MIT Technology Review 9/2018
S. 58
Horizonte
Ausbildung

Auslaufmodell Ausbildung?

Die duale Ausbildung in Deutschland gilt in den USA als Vorbild. Aber die Zweifel wachsen, ob das Modell mit dem technologischen Wandel Schritt halten kann.

Angehende Mechatroniker arbeiten bei Siemens an einer automatischen Produktionslinie. Foto: Laetitia Vancon

Bei Siemens in München programmiert eine Gruppe von Auszubildenden ein kleines Arbeitsmodell einer automatisierten Produktionslinie. Die künftigen Kfz-Mechatroniker können ihre Arbeit in überraschend gutem Englisch diskutieren, obwohl keiner von ihnen eine Universität besucht. Die meisten Auszubildenden kommen im Alter von 16 Jahren zu Siemens. Sie erhalten sogar ein kleines Gehalt und müssen keine Studiengebühren zahlen. Ihre amerikanischen Kollegen dagegen kostet ein Maschinenbaustudium mit Mechatronik-Schwerpunkt zwischen 25000 und 44000 Dollar im Jahr.

Weltweit gilt diese duale Ausbildung, in deren Genuss jährlich etwa 500000 Menschen kommen, als zentral für den deutschen Wirtschaftserfolg. Im vorigen Jahr erzielte das Land einen Exportrekord von 1,279 Billionen Euro. Und zwar trotz hoher Lohnkosten, denn mit 309 Industrierobotern pro 10000 Arbeiter ist es das am stärksten automatisierte Land Europas. Amerikanische Politiker haben die deutsche Berufsausbildung daher als nachahmenswertes System bezeichnet. Die Präsidenten Barack Obama und Donald Trump haben beide in den Ausbau der Lehrlingsausbildung in den USA investiert.

Experten warnen jedoch davor, dass sich das deutsche System nur schwer an die technologische Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik anpassen kann. Die Art der Berufsausbildung könnte einen Großteil der Belegschaft an Fähigkeiten binden, die schon bald veraltet sein würden.