MIT Technology Review 10/2016
S. 46
Horizonte
Architektur

Kleiner wohnen

Architektin Sandra Leitte hat Miniaturhäuser aus aller Welt zusammengetragen – vom schwimmenden Ei bis zum umgebauten Silo.

Mehr Nähe zur Natur, mehr Lebensqualität, mehr Schonung von Ressourcen: „Weniger ist mehr“ verspricht die Bewegung, die sich an dem schlichten Begriff der „Tiny Houses“ festmachen lässt. Genauso ist es mit dem Bildband von Sandra Leitte über „Innovative Häuser im Mini-Format“. Unter dem Titel „Winzig“ kommt auch er in einem überraschend handlichen Format von 17,5 mal 17,5 Zentimetern daher. Nichtsdestotrotz enthält das Buch der Architektin eine Sammlung überraschender Hausminiaturen aus aller Welt – mit einer Wohnfläche zwischen 4 und 95 Quadratmetern. Ob oval wie ein Ei, schmaler als ein Garagentor oder spitz wie eine Hexenhütte: Leitte versammelt Rückzugsorte für eine Auszeit, aber auch Bauten, die von besonderen Lebensentwürfen zeugen.

Fotos: Nigel Rigden
Als schwimmendes Domizil und Forschungsstation hat Stephen Turner das „Exbury Egg“ mit 15 Quadratmetern Wohnfläche genutzt: Beim Bau des temporären Heims aus recyceltem Zedernholz und Douglasie unterstützte den britischen Künstler unter anderem ein Bootsbauer. Das Holzei ankerte ein Jahr lang in der Mündung des Flusses Beaulieu in der Nähe von Southampton. Dort beobachtete Turner Flora und Fauna. Solarenergie, Holzofen und Camping-WC machten den Bauherrn autark. Heute tourt das Ei mit einer Ausstellung des Künstlers durch Großbritannien.
Foto: Ishka Michocka
Was er irgendwo findet, verwendet der deutsche Architekt Jan Körbes in seinen Kreationen. Das „Silohaus“ ist allerdings weniger als Kunstwerk, sondern tatsächlich als Wohnstatt gedacht. In dem inzwischen in Berlin aufgestellten Domizil verbaute der Mitbegründer des niederländischen Designkollektivs Refunc ein ausrangiertes Futtersilo, verwendete die Sitzbretter von ehemaligen Parkbänken sowie alte Kühlschrankeinsätze. Mangels Platz führt keine Treppe oder Leiter in den oben gelegenen Schlafraum – sondern Klettergriffe an der Wand. Fotos: Refunc

Ein meisterliches Beispiel für die Integration eines Gebäudes in die Natur ist die „Schutzhütte Antoine“, die das Team vom Genfer Bureau A für den Skulpturenpark der Verbier 3-D Foundation entworfen hat. Das Innere des nur vier Quadratmeter großen Zufluchtsortes ist ebenso funktional wie einladend mit hellem Holz gestaltet. Äußerlich aber lässt eine Betonhülle den Minibau mit der alpinen Natur verschmelzen.