INTERVIEW
„Das erste Nanocar Race sahen mehr als 100000 Menschen“
Welche Idee steckt hinter dem Nanocar Race?
Seit etwa drei Jahrzehnten lassen sich einzelne Moleküle auf einer Oberfläche mit der Spitze von Rastertunnelmikroskopen manipulieren. Erinnern Sie sich an die kurzen Worte, die Atom für Atom in den späten 80er-Jahren geschrieben werden konnten? Allerdings führte dieses Wissen bis heute nur selten zu konkreten Anwendungen. Das Nanocar Race demonstrierte nun die fantastischen Möglichkeiten dieser Technologie, die viele Chancen für Chemie und Physik bereithält.
Wie sahen die Vorbereitungen für das Rennen aus?
In den vier Jahren Vorlaufzeit registrierten sich neun Teams aus aller Welt. Für den Wettkampf qualifizierten sich am Ende sechs Teams. Sie hatten rechtzeitig zu Rennbeginn geeignete Nano-Autos aus beweglichen und rotierenden Molekülen entwickelt.
Wie verfolgen Sie das Rennen dieser nahezu unsichtbaren Nano-Boliden?
Das ist einfacher, als man denkt. Die Teams bewegten mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops ihr molekulares Fahrzeug vorwärts und schossen etwa alle fünf Minuten ein Bild von der jeweils aktuellen Position. Am Ende hatten wir zwei Gewinner, die das gesetzte Ziel erreichten: Das eine war ein Nanocar aus der Schweiz, gesteuert auf einer Goldoberfläche in Toulouse. Das Gefährt des amerikanisch-österreichischen Teams war ebenfalls sehr schnell – 150 Nanometer in zwei Stunden. Es wurde vom Labor in Toulouse aus auf einer Silberoberfläche in Österreich ferngesteuert.
Gab es auch Zuschauer außerhalb der Labore?
Das Rennen faszinierte nicht nur Wissenschaftler, sondern ein breites Publikum. Das erste Nanocar Race war ein großer Erfolg. Mehr als 100000 Menschen verfolgten unser Rennen in Echtzeit über unseren YouTube-Kanal.
Wofür taugen solche Nanocars in Zukunft?
Zuallererst zeigte unser Rennen das enorme Potenzial der Kontrolle über einzelne Moleküle. Alle Teams gewannen neue Ideen für bessere Moleküle und Nanoautos. Wir stehen am Anfang von Nanomaschinen aus einzelnen Molekülen. Diese könnten zu extrem effizienten Katalysatoren führen. Nanomaschinen könnten zum Beispiel giftige Moleküle aus Abfällen trennen oder auch elektronische Schaltkreise Atom für Atom zusammensetzen.
INTERVIEW: JAN OLIVER LÖFKEN