MIT Technology Review 11/2019
S. 76
Fokus
Erbgut

Demnächst in Ihrer Klinik

Nach Anfangsschwierigkeiten sind die ersten Gentherapien nun verfügbar. Die neuartigen Behandlungen mit Erbgutveränderung bieten große Chancen. Aber sie haben einen hohen Preis.

Von Jens Lubbadeh

In der Medizin vollzieht sich gerade eine Revolution: Wissenschaftler beginnen, mit Gentherapien Erbkrankheiten und Krebs direkt zu behandeln. Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat bereits 17 Zulassungen erteilt, 628 Gentherapien befinden sich derzeit in klinischen Studien. In den nächsten fünf Jahren könnten zwölf weitere eine Zulassung erhalten, bis 2030 insgesamt 50. Die Hälfte all dieser Therapien richtet sich gegen Krebs, der Rest ­gegen Erkrankungen des Auges, des Herz-Kreislauf-Systems, des Blutes oder des Nervensystems. Auf dem heilenden Erbgut ruhen große Hoffnungen, nicht zuletzt seit der Entdeckung der Genschere Crispr.

Gentherapien bieten die Chance auf Heilung für Krankheiten, ­gegen die Mediziner bislang nichts im Repertoire hatten. Krank­-heiten, die allein von einem defekten Gen hervorgerufen werden: Sichel­zell­anämie, Mukoviszidose, Thalassämie, Tay-Sachs-Syndrom, Fragiles-X-Syndrom, aber auch die teuflische Chorea Huntington. Etwa 10000 Erkrankungen gehen laut WHO auf einen einzigen Gendefekt zurück und machen sie damit zu idealen Kandidaten für die Erb­gutreparatur.