MIT Technology Review 7/2017
S. 48
Horizonte
Geoengineering

Klima-Ingenieure machen Ernst

Unter Donald Trump wollen die USA aus dem Pariser Klimavertrag aussteigen. Die Gefahr einer unaufhaltsamen Erderwärmung wächst. Nun testen erste Forscher großtechnische Maßnahmen, um den Planeten zu kühlen. Ihr Argument: Eines Tages könnten wir verzweifelt genug sein, sie einsetzen zu müssen.

David Mitchell ist ein Mann der leisen Töne. Doch der Plan des schlaksigen Atmosphärenphysikers vom Desert Research Institute, das als Umwelt-Außenposten der University of Nevada in den trockenen roten Bergen über Reno sitzt, ist ziemlich gewagt. Mitchell ist überzeugt, dass die eisigen Cirruswolken, die sich an diesem Morgen in langen Linien über dem Bergkamm hinter der Wüstenstadt hinziehen, einen Notfallplan zur Bekämpfung des Klimawandels ermöglichen.

Mit Höhenballons wollen Forscher für eine Abkühlung der Erde sorgen. Dieser Ballon von World View absolvierte im Oktober 2015 seinen ersten erfolgreichen Testflug in 30 Kilometern Höhe mit 450 Kilogramm Nutzlast. Foto: World View

Sein Plan soll folgendermaßen funktionieren: Die winzigen Eiskristalle in den Cirruswolken werfen normalerweise die Wärmestrahlung der Erde zurück wie eine Decke. Flotten von großen Drohnen sollen während der Wintermonate kreuz und quer über die oberen Breitengrade des Globus fliegen und jedes Jahr tonnenweise ein extrem feines Pulver verstreuen. Wenn Mitchell recht hat, würden dadurch größere Eiskristalle als üblich entstehen. Die resultierenden Cirruswolken wären dünner und würden sich schneller auflösen. „Auf diese Weise könnte mehr Strahlung ins All entweichen, und die Erde würde kühler“, sagt der Wissenschaftler. In der richtigen Größenordnung könnte diese sogenannte „Impfung“ der Wolken die weltweiten Durchschnittstemperaturen um bis zu 1,4 Grad Celsius senken. Das wäre mehr als die Erwärmung des Planeten seit der industriellen Revolution, behauptet eine Studie der Yale University.