MIT Technology Review 11/2018
S. 18
Aktuell

Wissenschaft oder Kunst?

Foto: L. Smith © American Society of Ichthyologists and Herpetologists

Als Seehase (Eumicrotremus orbis) ist dieser Fisch bekannt. Im richtigen Leben sieht er jedoch ein wenig anders und auch unscheinbarer aus. Aber für diese Aufnahme hat ihn Leo Smiths Team von der University of Kansas besonders hergerichtet: Zunächst wurden sowohl Haut als auch Muskeln entfernt und in einem zweiten Schritt die Knochen mit Alizarinrot eingefärbt. Neben dem Seehasen porträtierten die Forscher mit ihren eigens entwickelten Methoden auch einen Lanzettfisch, einen Timorpython und einen Viperfisch. Denn der Biologe Smith glaubt: Je interessanter die Bilder geraten, desto mehr Menschen lassen sich am Ende für die Forschung begeistern.

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Eisfrei dank Ritzen

Heizdrähte, Streusalz oder spezielle Sprühmittel: Die Methoden, um Windschutzscheiben, Straßen oder Flugzeuge eisfrei zu halten, sind aufwendig und selten umweltfreundlich. Eine effiziente Alternative ohne Chemikalien oder Heizwendel haben nun Jonathan B. Boreyko und seine Kollegen von der Virginia Tech University in Blacksburg entwickelt. Ihnen genügte eine filigrane Mikrostruktur.

Für ihr Antifrostsystem frästen die Forscher mit einem Laser 15 Mikrometer breite und 25 Mikrometer tiefe Rillen in Aluminium. Mit Wasser benetzt, füllten sich diese Rillen bei minus 20 Grad Celsius mit Eiskristallen. Dieses Eis hatte einen verringerten Dampfdruck, wodurch noch ungefrorenes Wasser angezogen wurde und anschließend bevorzugt an diesen Eisrillen erstarrte. Bis zu 90 Prozent der umgebenden, glatten Aluminiumoberfläche blieb trocken und eisfrei.

Dieses bereits patentierte Prinzip funktioniert an sich für jedes mikrostrukturierte Material, nicht nur für Aluminium. Sein Einsatz könnte künftig gegen Vereisung von Oberflächen stationärer Wärmetauscher in der Industrie oder von Tragflächen helfen. JAN OLIVER LÖFKEN

App des Monats

Es geht auch geschmeidig

Seit 2010 gibt es den elektronischen Personalausweis (nPA) nun schon, doch für die meisten Bürger dürfte er immer noch Neuland sein. Um seinen praktischen Nutzen zu erkunden, braucht es die AusweisApp2 der Bremer Governikus KG sowie ein Smartphone, auf dem Android ab Version 4.3 läuft und das den Funkstandard „NFC – Extended-Length-Kommunikation“ beherrscht. Zudem muss die PIN freigerubbelt werden, die bei der Ausstellung des nPA mitgeliefert wurde.

Die App listet auf, wer den nPA akzeptiert. Zahlreiche BAföG-Stellen sind darunter, einige Bürgerämter oder das E-Petitionen-Portal des Deutschen Bundestags. Darüber hinaus kann man sich online für das Postident-Verfahren oder die Elster-Steuererklärung ausweisen.

Die Nutzung steckt voller überraschender Fallstricke. So kann mein Smartphone wiederholt keine Verbindung zum nPA aufnehmen, obwohl ich ihn die ganze Zeit ans Gerät drücke. Des Rätsels Lösung: Die NFC-Verbindung wird offenbar nach einer gewissen Zeit getrennt. Halte ich das Plastikkärtchen hingegen erst bei Aufforderung ans Handy, klappt’s.

Doch auch dann ist der Nutzen oft überschaubar. Bei der Erstanmeldung werden Name, Postadresse und Staatsangehörigkeit zwar automatisch vom Ausweis ins Anmeldeformular geladen, aber Felder wie Anrede, E-Mail und Passwort muss ich immer noch händisch eingeben. Einmal angemeldet, kann ich mich künftig direkt über den nPA einloggen. Bequemer als ein herkömmliches Log-in ist das allerdings nicht.

Dass es besser geht, zeigt die Deutsche Rentenversicherung: Mit dem nPA erhalte ich sofort Zugang zu allen meinen Daten, ohne jeden weiteren Zwischenschritt. So geschmeidig kann E-Government also auch funktionieren. GREGOR HONSEL

KOMMUNIKATION

Wasser an Luft

Bisher war es nicht möglich, kabellos Nachrichten von unter Wasser an Land oder an Flugzeuge in der Luft zu senden. U-Boote oder Unterwasserdrohnen müssen stets auftauchen, um Nachrichten abzusetzen oder Daten zu übermitteln. Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben jetzt ein Verfahren entwickelt, das drahtlos Signale durch die Wasseroberfläche senden kann.

An Land werden meist Funkwellen zur kabellosen Kommunikation genutzt, doch unter Wasser sind deren Reichweite und Übertragungsrate gering. Dort wird vor allem mittels Schallwellen kommuniziert, doch die sind an Land unbrauchbar, weil sie schnell abklingen.

Die Forscher des MIT haben jetzt beide Verfahren kombiniert. Unter Wasser setzen Fadel Adib und Francesco Tonolini vom MIT Media Lab auf Schallwellen, die ein Sonargerät an die Oberfläche sendet. Dort rufen sie winzige Wellen auf der Wasseroberfläche hervor, die ein sehr empfindliches Radargerät an Bord eines Flugzeugs detektiert. Für ihr System, das sie TARF (Translational Acoustic-RF) nennen, nutzten die Forscher Schallwellen im Bereich von 100 bis 200 Hertz für das Sonar und Frequenzen von 30 bis 300 Gigahertz für das Radar.

TARF könnte nicht nur die Kommunikation mit U-Booten erleichtern, sondern auch Daten von Sensoren übertragen. Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Der höchste Wellengang, den das System bisher überwunden hat, war der eines Schwimmbeckens. KARSTEN SCHÄFER