aber macht sich ein mexikanisches Unternehmen daran, das – immer schon etwas einseitige – Bild zu korrigieren. Die Firma Vivoxie will die virtuelle Realität um Wahrnehmungen von Hitze, Kälte und Oberflächenstrukturen bereichern. Jüngst stellte sie den Prototyp ihres Produktes vor: einen Handschuh mit dem Namen Power Claw, Kraftklaue.
Der Spieler schlüpft in die Handschuhe, wird an den Computer angeschlossen und mit der Oculus-Rift-Brille vor Augen geht es los. In einem Demo-Game sieht er seine Hände in Echtzeit: Er greift nach Feuer, es wird heiß. Er nähert sich Eis, und es wird kalt. Objekte können geworfen werden. Oberflächen und Vibrationen werden spürbar.
Bei der Entwicklung wurde Vivoxie von verschiedenen Universitäten und der Technischen Hochschule Itesco unterstützt. Wie die Technik indes genau funktioniert, darüber schweigt sich das Unternehmen aus. Nur so viel sei verraten: „Die Sensation von Hitze zu erzeugen ist einfach. Wir nutzen den elektrischen Widerstand der Materialien, um die Temperatur zu erhöhen. Und für die Kälte verwenden wir Kühlelemente.“ Bisher verbrauchen die Handschuhe viel Strom und müssen deshalb mit Kabeln angeschlossen werden. Ob es gelingen wird, das Tool mit einer drahtlosen Technik auszustatten, ist noch nicht klar.
Vivoxie hofft nun, dass Spieleentwickler Software für die Power Claw herausbringen. Die Mexikaner gehen aber davon aus, dass ihre Handschuhe auch für Bildung, Medizin und Industrie interessant sind. Bereits Mitte 2016 soll die Power Claw voraussichtlich für 399 US-Dollar auf den Markt kommen.
Reiner Wandler