MIT Technology Review 11/2019
S. 86
Meinung
Anteil der Menschen über 65 an der Bevölkerung im Jahr 2020. Quelle: UN World Population Prospects 2019

Keine Angst vorm Alter

Seit Jahren warnen Demografen vor einer überalterten Gesellschaft. Die Reaktion ­darauf ist ein Jugendkult, der alte Menschen zum Gift für die Volkswirtschaft erklärt. Nichts könnte falscher sein.

Die Weltbevölkerung altert rasch. Der Anteil der Amerikaner über 65 Jahren liegt heute bei 16 Prozent und wird bis 2035 auf 21 Prozent anwachsen – mehr als die unter 18-Jährigen. In China ist die Entwicklung ähnlich, vor allem, weil die Einführung der Ein-Baby-Politik im Jahr 1979 die jüngeren Altersgruppen schrumpfen ließ. Andere Länder sind noch älter. In Japan ist mehr als ein Viertel der Bevölkerung 65 oder älter. Deutschland, Italien, Finnland und ein Großteil der übrigen EU liegen nicht weit zurück.

Die gängige Meinung ist, dass eine alternde Bevölkerung für das Wirtschaftswachstum Gift ist. Immer weniger Menschen werden arbeiten, was den Arbeitskräftemangel verschärft. Ökonomen geben dieser Entwicklung gern bedroh­liche Namen wie „grauer Tsunami“ oder „demografische Zeitbombe“.