Technology Review Special 2017
S. 3
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Mit der Vergangenheit muss man sich abfinden, die Zukunft kann man gestalten. Warum also zurückschauen? Weil die Vergangenheit Antworten auf die Frage birgt: Wie machen wir weiter? Genau darum soll es in dieser Ausgabe gehen. Wir wollten keinen Rückblick machen, der einfach nur das Jahr Revue passieren lässt. Wir haben uns auf die Suche nach den großen Linien begeben, nach dem, was über das Jahr hinaus bleiben wird. Und davon gibt es einiges.

Fusionsreaktoren etwa haben erstaunliche Fortschritte gemacht. Sie sollen einst Energie auf die gleiche Weise erzeugen wie die Sonne – und wären damit eine schier unerschöpfliche Quelle. Lange galten sie jedoch als so teuer und schwer zu bauen, dass nur ein internationales Projekt wie ITER das Vorhaben stemmen kann. 2017 aber haben gleich drei Start-ups gezeigt, dass dem keineswegs so sein muss (Seite 12).

Noch klarer zeigte sich in der Mobilität, wohin die Reise geht: Lange galt unter Beobachtern der Wandel des Autos zum Computer als die große Gefahr für deutsche Fahrzeugbauer. Doch spätestens 2017 wurde deutlich: Ihr eigentliches Problem ist die Elektromobilität. Denn solange kompliziert zu konstruierende und aufwändig zu bauende Verbrennungsmotoren das Feld beherrschen, kann Software alleine VW, Daimler oder BMW nicht an den Rand drängen (Seite 40). Erst mit der Elektrifizierung (Seite 36) droht diese Entwicklung. Plötzlich sind Antriebe so einfach herzustellen, dass Software-Giganten bald mit einem Auftragsfertiger die Automarke der Zukunft erschaffen können.

Ob er in China sitzt, ist zwar noch nicht ausgemacht. Die Chancen darauf stehen allerdings gut. Das riesige Reich entwickelt sich zur Technologie-Nation, es dringt in wichtige Zukunftsmärkte vor, von künstlicher Intelligenz über Energie bis Elektromobilität (Seite 82). 2017 zeigte, dass dies keineswegs nur leere Worte sind. Noch immer kann es sein, dass China über seine großen Probleme stolpert, aber niemand sollte sich darauf verlassen.

2017 mag der große Durchbruch gefehlt haben, die wesentlichen Probleme von Klimawandel bis Kriegsgefahr haben sich eher noch verschärft. Aber es war das Jahr der Möglichkeiten. Die Zukunft wird zeigen, was wir aus ihnen machen.

Ich begrüße Sie in unserer Rückschau auf das Jahr 2017.

Ihr

Robert Thielicke

Unterschrift