MIT Technology Review 1/2019
S. 16
Aktuell

Medizin

Ein Hort für Darmbakterien

Die Vielfalt der Darmbakterien leidet unter dem westlichen Lebensstil. Foto: Steve Gschmeissner/Science Photo Library

Die Vielfalt des Mikrobioms hat bei Menschen aus westlichen Ländern bereits deutlich abgenommen. Ursache sind unter anderem stark verarbeitete Lebensmittel und Antibiotika. Auch Einwanderer, etwa aus Südamerika, verlieren fast unmittelbar nach ihrer Ankunft in den USA ihre angestammten Darmbakterien. Viele möglicherweise gesundheitsrelevante Arten drohen zu verschwinden. Forscher wie Mathieu Groussin vom Massachusetts Institute of Technology bitten daher Menschen in Afrika, Asien, Südamerika und der Arktis um Kotproben. Im Labor werden sie nach gesundheitsrelevanten Bakterienstämmen durchsucht.

Im Rahmen des Projekts Global Microbiome Conservancy (GMC) will Groussins Team bis 2021 das Darm-Mikrobiom möglichst umfassend kartieren. Experten wie Maria Gloria Dominguez-Bello von der Rutgers University in New Brunswick, New Jersey, fordern allerdings, dass noch mehr getan werden muss. Sie regt die Einrichtung eines Darmmikroben-Safes an. Dort sollen analog zu Pflanzensamenbanken Bakterienstämme gesichert werden, bevor sie unwiederbringlich verschwinden. V. SZENTPÉTERY-KESSLER

Drohnen

Suchen im Wald

Ein Forscherteam vom MIT will verirrte oder verletzte Wanderer in unzugänglichem bewaldeten Gelände mithilfe autonomer Drohnen aufspüren. Dazu haben die Forscher ein System entwickelt, das ohne GPS-Ortung auskommen und unter den Baumkronen durchfliegen kann.

Jede autonome Drohne des Schwarms ist mit Laser-Entfernungsmessern ausgestattet. Während die Drohne herumfliegt, benutzt sie die Bäume des Waldes als Wegmarken und sucht nach noch nicht kartiertem Gelände, das möglichst in ihrer Flugrichtung liegt. So entsteht nach und nach eine individuelle 3D-Karte der Gegend. In ersten Experimenten brauchte eine einzelne Drohne für den Scan eines 20 Quadratmeter großen Sektors zwischen zwei und fünf Minuten. Eine Bodenstation, zu der die Drohnen ihre Daten schicken, verschmilzt die einzelnen Karten von mehreren Drohnen dann in Echtzeit zu einer globalen 3D-Karte.

In Zukunft sollen die Drohnen auch ohne zentrale Bodenstation auskommen. Stattdessen sollen sie Informationen untereinander austauschen, wenn sie sich in gegenseitiger Funkreichweite befinden. Um tatsächlich Leben zu retten, müssten die Drohnen zudem noch mit einer Objekterkennung ausgestattet werden, die Menschen identifiziert. WOLFGANG STIELER

Transport

Individueller Bahnverkehr

Auf einer Schiene soll die CountryCab verkehren, die von einem Gyroskop aufrecht gehalten wird. Zeichnung: CountryCap

Vielerorts gibt es brachliegende Eisenbahnstrecken. Aber sie wieder in Betrieb zu nehmen ist enorm aufwendig. Eine Alternative ist das mit dem Deutschen Mobilitätspreis ausgezeichnete Projekt CountryCab des Vereins Landeseisenbahn Lippe. Laut Konzept sollen auf der alten Eingleisstrecke zwischen Lemgo und Extertal in Nordrhein-Westfalen anstelle von regulären Wagen künftig kleine Monocabs fahren. Die Fahrzeuge benötigen nur eine Schiene, denn sie verfügen über ein integriertes Gyroskop, das sie aufrecht hält. Die Betreiber nehmen dabei den Paternoster zum Vorbild: Wie in dem ständig umlaufenden Aufzug sollen die Monocabs 24 Stunden am Tag und auf Buchung per App unterwegs sein. Da sie jeweils nur eine Schiene des Gleises benutzen, ist Verkehr gleichzeitig in beide Richtungen möglich. Außerdem sollen je nach Bedarf mehr oder weniger Fahrzeuge auf die 30 Kilometer lange Demonstrationsstrecke geschickt werden. Ein Starttermin steht noch nicht fest. BEN SCHWAN

Und der Haifisch, der hat Zähne

Foto: Rory Cooper (Univ. Sheffield), Kyle Martin and Amin Garbout (NHM London)

Zahnförmige Schuppen senken den Wasserwiderstand eines Hais. Forscher der University of Sheffield fanden heraus, dass sich ihre Anordnung mit dem Reaktions-Diffusions-System von Alan Turing erklären lässt. Der Mathematiker ist vor allem für seine Arbeiten zur Maschinen-Intelligenz bekannt, hat sich aber auch intensiv mit der theoretischen Biologie beschäftigt. Bei der Ausbildung der Haischuppen sollen die gleichen Gene beteiligt sein wie bei Hühnerfedern.

ANTRIEBE

Mehr Kilowatt pro Kilogramm

Auf den Datenblättern von Elektromotoren stehen meist zwei verschiedene Leistungsangaben: die höhere für Spitzenlast, die niedrigere für den Dauerbetrieb. Der Grund: Kompakt gebaute Elektromotoren können nur begrenzt Wärme abführen. Daran ändert auch eine Flüssigkeitskühlung wenig, denn sie kühlt in der Regel nur die äußeren Bereiche.

„Bei uns hingegen ist Spitzenleistung gleich Dauerleistung“, sagt Michael Anton Naderer, Chef der dynamic E flow GmbH aus Kaufbeuren. Dazu hat das Start-up ein völlig neues Kühlsystem entwickelt: Statt aus massiven Kupferdrähten besteht die Wicklung des Stator-Magneten aus hohlen. Durch diese Drähte fließt dann eine Kühlflüssigkeit aus elektrisch nicht leitfähigem Öl. So kann die Wärme direkt dort abgeführt werden, wo sie entsteht.

Mit dem System lassen sich auch bestehende Motoren nachrüsten. Dazu wird der Stator neu gewickelt und mit Anschlussbox, Ölpumpe und Kühler versehen. Beim Umbau eines Bosch-Motors konnte das Start-up nach eigenen Angaben Drehmoment und Dauerleistung verdoppeln. Auch der Wirkungsgrad wird laut Naderer durch die niedrigeren Betriebstemperaturen geringfügig besser. Ab 2019 sollen zwei Motorvarianten mit 20 und 80 Kilowatt verfügbar sein. GREGOR HONSEL