MIT Technology Review 12/2016
S. 56
Horizonte
Physik

Die schnellste Kamera der Welt

In Hamburg erzeugt ein Teilchenbeschleuniger künftig die stärksten und kürzesten Röntgenblitze der Welt. Mit ihnen sollen sich chemische Prozesse auf Molekülebene filmen lassen.

In 96 je zwölf Meter langen Röhren werden Elektronen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Die gläsernen Boxen sind mobile Reinräume, in denen Techniker die Verbindung zwischen den einzelnen Segmenten herstellen. Foto: Heiner Müller-Elsner/European XFEL

Knapp 3,4 Kilometer ist das neue Wunderwerkzeug der Physik lang. Im Vergleich zum LHC in Genf (26,7 Kilometer) ist der „European XFEL“ in Hamburg zwar immer noch ein Winzling. Dafür aber kann er die weltweit stärksten und kürzesten Röntgenblitze erzeugen. Sie dauern weniger als 100 Femtosekunden (0,0000000000001 Sekunden). In dieser Zeit druchquert Licht gerade einmal ein menschliches Haar.

Blick in eines der Beschleunigermodule. Bevor sie im Tunnel miteinander verbunden werden, kommen sie zum Test in eine oberirdische Halle. Die Röhre, in der die Elektronen beschleunigt werden, befindet sich im unteren Bereich und ist auf dem Foto verschlossen. Durch die großen offenen Rohre fließt flüssiges Helium zur Kühlung. Foto: © Desy 2014

Mit ihnen können Forscher beispielsweise ultraschnelle Vorgänge filmen, etwa die Bildung chemischer Verbindungen bei der Photosynthese. Sie wollen die Struktur von Biomolekülen entschlüsseln oder extreme Drücke und Temperaturen erzeugen, um die Zustände im Erdinneren zu simulieren. Aber die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass die Forscher selbst noch ausloten müssen, was genau sich alles anstellen lässt.