MIT Technology Review 12/2019
S. 28
Horizonte
Medizin
Grafik: Shutterstock

Eine Dosis Kreativität

Erfindungsreicher durch psychedelische Pilze und LSD? Anekdotische Berichte über eine Steigerung der Schöpfungskraft bekommen Rückhalt aus der Wissenschaft. Gleichzeitig bringt die Forschung Licht in die Biologie der Kreativität.

Von Christian Wolf

Eben war Eddie Morra noch ein erfolg­loser Schriftsteller, der mit Schreibblockaden zu kämpfen hatte. Im nächsten Moment bringt er in Rekordtempo und mit brillantem Ergebnis sein Buch zu Ende. Dazwischen lag die Einnahme einer echten Wunderpille, die seine Gehirnkapazitäten um ein Vielfaches steigerte. Was im Hollywoodfilm „Ohne Limit“ selbst der Kreativität von Drehbuchautoren entspringt, galt lange als realitätsfern. Kreativität ließe sich so einfach nicht pushen. Typische Empfehlungen lauteten stattdessen, einen Ausflug ins Freie mit viel Bewegung zu machen, zu brainstormen oder eine Nacht darüber zu schlafen. Was aber, wenn Hollywood zwar maßlos übertrieben hat, aber im Grundsatz gar nicht so falsch lag?

Dass Chemie vielleicht doch dem Erfindungsreichtum auf die Sprünge helfen kann, legt nun aktuelle Forschung zu psychedelischen Drogen nahe – auch wenn sie keine Wunderpille verspricht. Die Idee, psychedelische Drogen wie LSD als Kreativitätsbooster zu nutzen, ist nicht neu. Schon in den 1960ern wurde ihre Wirkung auf das Bewusstsein intensiv unter die Lupe genommen. Dann aber haben die meisten Länder diese Substanzen als Reaktion auf die Auswüchse der Gegenkultur verboten. Damit brach diese junge Forschung wieder in sich zusammen. Seit einigen Jahren erlebt das Feld jedoch eine wahre Renaissance. Quasi nebenbei könnte es helfen, die weitgehend unbekannten biochemischen und neurobiologischen Mechanismen hinter der Kreativität zu beleuchten.